Die Rettung einer Gutskapelle

Das Dörfchen Horst in der Ostprignitz ist etwa in der Mitte zwischen Kyritz und Pritzwalk gelegen, jedoch abseits der großen Straßen. Nicht einmal hundert Einwohner leben hier und Touristen verirren sich nur selten dorthin. Dabei gäbe es in Horst viel zu entdecken: Am Rande des ehemaligen Landschaftsparks steht die imposante Ruine eines Renaissance-Schlosses, das sich 1534 Georg von Blumenthal, Bischof von Lebus, hier errichten ließ. Erhalten sind Teile des Pallas sowie der polygonale Treppenturm. Sicherungsarbeiten wären dringend geboten.

Nicht weit entfernt davon, als Teil einer großzügigen Gutsanlage, gibt es das „Neue Schloss“. Die Fenster sind vernagelt, aus den Stufen der geschwungenen Freitreppe wachsen bereits kleine Bäume. Wenigstens das vormalige Inspektorenhaus ist restauriert. Hier wohnt der neue Besitzer der Gutsanlage, der in Horst wieder Landwirtschaft betreibt.

1954 entstand in Horst zusätzlich eine ebenfalls auf der Denkmalliste stehende Landwirtschaftliche Berufsschule, die in dem winzigen Ort überdimensional groß wirkt. Der durchaus qualitätsvolle zweigeschossige Putzbau entstand in einer Zeit, als der für die nahe Zukunft erwartete Sieg des Sozialismus noch seine Entsprechung in der Architektur fand. Kürzlich sind Teile des Daches über der Aula eingestürzt.

Und dann gibt es in Horst noch die sich im Eigenturm der kommunalen Gemeinde Heiligengrabe befindende Gutskapelle, einen turmlosen rechteckigen Ziegel-Fachwerkbau von 1688, die bereits 1960 wegen Baufälligkeit gesperrt werden musste. Mitte der neunziger Jahre gelang es, die Außenhaut der Kapelle instand zu setzen. Für die Sanierung des Innenraumes fehlte damals das Geld. Lediglich ein wertvolles klassizistisches Grabdenkmal für den 1794 erst fünfjährigen Hans Carl Adolf Montang von Blumenthal konnte 2014 auf Initiative der Schadow Gesellschaft Berlin e.V. restauriert werden. Der Vater des verstorbenen Kindes beauftragte damals mit dem Erinnerungsmonument niemand Geringeren als den jungen Johann Gottfried Schadow. Dieser schuf eine Marmorstele mit den Reliefs der drei Parzen: die mittlere Schicksalsgöttin spinnt den Faden des Lebens, die rechte durchtrennt ihn, worauf die Seele des Kindes als Engel zum Himmel aufsteigt und die linke schreibt seinen Namen in das Buch der Geschichte.

Der restaurierte Innenraum der Gutskapelle in Horst, ein Zuganker (weiße horizontale Linie im Foto) stabilsiert die Fachwerkwände.

Das restliche Inventar, bestehend aus dem Kanzelaltar mit beiderseits angebauten Kanzelwänden, vier Gestühlen, zwei Bankreihen, einer kleinen Empore und einer kleinen Wand, die in der letzten Nutzung ein Harmonium verdeckte,  wurde durch den Restaurator Jens Zimmermann sorgfältig dokumentiert und für längere Zeit eingelagert. Diese Einrichtung im Renaissancestil stammt bis auf die Kanzel und Teile der Kanzelwand aus der ehemaligen Schlosskapelle und wurde hier in zum Teil sehr einfacher Weise zusammengefügt. Der Kanzelaltar und die Türen der Kanzelwände wurden erst zur Bauzeit der Kapelle 1688 aus größtenteils Lindenholz im Barockstil angefertigt und eingebaut.

Im vergangenen Jahr wurde es Dank der Bewilligung von Fördermitteln aus dem Programm Denkmalhilfe des Landes Brandenburg möglich, die gesamte hölzerne Ausstattung in der Heiligengraber Werkstatt von Jens Zimmermann zu konservieren, zu restaurieren und wieder einzubauen. Ein kniender Taufengel aus Kunststeinzeug der Firma Dr. C. Ernst, Berlin, der einem Vorbild von Bertel Thorvaldsen nachempfunden ist, kehrte aus seinem zwischenzeitlichen Exil in der Kirche des Nachbarortes Dahlhausen in die Horster Gutskapelle zurück.

Eine Besichtigung der Gutskapelle in Horst ist nach vorheriger telefonischer  Anmeldung bei  Familie von Lewinski (033984-50663) möglich.

Bernd Janowski

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