Kirchengebäude vor dem Ausverkauf?

Was uns Bewegt – derVorstand berichtet

„Als nicht kommerzielle Räume haben die Dorfkirchen heutzutage einen hohen gesellschaftlichen Wert. Ein Verkauf stellt daher keine Lösung dar. Dies würde einen Verlust bedeuten, der schwer wieder rückgängig gemacht werden kann.“ Diese Sätze finden sich in den „Brandenburger Thesen für die Zukunft von Dorfkirchen“, die als Resultat einer Tagung zur Zukunft ländlicher Sakralbauten im September des vergangenen Jahres in Prenzlau entstand. Initiiert wurde die Erklärung unter anderem vom Kirchlichen Bauamt unserer Landeskirche, dem Förderkreis Alte Kirchen Berlin-Brandenburg und dem Brandenburgischen Landesamt für Denkmalpflege.
Verkauf ist nicht unsere Lösung. – Lässt sich dieser sicher gut gemeinte Vorsatz aber auch langfristig durchhalten? Gemeinden schrumpfen, Finanzeinnahmen werden geringer, Pfarrstellen werden gestrichen. Was also tun mit derzeit ungenutzten Kirchengebäuden in dünn besiedelten Regionen?
Die Dorfkirche in Sydow, einem Ortsteil von Grünthal im Landkreis Barnim wurde kürzlich offiziell entwidmet und soll nun verkauft werden. Bereits seit fast mehr als fünf Jahrzehnten wird der im Kern mittelalterliche Feldsteinbau mit dem neugotischen Relikt eines backsteinernen Turmes nicht mehr genutzt. Der schlichte barocke Kanzelaltar wurde bereits vor längerer Zeit in die Dorfkirche von Stolzenhagen ausgelagert; weitere Teile der Ausstattung befinden sich in der Restaurierungswerkstatt des Brandenburgischen Landesamtes für Denkmalpflege. Mitte der 90er Jahre wurde der Turmhelm abgenommen und steht seitdem – inzwischen völlig marode – neben dem Gotteshaus. Wenigstens das Dach bekam damals eine neue Deckung. Nun gibt es zwei Interessenten für die Sydower Kirche. Ferienwohnung und Seminarraum oder Restauratorenwerkstatt – noch ist keine endgültige Entscheidung getroffen worden.

Die Dorfkirche in Sydow (Landkreis Barnim)


Verhandlungen über die Veräußerung der Kirche in Kraatz (Landkreis Uckermark) scheinen kurz vor dem Abschluss zu stehen. Auch die Fachwerkkirche in Buchholz bei Gransee (Landkreis Oberhavel) steht zum Verkauf – und das bereits zum zweiten Male. Vor etwa zwanzig Jahren wurde die Kirche an einen privaten Interessenten abgegeben und als Atelier genutzt. Nun wird bereits ein neuer Besitzer gesucht.
Für Aufsehen in der lokalen Presse sorgte vor wenigen Monaten der Verkauf einer Kirchenruine in Bartschendorf (Landkreis Ostprignitz-Ruppin). 1979 wurde mangels Finanzen und Baumaterialien das marode Dach abgenommen. Die wenigen Kirchenmitglieder besuchten fortan die Gottesdienste im benachbarten Dreetz; die Kirche in Bartschendorf blieb als ungenutzte Ruine zurück und verfiel. Im Jahr 2007 konnten, auch mit bescheidener Unterstützung des Förderkreises Alte Kirchen – einige Sicherungsarbeiten durchgeführt werden: Eine Notabsteifung im Turm wurde vorgenommen, das Turminnere vom Schutt befreit. Sogar die 1827 gegossene Glocke konnte wieder geläutet werden. Vor einiger Zeit tauchte die Bartschendorfer Kirche dann auf einer Internetseite auf, die kirchliche Immobilien zum Kauf anbietet. Schließlich fand sich ein Käufer, der das Gotteshaus für Wohnzwecke nutzen will und sich verpflichtete, wenigstens die klassizistische Fassade von 1802 zu erhalten. Erst im Nachhinein gab es massive Proteste gegen die Privatisierung im Dorf.
Proteste gab es auch, als bekannt wurde, dass die Kirche in Döllingen (Landkreis Elbe-Elster) 2017 veräußert werden sollte. Hier hatten sie vorerst sogar Erfolg. Inzwischen gibt es nach längerer Pause wieder einen Gemeindekirchenrat in dem Ort. Erste Sicherungsarbeiten wurden vorgenommen. Im September soll ein Konzert im Rahmen der Reihe „Musikschulen öffnen Kirchen“ stattfinden. Nötige Reparaturarbeiten am Dach des Kirchenschiffes sollen möglichst noch in diesem Jahr stattfinden.
Noch ist die Zahl der abgegebenen Kirchen in Brandenburg recht überschaubar. Aber wird und kann das in den kommenden Jahren so bleiben? Starke Zweifel sind hier vermutlich angebracht. Patentlösungen wird es für die Zukunft ungenutzter Kirchengebäude nicht geben. Über den Umgang mit ungenutzten Kirchengebäuden muss jeweils individuell und nach gründlicher Überlegung entschieden werden. Bereits seit 2013 ist die Kirche in Tornow (Landkreis Oberhavel) in Privatbesitz. Das Umfeld des Sakralbaus sieht etwas verwahrlost aus. Auf einem Schild wird darauf hingewiesen, dass „das Betreten des Grundstückes – insbesondere der Kirche – strengstens verboten“ ist. „Zuwiderhandlungen erfüllen den Tatbestand eines Hausfriedensbruchs (§ 123 StGB) und werden vom Eigentümer in jedem Fall zur Anzeige gebracht.“ Nicht unbedingt das, was der zufällige Besucher erwartet, wenn er vor einer märkischen Dorfkirche Rast macht …


Text und Foto: Bernd Janowski

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