Was uns bewegt – der Vorstand berichtet

Corona und (noch) kein Ende?

Für uns alle bringt die seit einem halben Jahr herrschende Corona-Pandemie zahlreiche Einschränkungen mit sich. Maske tragen, Abstand halten, Verzicht auf Kulturveranstaltungen und Familienfeiern – das alles ist oft lästig, aber durchaus notwendig. Im Vergleich mit anderen Ländern ist Deutschland bis jetzt relativ glimpflich davongekommen. Das sollte jedoch nicht dazu verleiten, leichtfertig alle Vorsichtsmaßnahmen zu beenden, wie es leider von Wutbürgern unterschiedlicher Couleur zum Teil lautstark gefordert wird.

Was bedeuteten die vergangenen sechs Monate für die Kirchengemeinden im Land und wie wird es weitergehen, wenn wir das Virus hoffentlich irgendwann in den Griff bekommen haben?

Für Viele war es sicher ungewohnt, Mitte April auf den Besuch der Ostergottesdienste zu verzichten. In zahlreichen Kirchen wird es wohl seit Jahrhunderten das erste Mal gewesen sein, dass die versammelte Gemeinde nicht die Auferstehung Christi feiern konnte. Mancherorts wurde schnell und phantasievoll reagiert: Im Kirchenkreis Uckermark gab es am Karfreitag und am Ostersonntag Andachten per Video, wie übrigens auch danach an jedem weiteren Sonntag. Im Vorfeld wurden Programm- und Liedzettel verteilt. Gedreht wurde in verschiedenen Kirchen. Symbolisch wurde die Osterkerze von einem Ort zum anderen weitergereicht. Die Glocken läuteten regelmäßig. Bei offener Tür wurde die Orgel gespielt, wozu sich – natürlich unter Einhaltung des Mindestabstandes – auf dem Kirchhof Zuhörer einfanden. Kinder bemalten „Hoffnungssteine“ und verteilten sie in den Orten und in der Natur. Die Einweihung des neuen Gewölbes in der Prenzlauer Marienkirche 70 Jahre nach Kriegsende – ursprünglich als Großereignis in der Region geplant – fand mit Bischof Stäblein als Radiogottesdienst statt. Das alles ersetzt nicht den „normalen“ Gottesdienst, zeigte uns aber, dass Kirche auch in Krisenzeiten kreativ und präsent sein kann. In vielen Dörfern wurden und werden die Kirchen tagsüber offengehalten, um Besuchern die Möglichkeit einer Unterbrechung des Alltags zu ermöglichen.

Eine außergewöhnliche Idee hatte Pfarrer Helmut Kautz. In Brück (Potsdam-Mittelmark) veranstaltete er einen Auto-Gottesdienst. In ihren PKWs sitzend verfolgten die recht zahlreich erschienenen Besucher Predigt und Liturgie. Beim Halleluja wurde jeweils gemeinsam zweimal gehupt. Vielleicht etwas gewöhnungsbedürftig, die Teilnehmer jedoch waren anschließend begeistert. Ebenfalls in Brück fand Ende April die „erste coronagerechte Taufe“ statt. Der Juwelier Ralf Ehle stellte eine Taufkelle her, wie sie auch in der orthodoxen Kirche Verwendung findet. Er verwendete dazu eine Silberkelle und 500 Jahre altes Holz aus den Resten der mittelalterlichen Dachbalken der Rottstocker Kirche.

Abstand halten – eine Grundregel in Corona-Zeiten auch bei der Taufe – Ralf Ehle mit der Taufkelle Foto: Evangelische Kirchengemeinde Brück

Es wird viel diskutiert, ob „die Kirche“ während der Corona-Pandemie alles richtig gemacht hat. Hat die Kirche sich zu bedenkenlos den Anordnungen staatlicher Stellen gebeugt, hat sie Ängstlichen, Notleidenden und Sterbenden zu wenig Trost gespendet? Ich kann dies nicht allgemeingültig beantworten. In vielen Gemeinden jedoch waren Pfarrerinnen und Pfarrer sowie ehrenamtliche Gemeindeglieder auch in den vergangenen Monaten dicht bei den Menschen.

Wie wird es weitergehen? Noch ist das Virus nicht aus der Welt. Besuche in Krankenhäusern und Pflegeheimen sind weitgehend wieder möglich. Gottesdienste unter Einhaltung von Hygieneregeln dürfen wieder gefeiert werden. In den meisten Dorfkirchen dürften die Abstandsregeln mangels Besuchern auch in Nicht-Krisenzeiten keine Rolle spielen. Mit dem Singen ist das noch so eine Sache. Wer hätte je daran gedacht, dass Chor- und Gemeindegesang einmal als besonders gefährlich untersagt werden könnten? Und vielerorts wird schon jetzt darüber nachgedacht, wie das an Heiligabend sein wird, wenn einmal im Jahr die Kirche traditionell richtig voll ist.

Es hat sich vieles geändert in diesem halben Jahr und manches wird sich vermutlich noch ändern. Aber unsere Kirchengebäude werden wir auch weiterhin brauchen. Es ist erfreulich, dass die Spendenbereitschaft unserer zahlreichen Unterstützer nicht nachgelassen hat. Wir haben viele Rückmeldungen bekommen, die uns beweisen, dass unsere Arbeit weiterhin wichtig ist. Und nach kurzen Pausen gingen auch begonnene Sanierungsarbeiten weiter. Die Anzahl der Anträge auf Baubeihilfen an den Förderkreis ist nicht zurückgegangen, im Gegenteil. Unser Vorstand hat – zeitweise per Telefonkonferenz – über Anfragen entschieden.

Nach dreißig Jahren erfolgreicher Arbeit hat der Förderkreis Alte Kirchen auch in dieser seltsamen Zeit nicht an Bedeutung verloren. Bleiben Sie uns auch weiterhin gewogen!

Bernd Janowski

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