Paradiesische Malerei am hölzernen Tonnengewölbe

Nach fast zehn Jahren ist die Renovierung der Steffenshagener Kirche (PR) abgeschlossen

Auch der Innenraum erstrahlt wieder als leuchtendes Kleinod

Die Farbenpracht ist überwältigend. Sattes Orange, warmes Rot, leuchtendes Gelb. Ranken an Decke, Empore und Patronatsloge. Phantasievolle Blüten und Fruchtstände erscheinen hundertfach am ausgemalten Tonnengewölbe. In der frisch renovierten Steffenshagener Kirche wähnt sich der Besucher unversehens im Garten Eden. Der Kirchenmaler Robert Sandfort schuf dieses Kunstwerk in den Jahren 1921 bis 1922. Wenige Jahre vorher war die Kir- che, deren trutzige Feldsteinmauern auf das 14. Jahrhundert zurückgehen, vollständig niedergebrannt. Nach dem Plan des Architekten Kurt Steinberg wurde das Gotteshaus ab 1920 neu aufgebaut – in der Fassung, die nun Mitte September wieder feierlich in Nutzung genommen werden konnte.

Durch das Tonnengewölbe hatte Steinberg ein Volumen erzeugt, das der Kirchenmaler Sandfort gekonnt aufnahm. Blickt man an die Decke, entsteht der Eindruck von Weite und Höhe, gefüllt mit üppiger Pflanzenpracht – ein Him- mel wie im Paradies. Aus sieben Wurzeln entspringen die Ranken, die vielfältige Blütenstände tragen und alle an einem zentralen Punkt des Gewölbes enden. Die Malerei ist vollständig ohne Schablonen aus der freien Hand gearbeitet. Außerdem gleicht keine der Blüten der anderen. Jede von ihnen entsprang vollständig der Phantasie des Künstlers. Oder doch nicht ganz: „Sandfort ließ sich aus den Gärten hiesiger Bauern Früchte und Blüten bringen und nutzte sie als Inspiration“, weiß Kunsthistoriker und Wahl-Steffenshagener Udo Piekarek, der sich eingehend mit der Geschichte der Kirche befasst hat.

Der 1880 in Kettwig an der Ruhr geborene Berliner Kirchenmaler Robert Sandfort arbeitete in zahlreichen weiteren Kirchen in Brandenburg und der Uckermark, unter anderem in Glöwen, Lenzen und Schmolde. Für jede Kirche entwickelte er ein eigenes Konzept. „Hier in Steffenshagen ist zu sehen, dass er seine künstlerischen Fähigkeiten stetig weiterentwickelte“, betont der kommissarische Leiter des Sachbereichs Untere Denkmalpflege im Landkreis Prignitz, Gordon Thalmann. Durch gekonnte Perspektive und Schattenwurf habe es Sandfort geschafft, dass die Ranken und Blüten in illusionistischer Weise regelrecht aus der Malerei heraustreten, so Thalmann – eine Kunst, die weit über das Können eines einfachen Malers hinausginge.

Dass diese Kirche jetzt wieder in neuem Glanz erstrahlt, ist das gute Ende eines langen Weges, den die Kirchengemein- de und der Kulturverein des Dorfes gemeinsam mit vielen Unterstützern gingen. Genau zehn Jahre ist es her, dass Wolf-Dietrich Meyer-Rath, der für den Förderverein Alte Kirchen die Region Prignitz betreut, den ersten Impuls für die Renovierung der Kirche gab. Risse gefährdeten die Substanz, so dass auch die Außenmauern und die Statik einer grundlegenden Renovierung unterzogen werden mussten. Ein neuer Ringanker wurde nötig. Dadurch stiegen die Kosten stetig an. Endlich, nach der dritten Beantragung, wurden die rettenden LEADER-Mittel gewährt.

Farbenprächtig begrüsst die Steffenshagener Kirche ihre Bescuher, die dort immer eine offenen Tür vorfinden. Foto: S. Atzenroth

Margit Vogel, Ortsvorsteherin, Vorsitzende des Steffenshagener Heimatvereins und Mitglied im Gemeidekirchenrat, verlor jedoch die Innengestaltung nicht aus den Augen und blieb hartnäckig. Denn durch Wassereintritt waren unschöne Flecken an den Wänden entstanden, die einstmals leuchtenden Farben der kunstvollen Malerei an der hölzernen Decke und der Empore verblasst. Dabei ist die Steffenshagener Kirche eine wichtige Stätte der Begegnung und wird nicht nur zu Gottesdiensten genutzt, sondern auch für Konzerte und kleine Theaterstücke. „Wir wollen einen schönen Innenraum“, so hatte die rührige Steffenshagenerin immer wieder betont und steckte mit ihrer Begeisterung auch Handwerker und Bauingenieur Ingo Dreger an. Zur feierlichen Einweihung der renovierten Kirche ließen es sich diese daher nicht nehmen, persönlich zu gratulieren.

Susanne Atzenroth Margit Vogel

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