Mit Muße durch Jahrhunderte Baugeschichte

Exkursion des Förderkreises zu zwei bedeutenden Kirchen in Halle

Nur zwei Kirchen standen diesmal auf dem Besuchsprogramm. Da blieb Muße, den Blick schweifen zu lassen, Details zu entdecken, Fragen zu stellen. Und da war auch Zeit für einige Extras.

Stiftskirche; Foto: Gonda

In der Stiftskirche oben auf dem Petersberg stand Architekt Jürgen Götz, extra aus Hildesheim angereist, den Wissbegierigen Rede und Antwort. Der eindrucksvolle Sakralbau aus dem 12. Jahrhundert, frühe Grablege der Wettiner, lässt mit seinem mächtigen Westturm, dem dreischiffigen Langhaus und den rundbogigen Arkaden die ganze Schönheit hochromanischer Baukunst erahnen. Doch viele Jahrhunderte wechselvoller Geschichte haben Spuren hinterlassen. Durch Brand 1565 zerstört, blieb die Kirche Ruine, bis die Romantik im 19. Jahrhundert die Denkmale unserer Vergangenheit neu entdeckte. Beim Wiederaufbau 1853-57 unter Mitwirkung von Schinkel-Schüler Stüler war man bemüht, noch vorhandene Originalteile zu erhalten und Neues dem Stil der Romanik anzupassen. Ein Jahrhundert später machten Witterungsschäden eine weitere Restaurierung notwendig und auch heute künden ausladende Gerüste an der Westwand des Schiffes von umfangreichen Arbeiten. Jürgen Götz betreut die jetzige umfassende Sanierung – stets im Respekt vor den Leistungen der vorher hier tätigen Denkmalpfleger. Ihm liegt eine nachhaltige Restaurierung am Herzen, die höhere Kosten in Kauf nimmt, um spätere Kosten zu vermeiden.

Die Stiftskirche – sie zählt heute zum Weltkulturerbe – gehört zur Evangelischen Kirche Mitteldeutschlands. Neben den Gottesdiensten stehen ihre Pforten auch für größere kirchliche Ereignisse und musikalische Veranstaltungen offen. Seit 1999 wird sie von den Brüdern der Communität Christusbruderschaft Selbitz genutzt. Es war eines der Extras auf dieser Exkursion, dass wir an einem Mittagsgebet mit Prior Johannes teilnehmen konnten – ein besinnlicher Ausklang, bevor es wieder den Petersberg hinab ging.

Gewölbe und Ostwand der Marktkirche mit der kleinen Altar-Orgel von Georg Reichel (1663/64) Foto: Gonda

Unten auf dem Markt empfing uns Stadtführerin Bettina Kämmerer und nahm uns mit in die Marktkirche. Die prägt mit ihren zwei unterschiedlichen Turmpaaren weithin sichtbar das Bild der Altstadt. Einst gehörten die Türme zu zwei mittelalterlichen Gotteshäusern, die im 16. Jahrhundert abgerissen und durch den Bau eines neuen Kirchenschiffes miteinander verbunden wurden. Beim Eintritt überraschen die lichte und farbenfrohe Weite des Raumes, das feine Netzwerk des Gewölbes, die Kanzel mit ihrem Schalldeckel in Form eines achteckigen Sterns, das riesige Gemälde im kostbaren Renaissancerahmen an der Ostwand und das monumentale gemalte Altarretabel, das lange Zeit wohl zu Unrecht als Werk des berühmten Lucas Cranach d. Ä. angesehen wurde.

Hier gab es gleich zwei Extras: Kantor Irénée Peyrot musizierte für uns auf der kleinen Altar-Orgel, auf der schon Händel und Bach gespielt haben sollen, und ließ wenig später das Carillon vom Roten Turm erschallen.

Schließlich blieb auch noch Zeit für einen gemütlichen kleinen Stadtrundgang, der selbstverständlich den historischen Stadtgottesacker einschloss. Ein Tag ohne Touristenstress, aber mit vielen guten Eindrücken.

Eva Gonda

PS. Dass die Deutsche Bahn bei unserer Hinfahrt den Wagen mit unseren gebuchten Sitzplätzen einfach eingespart hatte, bescherte uns ein weiteres Extra: ein Täfelchen Schokolade.

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