Nachruf auf Dr. Erhard Drachenberg (1932 – 2021)

Der Erhaltung mittelalterlicher Glasmalerei verpflichtet

Der Kunsthistoriker und Pionier der Glasmalerei-Forschung Dr. Erhard Drachenberg ist am 17. Oktober verstorben.
Geboren wurde Erhard Drachenberg am 6. Mai 1932 in Lodz. Von 1953 bis 1955 studierte er Kunstgeschichte in Leipzig und Berlin. Als wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Arbeitsstelle für Kunstgeschichte an der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin beschäftigte er sich bereits früh mit mittelalterlicher Glasmalerei, was für ihn zum Lebensthema wurde. Nach praktischer Tätigkeit in einer Glaswerkstatt arbeitete er seit 1959 an den von der UNESCO geförderten internationalen Bänden des Corpus Vitrearum Medii Aevi (CVAM) für das Gebiet der DDR. 1976 promovierte er mit dem Thema „Die mittelalterliche Glasmalerei im Erfurter Dom“. Von 1991 bis 2000 leitete er die Potsdamer Arbeitsstelle für Glasmalereiforschung des CVMA an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften mit dem Auftrag der Corpus-Vitrearum-Bände Deutschland für die neuen Bundesländer.
Wesentlichen Anteil hatte Erhard Drachenberg an der Rückführung der mittelalterlichen Glasfenster der Frankfurter Marienkirche, die 1945 als Kriegsbeute nach St. Petersburg verbracht worden waren. Mit Erfolg setzte er sich dafür ein, dass die Restaurierung der 117 Fensterscheiben nicht in Russland, sondern erst nach ihrer Rückkehr von erfahrenen Glasrestauratorinnen vor Ort in Frankfurt (Oder) erfolgte. Auch nach seiner Pensionierung setzte sich Drachenberg intensiv für die Erhaltung und Restaurierung von Schätzen der Glasmalereikunst ein. So war er im Rahmen von Projekten der Deutsch-Polnischen Stiftung Kulturpflege und Denkmalschutz als Berater bei Sanierungsarbeiten der evangelischen Friedenskirchen in Schweidnitz (Świdnica) und Jauer (Jawor) in Schlesien beteiligt.

Eingangsbereich der Kirche Johannisthal mit freistehendem Glockenstuhl Foto: Ulf Heinsohn / Wikipedia

Neben seiner beruflichen Arbeit engagierte sich Erhard Drachenberg intensiv in seiner Kirchengemeinde in Berlin-Johannisthal. Als die Zukunft des Kirchsaals der Evangelischen Kirche Johannisthal, eines Gebäudes mit einer ungewöhnlichen Geschichte, in Frage stand, war es Drachenberg, der die Gründung eines Fördervereins anregte und den Vorsitz übernahm. Erbaut wurde das Gebäudeensemble als Ausflugslokal „Kaiser-Wilhelm-Garten“ mit Ballsaal und Biergarten. Als Johannisthal 1920 nach Berlin eingemeindet wurde, wuchs die Einwohnerzahl und damit auch der Wunsch nach einem eigenen Kirchengebäude. 1921 wurde das umgebaute Ensemble der von der Kirchengemeinde erworbenen Restauration als Gotteshaus eingeweiht. Im Wesentlichen blieb der Gebäudekomplex im historischen Ortskern bis heute erhalten. Zu Beginn des neuen Jahrhunderts war das Gebäude stark sanierungsbedürftig. Damals wurde über verschiedene Möglichkeiten nachgedacht: Restaurierung oder Abriss, Neubau oder Gemeindefusion und Aufgabe des Geländes. Auch dank der Initiative des Fördervereins entschied sich die Gemeinde für eine umfassende Sanierung. Der Förderverein zur Erhaltung des Evangelischen Kirchengebäudes in Johannisthal erhielt 2009 ein „Startkapital“ des Förderkreises Alte Kirchen – das einzige „Startkapital“, das in all den Jahren an einen Berliner Verein vergeben wurde.
Für seine engagierte Arbeit wurde Erhard Drachenberg 2012 das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen. Seine Verdienste um die Glasmalereiforschung waren und sind maßstabgebend.

Bernd Janowski

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