Was uns bewegt – der Vorstand berichtet

Plädoyer für offene Kirchen

Dorfkirche im Sommer

Trefflich singt der Küster vor,
trefflich singt auch die Gemeinde.
Auf der Kanzel der Pastor
betet still für seine Feinde.

Dann die Predigt wunderbar,
eine Predigt ohne Gleichen.
Die Baronin weint sogar
im Gestühl, dem wappenreichen.

Amen, Segen, Türen weit,
Orgelton und letzter Psalter
Durch die Sommerherrlichkeit
schwirren Schwalben, flattern Falter.

Detlev von Liliencron

In diesem wiederum sehr heißen und trockenen Sommer war es für uns oftmals eine erfrischende Erholung, bei Ausflügen oder im Urlaub für eine halbe Stunde eine kühle Kirche besuchen zu können. Natürlich gehörte es auch in der Vergangenheit dazu, Kirchengebäude zu besichtigen – aus kunstgeschichtlichem Interesse ebenso wie aus dem Wunsch heraus, für einige Minuten dem hektischen Alltag zu entfliehen. Bei Rekordtemperaturen von bis zu 35 Grad war jedoch die Enttäuschung über verschlossene Kirchentüren größer als sonst.

Seit dem vergangenen Jahr halten wir die Dorfkirche in dem uckermärkischen Dorf Melzow, in dem ich lebe, von Anfang Mai bis zum Oktober täglich geöffnet. Und das ohne Aufsicht. Lange haben wir im Gemeindekirchenrat darüber diskutiert, ob das gut gehen kann. Bis jetzt ging es sogar sehr gut. Und Eintragungen in unserem ausliegenden Gästebuch zeigen, wie dankbar Besucher reagieren: „So ein schöner Klang; wir haben zu zweit aus dem Gesangbuch gesungen – danke für die offene Kirche!“ „… eine geistliche Oase auf dem Weg mit Geschichten von damals und heute…“ „Welche Ruhe inmitten der wunderbaren Landschaft! Eine schöne Kirche im schönsten Dorf weit und breit.“ „Danke für die Offene Kirche und das Vertrauen.“Soweit nur einige Äußerungen. Es finden sich Eintragungen von Besuchern aus Polen, Italien und sogar aus Australien! Und das, obwohl unser Dorf an keinem offiziellen Radweg liegt und nicht einmal eine Durchgangsstraße aufweist. Der öfter auftauchende Satz: „Endlich eine geöffnete Kirche!“ zeigt, dass es ein Bedürfnis gibt, Gotteshäuser als Orte des Innehaltens und der Selbstbesinnung zu nutzen.

Die offene Dorkirche Melzow wird gern besucht.

Schon aus ihrem eigentlichen theologischen Grundverständnis heraus sind Kirchen öffentliche Gebäude. Der Theologe Andreas Nohr stellte in seinem Buch „Vom Umgang mit Kirchen“ die Frage: „Muss eine Kirche immer geöffnet haben? und liefert auch gleich die Antwort auf diese Frage: „Nein, nachts nicht.“ Kirchengebäude sollten nicht nur der „sonntägliche Treffpunkt der Kerngemeinde“ sein, sondern durch ihre Öffnung Angebote für alle unterbreiten. Seit einigen Jahren ist zu beobachten, dass Kirchengemeinden und Fördervereine, die ihre Kirchengebäude für Konzerte, Ausstellungen, Lesungen oder sogar Theateraufführungen öffnen, zu wichtigen Kulturträgern im ländlichen Raum geworden sind. Immer öfter zieht es auch die gestressten Großstädter zu den oft durchaus qualitätsvollen Kulturveranstaltungen in der Provinz. Manchmal kommt es dabei zu schönen Begegnungen und Gesprächen, durch die gegenseitige Missverständnisse ausgeräumt werden können.

Seit mittlerweile fast zwanzig Jahren ist der Förderkreis Alte Kirchen Träger des Projektes „Offene Kirchen“ in Brandenburg. Unsere gleichnamige Jahreszeitschrift erfreut sich – nach einem Jahr schöpferischer Pause – gleichbleibender Beliebtheit. Und steigende Nutzerzahlen unserer seit dem Frühjahr dieses Jahres neu gestalteten Internetseite www.altekirchen.de mit einem umfassenden Serviceteil zu geöffneten Kirchen zeigen, dass das Konzept aufgegangen ist.

Wir möchten Gemeinden und Fördervereine dazu ermuntern zu prüfen, wie auch ihre Gotteshäuser zu „offenen Kirchen“ werden können. Und wir möchten Sie ermuntern, Ausflüge in die herrliche Natur Brandenburgs mit dem Besuch unseres reichen geistigen und kulturellen Erbes zu verbinden.

Bernd Janowski

In eigener Sache: Anpassung des Mitgliedsbeitrages

Die Mitgliederversammlung des Förderkreises Alte Kirchen Berlin-Brandenburg e.V. hat am 11. Mai dieses Jahres ohne Gegenstimmen und mit lediglich zwei Enthaltungen beschlossen, den Mitgliedsbeitrag für persönliche Mitglieder ab 2020 von 50 auf 60 Euro anzuheben. Die letzte Beitragsanpassung erfolgte zum Jahr 2009, also vor elf Jahren. Seitdem sind auch die Kosten für die Verwaltungsaufgaben des Vereins gestiegen. Mitglieder erhalten in den kommenden Wochen noch ein persönliches Anschreiben. Wir hoffen sehr auf Ihr Verständnis!

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