Preußische Denkmalpflege im Kaiserreich

Buchbesprechung

Als im Jahr 2005 im Dresdener Residenzschloss – damals noch Baustelle – die große Ausstellung zum hundertjährigen Jubiläums des Erscheinens der ersten Dehio-Bandes stattfand, begrüßte den Besucher im Eingangsbereich das jedem Denkmalpfleger bekannte Zitat „Konservieren, nicht restaurieren!“ Bei den Besuchern löste dieser Spruch angesichts der laufenden Bauarbeiten durchaus auch ein nachdenkliches Schmunzeln aus. Was genau Georg Dehio zu Beginn des 19. Jahrhunderts damit gemeint hat und wo die Grenzen zwischen den beiden Begriffen verlaufen, darüber streitet die Fachwelt noch heute.

Mit Ferdinand von Quast wurde 1843 erstmals ein preußischer Landeskonservator ernannt, der dem Kultusministerium untergeordnet war. Dem vorangegangen waren heftige Diskussionen über den Umgang mit „vaterländischen Altertümern“, initiiert unter anderem durch Karl Friedrich Schinkel. Ab 1891 gab es dann in den einzelnen preußischen Provinzen auch Provinzialkonservatoren. Beide hatten jedoch lediglich beratende Funktionen, während die eigentlichen Entscheidungen von den Regierungsbauverwaltungen getroffen wurden.

Spätestens um 1870 hatte sich die amtliche Denkmalpflege in Preußen konsolidiert, wenngleich die jeweilige Vorgehensweise bei Restaurierungen jeweils zwischen den von Georg Dehio benutzten Begriffen „Konservieren“ und „Restaurieren“ hin und her schwankte. Lange Zeit wurden im Zuge der vorherrschenden Neogotik Denkmale auf ihren vermeintlichen Ursprungszustand zurückgeführt, indem spätere Ergänzungen, hauptsächlich aus der Zeit des viel geschmähten Barock, beseitigt wurden. Erst im Zuge der um die Jahrhundertwende aufkommenden Heimatschutzbewegung wurden nicht nur der Barock und andere Kunstrichtungen rehabilitiert, sondern dem Denkmal auch eine zeitgenössische Anpassung gestattet. Keinesfalls war dies jedoch eine geradlinige Entwicklung, sondern hing in der Regel von den jeweils beteiligten Akteuren ab. Neben den amtlichen Konservatoren waren dies oft auch private Architekten. Der vom preußischen König verwaltete Allerhöchste Dispositionsfonds kam in der Regel nur denjenigen Bauten zugute, die wir heute als „Denkmäler von nationaler Bedeutung“ bezeichnen würden.

Soeben ist eine umfangreiche und opulente Publikation erschienen, die die preußische Denkmalpflege speziell in der Provinz Brandenburg und in Berlin beleuchtet. Autor ist Dr. Andreas Meinecke, gebürtig aus Potsdam. Er studierte Kunstgeschichte, Geschichte und Philosophie in Greifswald und Leipzig. Seit 2013 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter des DFG-Projektes zur Preußischen Denkmalpflege im Kaiserreich an der TU Berlin.

Das Buch stellt die wesentlichen Akteure und Institutionen ebenso vor wie die wichtigsten Denkmalpflegefälle der damaligen Zeit. Darunter sind mittelalterliche Stadt-, Dorf- und Klosterkirchen, Stadtmauern, kommunale Bauten, barocke Palais und Schmuckplätze sowie Restaurierungen der noch jungen Schöpfungen Schinkels und seiner Schule. Der reich bebilderte Band zeigt auf, wie sich Denkmaltheorien entwickelten – ein Prozess, der bis heute nicht abgeschlossen ist. Nicht nur der Streit um den Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses und der Potsdamer Garnisonkirche zeigen, dass die Entscheidung zwischen „Konservieren“ und „Restaurieren“ keine einfache Entscheidung ist und selten nur zugunsten eines der Begriffe entschieden werden kann.

B. Janowski

Andreas Meinecke: Preußische Denkmalpflege im Kaiserreich. Die Provinz Brandenburg und Berlin 1860-1918. Herausgegeben von Adrian von Buttlar in der Reihe „Denkmalpflege in Berlin und Brandenburg“. Gebr. Mann Verlag, Berlin 2019. 588 Seiten mit 44 Farb- und 298 schwarz-weiß-Abbildungen; 99,00 €; ISBN 978-3-7861-2807-6

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