Dorfkirche Blankensee

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Steckbrief
14959 Blankensee/ Trebbin Teltow-Fläming
Barockbau von 1706/10, venezianischer Taufbrunnen aus dem 11. Jh. (Sammlung Sudermann), Epitaphien und Grabsteine Von Mai bis Erntedank So 14 - 16 Uhr offen. Anmeldungen für Führungen unter Tel. 0170-9572048
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    Dorfkirche Blankensee
    Dorfkirche des Monats Dezember 2016
    Das Dorf Blankensee, heute ein Ortsteil der Stadt Trebbin, liegt am östlichen Rande des Fläming. Nach den langjährigen, seit 1446 hier ansässigen, Patronatsherren der Region bezeichnete Fontane, der Blankensee wahrscheinlich im Sommer 1869 besuchte, die Region als den „Thümenschen Winkel“. Bis zum Wiener Kongress gehörte dieser Thümensche Winkel zu Kursachsen, „dass sich an dieser Stelle weit ins Brandenburgische hineinschob, so weit, dass die Entfernung bis Potsdam nicht voll zwei Meilen betrug.“ – Eine günstige Fluchtmöglichkeit für preußische Deserteure. Zumindest bis 1815, als der Winkel und seine „Residenz“ selbst preußisch wurden. Die von außen eher unscheinbare Kirche, ein im Kern mittelalterlicher Putzbau, stammt in ihrer jetzigen Form vom Beginn des 18. Jahrhunderts. Im Gegensatz zum schlichten Äußeren steht der Innenraum mit seiner überaus reichen Ausstattung aus Renaissance und Barock. Als Taufstein dient ein sogar aus dem 11. Jahrhundert stammender venezianischer Brunnenstein, den der ursprünglich aus Ostpreußen stammende Dramatiker und Dichter Hermann Sudermann als späterer Besitzer des Gutes, nach Blankensee brachte. An der Ostwand wurden 1991 großflächige Renaissancemalereien entdeckt. Der qualitätsvolle Kanzelalter und die Patronatsloge entstanden 1706. Ein prächtiges Sandsteinepitaph erinnert an den 1741 verstorbenen Christian Wilhelm von Thümen. Die für Theodor Fontane in seiner Beschreibung bemerkenswertesten Ausstattungsstücke jedoch sind der Figurengrabstein und das Epitaphgemälde für Anna von Thümen, geborene von Schlabrendorf. Letzteres ist wegen seines heilsgeschichtlichen Bildinhaltes und der Qualität seiner Ausführung von besonderer Bedeutung. Zu den theologischen Grunderfahrungen Martin Luthers und der Reformation gehört, dass der Mensch aus seinen Ängsten und Nöten nicht durch gute Werke, sondern allein durch den Glauben erlöst werden kann. Ein Gedächtnisbild für die 1567 im Kindbett verstorbene Ehefrau des Kirchenpatrons Kuno von Thümen verbildlicht dies besonders eindrücklich. Zu sehen ist eine Version des vielleicht wirkungsreichsten evangelischen Programmbilds der Reformation „Gesetz und Gnade“: Ein Baum mit einer entlaubten und einer grünen Seite teilt das Bild in zwei Hälften. Am Fuß seines Stammes hockt ein nackter Mensch. Mit seinem Körper und seinem Blick scheint er der linken Bildhälfte verhaftet. Dort ist im Hintergrund die Szene des Sündenfalls dargestellt. Vor ihr steht Moses und deutet auf die Gesetzestafeln. Kein Mensch kann die dort aufgelisteten zehn Gebote einhalten. Den nackten Sünder am Baum bringt diese Erkenntnis zur Verzweiflung. Ihm zur Seite stehen ein alter und ein junger Mann, Propheten des alten und des neuen Testaments. Sie weisen mit großer Geste auf das in der rechten Bildhälfte aufragende Kreuz hin und versuchen, den Körper des Nackten von den Gebotetafeln ab- und dem gekreuzigten Erlöser Christus zuzuwenden. Eine Besonderheit der Bildkomposition liegt darin, dass die zentrale Figur des nackten Sünders – anders als auf nahezu allen anderen Darstellungen derselben Ikonografie – nicht eindeutig männlich als Adam dargestellt ist. Ihre feminine Wirkung ist sicherlich nicht auf das Unvermögen des sonst so versierten Malers zurückzuführen. Warum eine Frau? Als Erinnerung an die im Kindbett verstorbene Anna von Thümen? In dem hinter ihr Knieenden hat der Maler vermutlich den trauernden Ehemann porträtiert, der im Gebet zum Gekreuzigten Trost sucht. Der Sterbeprozess seiner Frau erfährt auf dem Gedächtnisbild eine grundstürzende Umdeutung; er wird geradezu in sein Gegenteil verkehrt: Statt vom Leben zum Tod führt er die Frau vom Tod zum Leben. Der Baum zeigt es deutlich an: Seine kahlen Äste stehen für die Unausweichlichkeit des Todes, für die Ängste, Schmerzen und Qualen des Kindbetts der Verstorbenen. Die grüne Hälfte steht hingegen für das ewige Leben. Lange Zeit wenig beachtet, haben sich im Laufe der Zeit erhebliche Schäden an dem Gemälde eingestellt: so haben sich die Fugen der aus drei Einzelbrettern zusammengesetzten Holztafel gelöst und klaffen teilweise weit auseinander; in einigen Bereichen deuten die nur wenige Millimeter großen sogenannten Ausflugslöcher auf das zerstörerische Werk des Holzwurms. Auch die Malschicht des Bildes weist zum Teil erhebliche Schädigungen auf und löst sich vom Untergrund ab, was zum Verlust der Malerei führen könnte. Dazu kommen die weniger gravierenden, aber die Betrachtung des Bildes doch stark störenden Veränderungen, wie die Verbräunung und Eintrübung der Gemäldeoberfläche und die Verfärbungen früherer farblicher Ausbesserungen, die jetzt als unschöne Flecken das Bild entstellen. Das Epitaphgemälde für Anna von Thümen soll ab September 2017 in der großen Reformations-Ausstellung des Hauses für Brandenburgisch-Preußische Geschichte (HBPG) in Potsdam gezeigt werden. Im Zusammenhang damit ist eine gründliche Restaurierung dieses wertvollen Kunstwerkes notwendig. Im November 2016 startete der Förderkreis Alte Kirchen – gemeinsam mit dem Brandenburgischen Landesamt für Denkmalpflege und der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz – seine alljährliche Spendenaktion im Rahmen der Aktion „Vergessene Kunstwerke“. Wir baten um Spenden für das Epitaphgemälde des 16. Jahrhunderts in Blankensee.
    Zum Weiterlesen: Märkische Allgemeine vom 19. August 2017: 500 Jahre Glockengeschichte