Dorfkirche Neulietzegöricke
Steckbrief
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16259 Neulewin OT Neulietzegöricke | Märkisch-Oderland |
Spätklassizistischer Saalbau mit originaler Ausstattung von 1840 | Offen von Juni bis Aug. Sa u. So 13-17 Uhr, sonst Schlüssel im Kolonistenkaffee bei Martina Herrlich-Gryzan. Öffnungszeiten Di - So 13-17 Uhr im Sommer und im Winter ab Oktober Fr bis So 13-17 Uhr. |
Dorfkirche Neulietzegöricke
Dorfkirche des Monats April 2010
Bereits König Friedrich Wilhelm I. plante die Trockenlegung und Besiedlung des Oderbruches. Erst seinem Sohn, Friedrich dem Großen, gelang es jedoch, sichtbare Ergebnisse zu erzielen. In zwei Phasen entstanden bis 1766/67 40 Koloniesiedlungen, in denen etwa 1.400 Familien, die gezielt außerhalb des preußischen Staatsgebietes angeworben wurden. Das erste der damals entstandenen Dörfer war das 1753 gegründete Neulietzegöricke, dessen Bewohner zum großen Teil lutherische Neusiedler aus Württemberg waren.
Mit dem Bau von Kirchengebäuden in den neuen Orten ließ sich der preußische König Zeit. Erst im Herbst 1769 wurde – immerhin als erster Sakralbau in den Kolonistendörfern ñ die Kirche in Neulietzegöricke als einfacher Fachwerkbau mit einem zentralen Dachtürmchen eingeweiht. Von solider preußischer Maßarbeit konnte bei dem Gebäude jedoch nicht gesprochen werden, denn bereits wenige Jahre später, 1782, war aus minderwertigem Material errichtete Kirche „aus dem Lot gewichen“. Für dringend erforderliche Reparaturarbeiten war lange Zeit kein Geld vorhanden. Zudem brannte die Kirche 1832 ab. Die Pläne für einen Neubau schuf Bauoberinspektor Karl August Schwieger. Zwischen 1836 und 1840 entstand auf dem Anger wiederum ein Fachwerkbau, der jedoch durch Verblendung und Verputz den Anschein eines soliden Saalbaus vermittelt. Westlich angefügt ist diesmal auch ein Turm auf quadratischem Grundriss.
Im Innenraum wurde das Fachwerk sichtbar belassen. Unter einer geraden Balkendecke findet sich eine einheitliche Ausstattung aus der Bauzeit. Die Brüstungsfelder der dreiseitigen Emporen werden von schlichter floraler Malerei geschmückt. Schlicht sind auch der Kanzelaltar und die hölzerne Taufe. In seiner Geschlossenheit jedoch vermittelt der Kirchenraum einen stimmigen Eindruck. Die 1846 von dem Berliner Orgelbauer August Ferdinand Dinse geschaffene Orgel ist zwar reparaturbedürftig, aber durchaus spielbar.
Inzwischen hat der Zahn der Zeit an dem 170 Jahre alten Kirchengebäude in Neulietzegöricke seine Spuren hinterlassen. Die Fundamente konnten 2003/04 gesichert werden. Zudem konnte durch eine Begasung des Innenraumes der Holzwurmbefall gestoppt werden. Auch die Fenster des Kirchenschiffes wurden bereits denkmalgerecht erneuert. Eine umfassende Sanierung des Bauwerkes ist jedoch inzwischen dringend geboten. Dach und Dachstuhl müssen instandgesetzt und der Außenputz saniert werden. Die letzte Renovierung des Innenraumes erfolgte 1909, vor inzwischen mehr als 100 Jahren.
Durch eine Förderung aus EU-Mitteln des Landwirtschaftsministeriums ist jetzt eine umfassende Reparatur der Neulietzegöricker Kirche möglich geworden. Grundlage dafür ist ein Vertrag mit der politischen Gemeinde über gemeinsame Nutzungen. Schon jetzt finden regelmäßig Konzerte statt. Zudem machten Einwohner des Ortes im vergangenen Jahr mit einer besonderen Form der „offenen Kirche“ von sich reden: Im August und September saßen sie in täglich zwei Schichten, jeweils von 10 bis 17 Uhr, vor der Kirche und sprachen durchreisende Touristen an. Kaffee und Kuchen, Saft und Wasser wurden angeboten, originelle Souveniers verkauft und Geschichten über Dorf und Gotteshaus erzählt.
Für dieses Jahr ist die komplette Sanierung der Außenhaut geplant, was eine Neueindeckung des Daches mit einschließen soll. Wie immer bei großen Förderungen ist aber auch ein umfangreicher finanzieller Eigenanteil der Kirchengemeinde nötig, an dem sich auch der Förderkreis Alte Kirchen beteiligt. Noch aber ist man dringend auf weitere Spenden angewiesen. Der Festgottesdienst zum 170. Jubiläum der Kolonistenkirche von Neulietzegöricke am 20. November 2010 soll in einem zumindest äußerlich wiederhergestellten Gotteshaus stattfinden. Bischof Markus Dröge hat sein Kommen zugesagt und wird die Predigt halten. Das Festkonzert wird im Rahmen der Reihe „Musikschulen öffnen Kirchen“ von einem Ensemble der Kreismusikschule Märkisch-Oderland gestaltet.
Und für das nächste Jahr ist die Sanierung des Innenraumes bereits fest eingeplant.
Weitere Informationen: Gisela Sommer, Neulietzegöricke 17, 16259 Neulewin; Tel.: (03 34 57) 3 04
Zum Weiterlesen: Märkische Oderzeitung vom 21. Mai 2010: Rettung vor dem Zerfall Märkische Oderzeitung vom 25. Juni 2010: Zuschuss für Kirche genehmigt Märkische Oderzeitung vom 19. August 2010: Dachziegel zur Erinnerung Märkische Oderzeitung vom 04. November 2010: Endspurt in der Fachwerkkirche Märkische Oderzeitung vom 20. November 2010: „Bin beeindruckt von Neulietzegörickern“ Märkische Oderzeitung vom 21. November 2010: Landesbischof ermuntert zur Missionsarbeit Mit einem Baustellenwochenbuch kann die Sanierung der Kolonistenkirche in Neulietzegöricke verfolgt werden. Märkische Oderzeitung vom 20. Oktober 2011: Gemeinsam putzen vor dem Festgottesdienst Märkische Oderzeitung vom 01. November 2011: Kirchen in neuem Glanz Mitteilungsblatt Dezember 2011: Doppelte Freude im Oderland ó zwei Kirchen feierten gleichzeitig Märkische Oderzeitung vom 13. September 2012: Konzertantes Spendensammeln Märkische Onlinezeitung vom 09. September 2014: Dinse-Orgel auf der Zielgeraden Märkische Onlinezeitung vom 09. Juli 2015: Restaurierung in greifbarer Nähe Märkische Onlinezeitung vom 29. Mai 2016: Ein zweites Leben für die Dinse-Orgel Märkische Onlinezeitung vom 29. März 2017: 300 neue Orgelpfeifen erklingen Märkische Onlinezeitung vom 09. April 2017: Dinse-Orgel erklingt wieder Märkische Onlinezeitung vom 01. Mai 2017: Dinse-Orgel mit neuer Seele Märkische Onlinezeitung vom 07. Mai 2017: Sofortreparatur rettet Orgelkonzert