Was uns bewegt – der Vorstand berichtet

5.000 Euro für kreative Ideen

Gnewikow gewinnt neu ausgelobten Preis des Ostbeauftragten

Es war eher ein Zufall, dass Sieglinde Siebmann diesen Flyer in die Hände bekam. Und es gab auch nicht mehr viel Zeit, um noch ein Exposé zu verfassen für den Ideenwettbewerb „Machen! 2019“. Damit will der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Christian Hirte, ehrenamtliches Engagement in den neuen Bundesländern nicht nur auszeichnen, sondern auch finanziell unterstützen. Weil der Abgabetermin in diesem Wettbewerb nach der Mitgliederversammlung im Juni zudem so schnell heranrückte, konnte die Vorsitzende des Fördervereins Dorfkirche Gnewikow (Ostprignitz-Ruppin) letztlich nur ein freundliches Anschreiben per Mail schicken und in den Anhang das Jahresprogramm 2019 des Vereins einscannen. Es umfasst unter dem Motto „Kultur und Tradition leben“ insgesamt zehn Veranstaltungen in der Dorfkirche. Das Programm reicht von einem Marionettenspiel bis hin zu einem Filmabend über das Pilgern, es gibt eine Lesung, das Konzert einer irischen Harfenistin und zuletzt eine Christvesper an Heiligabend. Da ist für jeden im Dorf am nördlichen Ende des Ruppiner See etwas dabei, nicht nur für die wenigen verbliebenen Christen in Gnewikow.

Sieglinde Siebmann ist eine eher handfeste Frau und gewiss keine Träumerin. Daher hat sie, wie sie freimütig einräumt, eher nicht damit gerechnet, mit ihrem zweiseitigen Dorfkirchen-Programm in diesem Ideenwettbewerb einen der ausgelobten Preise zwischen 5.000 und 15.000 Euro zu gewinnen. Die Freude im Vorstand des Vereins war daher groß, als Anfang August ein Brief eintraf, der Gnewikow in der Rubrik „Bürgerschaftliches Engagement“ einen Betrag von 5.000 Euro zuerkannte.

Glückliche Gewinnerinnen Foto: S. Siebmann

Die 47 Preisträger wurden Ende August im Rahmen einer Feier in der Alten Försterei in Berlin-Köpenick ausgezeichnet. Der Ostbeauftragte Christian Hirte, der diesen Wettbewerb erstmals ausgerichtet hatte, zeigte sich erfreut über das Echo. Insgesamt gingen 273 Beiträge ein, wobei die meisten in der Hauptkategorie Bürgerschaftliches Engagement eingereicht wurden; hinzu kamen zwei Sonderkategorien: Grenzüberschreitende Partnerschaften stärken und Deutsch-Deutsche Geschichte erlebbar machen. Die Palette der Ideen und Vereine vor allem in der Hauptkategorie war groß und bunt – sie reichte von der Freiwilligen Feuerwehr in Zittau über einen Dorfklatsch in Groß Naundorf, von einer alten Bockwindmühle bis hin zu den Landfrauen in Sangerhausen, die das Kochprojekt „In de Döppe jeguckt“ einreichten. „Wir waren beeindruckt von der Kreativität vieler Vereine und fühlen uns ermuntert, selber neue Ideen zur Belebung der Dorfkirche zu entwickeln“, sagt Frau Siebmann.

Der Förderverein in Gnewikow, der seit gut zwanzig Jahren besteht, will das Preisgeld nicht in die allgemeine Sanierungskasse stecken. Dort liegen etwa 20.000 Euro an Spenden und Einnahmen aus diversen Veranstaltungen, doch diese sind nur ein Bruchteil dessen, was für die seit Jahren geplante und dringliche Sanierung der Dorfkirche notwendig  wäre. Man schätzt die Kosten für dieses mittelalterliche Kleinod auf rund 500.000 Euro. Weil die Not so groß ist, hängt vor der Dorfkirche seit zwei Jahren ein Werbebanner, das um Geld bittet. Diese Installation hatte ursprünglich einen anderen Zweck: Sie wurde errichtet, um zwischenzeitlich eine neue, von Spendern finanzierte Turmzier aufzustellen. Denn der Turm der Kirche ist zu marode, um eine Wetterfahne zu tragen.

Der Förderverein will das Preisgeld von 5.000 Euro 2020 für besondere Projekte verwenden, um noch mehr kirchenferne Menschen in die Dorfkirche zu locken. Dies scheint notwendig, denn ein erster Versuch scheiterte, aus der Kirche ein sozio-kulturelles Zentrum zu machen und damit europäische Fördergelder zu akquirieren; der Ortsbeirat in Gnewikow möchte statt der Kirche als Treffpunkt lieber ein neues Dorfgemeinschaftshaus. Der Verein erwägt nun, mit dem Geld vielleicht eine Fotoausstellung zu machen oder eine Dorfchronik zu verfassen, damit sich mehr Dörfler für die Kirche interessieren. „Die Leute kommen nicht von alleine, wir müssen ihnen also etwas bieten“, sagt Sieglinde Siebmann. Auch soll das Preisgeld verwendet werden, um attraktivere Künstler für Veranstaltungen zu holen.   

All dies dürfte im Sinne des Ostbeauftragten sein. Mit dem Wettbewerb will er den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken und die Lebensqualität in den Dörfern verbessern. Dazu braucht es mehr ehrenamtliches Engagement der Bürger, wenn der Staat und andere Institutionen sich aus der Fläche zurückziehen. Gerade in den östlichen Bundesländern sei diese Unterstützung wichtig, sagte Christian Hirte bei der Preisverleihung, weil das Ehrenamt wegen der DDR-Historie anders geprägt sei als im Westen. „Die Strukturen sind hier noch nicht so verfestigt, und es gibt nicht so viele große Sponsoren. Was wir für das ehrenamtliche Engagement brauchen, sind vor allem Angebote für kleine Vereine, mit denen man sie schnell und unkompliziert unterstützen kann.“ Der Ostbeauftragte plant, den Online-Wettbewerb auch im kommenden Jahr zu veranstalten. “Die Resonanz hat alle unsere Erwartungen übertroffen. Insbesondere in den kleinen Gemeinden packen viele Bürger an, unter dem Motto  – Machen und nicht meckern.“ Sowohl die Beiträge in dem Wettbewerb, als auch die Gespräche am Rande der Preisverleihung hätten ihm mehr als deutlich gezeigt, so fügt Hirte hinzu, dass diese Form der Anerkennung und Honorierung auf ein breites Echo stoße. Der für den Wettbewerb notwendige Haushaltsposten im Etat des Ostbeauftragten muss indes vom Bundestag bewilligt werden. Wenn die Modalitäten im kommenden Jahr ähnlich sind wie 2019, dann wäre der Start im April, der Einsendeschluss Ende Juni, die Preisverleihung Ende August. Teilnehmen können alle engagierten Gruppen, also nicht nur Vereine, die in Dörfern, Klein- oder Mittelstädten der neuen Bundesländer wohnen und deren Ideen gemeinwohlorientiert sind. Details enthält die Website www.beauftragter-neue-laender.de                      Konrad Mrusek

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