Wer da glaubet und getauft wird …

Die Restaurierung des Taufsteins der Dirfkirche Wildenau (Elbe-Elster)

Die Kirche Wildenau steht im Zentrum des Dorfes auf dem Anger zwischen zwei Dorfteichen. Der Saalbau wurde um 1300 in Feldsteinmauerwerk errichtet, im Mittelalter mehrfach erweitert und etwa 1900 um einen mächtigen Dachturm in Fachwerkbauweise ergänzt. In den Jahren 2002 und 2003 wurden umfangreiche Sanierungsarbeiten am Gebäude durchgeführt.
In der Substanz gefährdet war aktuell der Taufstein aus Cottaer Elbsandstein. Er hat die Form eines Abendmahl-Kelches. Entstanden um 1600 oder im frühen 17. Jahrhundert, weist der Taufstein die für die Renaissance charakteristische reichhaltige Profilierung und reliefartige Ornamentik auf. Die dem reformatorischen Programm entsprechende besondere Bedeutung der Taufe wird unterstrichen durch die zentrale Aufstellung des Taufsteins im Chorraum der Kirche. Die Wirkung dieser Aufstellung zwischen Gemeinde und Altar wird durch die konzentrisch um den Fuß des Taufsteins verlegten Bodenplatten verstärkt.
Die quadratische Sockelplatte, der zylindrische Schaft und dessen Rundkapitell zeigten zuletzt starke Verwitterungsschäden, so dass die Ornamentik kaum noch zu erkennen war. Ursache der Schäden ist offensichtlich aus dem Boden aufsteigende Feuchtigkeit. Die Ornamentik der Unterseite der Schale war noch gut erhalten, jedoch bestanden schon bei der ersten restauratorischen Bestandserfassung Zweifel, ob es sich bei der aktuell sichtbaren Farbfassung (blau, ocker und weiß) um die Erstfassung handelt. Quer durch die Schale verlief ein unsachgemäß reparierter Riss. Der obere Rand der Schale ist als ein kräftiges ringförmiges Profilband ausgebildet. Die umlaufende Inschrift war wegen einer vielleicht zum Schutz vor weiterer Beschädigung aufgebrachten Mörtelschicht unleserlich.

Der Berliner Steinrestaurator Andreas Rentmeister


Mit den Denkmalschutzbehörden wurde ein restauratorisches Maßnahmenpaket abgestimmt, dessen Realisierung von dem Berliner Steinrestaurator Andreas Rentmeister mit ca. 14.000 Euro angeboten wurde. Die Finanzierung der Maßnahme wurde angestoßen durch eine großzügige Spende der ehemaligen Patronatsfamilie, der weitere Spenden folgten. Die Kirchengemeinde Wildenau, der Kirchenkreis Bad Liebenwerda, die kirchliche Stiftung Kunst- und Kulturgut der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland und die Denkmalschutzbehörde des Landkreises Elbe-Elster steuerten weitere Mittel zu.

Die restaurierte Taufe zu Ostern 2022


Dem Förderkreis Alte Kirchen blieb die Restfinanzierung in Höhe von bescheidenen 1.000 Euro, die letztlich aus Erträgen der Stiftung Brandenburgische Dorfkirchen erfolgte.
Ende November 2021 demontierte der Restaurator den Taufstein. Es stellte sich heraus, dass die vermeintlich flache Sockelplatte sich als massiver Fundamentblock um etwa einen halben Meter ins Erdreich fortsetzte. Da der Fundamentblock und der Schaft des Taufsteines aus einem einzigen Stein bestehen, war damit auch klar, warum die Erdfeuchtigkeit mit der Zeit die Oberfläche des gesamten Schaftes hat verwittern lassen.
Ende März fand in der Berliner Werkstatt des Steinrestaurators ein letzter Abstimmungstermin zwischen der Kirchengemeinde, vertreten durch Pfarrer Michael Seifert (Wahrenbrück), und Werner Ziems vom Brandenburgischen Landesamt für Denkmalpflege statt. Es wurde beraten und festgelegt, dass der Fundamentblock künftig durch eine Bleiummantelung vor eindringender Bodenfeuchte geschützt werden soll. Die Reliefmuster am Schaft des Taufsteins waren bereits gefestigt. Da Wiederholungen der Musterung erkennbar waren, wurde eine vorsichtige, durch ’Anböschungen’ ein wenig geglättete Rekonstruktion der Reliefs vereinbart. Die Reste der späteren Farbfassung an der Unterseite der Schale waren durch das Restauratoren-Team bereits weitgehend entfernt. Es wurde vereinbart, dass die geringen Spuren der originalen Farbfassung (grün und gold) zwar restauratorisch zu fixieren sind, das Risiko einer Rekonstruktion auf allzu schwacher Befundbasis aber vermieden werden soll.
Der unsachgemäß reparierte Riss in der Schale war zum Ortstermin bereits fachgerecht mit einem Edelstahl-Dübel und mit Kalkmörtel geschlossen. Um die oberseitige Taufmulde der Sandstein-Schale vor Feuchtigkeit zu schützen, hatte der Restaurator in seinem Angebot eine der Mulde angepasste neue Messingschale vorgeschlagen. Es wurde festgelegt, dass die neue Taufschale, damit sie einwandfrei ihren Dienst tun kann und ästhetisch überzeugt, als Doppelschale ausgeführt werden soll.

Der in das ringförmige Profilband der Sandsteinschale eingemeißelte Bibelvers war zum Ortstermin freigelegt und mit Ausnahme der drei durch die Risssanierung verlorenen Buchstaben einwandfrei ablesbar:
MARCI AN LETZTE WER DA GLEVPET UND GETAVFT WIRD, DER WIRD SELIG. WER AP(ER N)ICHT GLEVPET DER WIRT. V.D. CHRISTI
Meine alte lutherische Familien-Bibel gibt den Vers so wieder:
Wer da glaubet und getauft wird, der wird selig werden; wer aber nicht glaubet, der wird verdammt werden.
Bemerkenswert ist, dass die Inschrift im Taufstein nach ’WIRT’ eindeutig einen Punkt zeigt. Der Text bricht also ab. ’V.D.’ kann daher wohl kaum als ’verdammt werden’ gelesen werden. Näher liegt die Lesart für ’V.D. CHRISTI’ als ’verbum domini Christi’, also ’Wort des Herrn Christus’.
Es wurde vereinbart, dass die teilweise beschädigten Kanten des Schriftzuges durch Mörtel aus hochhydraulischem Kalk ergänzt werden. Auf die Rekonstruktion der nachgewiesenen ursprünglichen Vergoldung der Schrift soll jedoch verzichtet werden.
Pfarrer Michael Seifert sandte uns kürzlich den folgenden Kurzbericht über den Ostergottesdienst in der Wildenauer Dorfkirche:
„Der Taufstein steht wieder in der Wildenauer Kirche. Mehr als 40 Personen waren am Ostersonntag zum Gottesdienst da. Es hatte im Vorfeld Fragen zur Farbgestaltung gegeben. Doch nach genauer Betrachtung waren sich wohl alle einig: sehr gut so. Wir hatten eine kleine Ausstellung mit Taufkleidern, Urkunden, Taufsprüchen, dem Taufregister und Taufkerzen. Auch beim anschließenden Osterfrühstück gab es viel zu erzählen.“

Text: Hans Tödtmann
Fotos: Michael Seife
rt

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