„Hübsches Wort für einen hübschen Ort“

Mit dem FAK unterwegs zu Dorfkirchen in Märkisch-Oderland

Das Oderland – das ist der Titel des zweiten Bandes von Theodor Fontanes Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Und allenthalben wurden die reiselustigen FAK-Mitglieder an die informationsreichen, geschichtsträchtigen und farbenfrohen Schilderungen des Apothekers und großen deutschen Dichters erinnert.

DIE KIRCHE von Hohenfinow (u.) und Neulietzegöricke; Fotos:G. Donath

Aber davon später. Zunächst einmal wies eine Informationstafel in Hohenfinow, der ersten Station unserer Busreise, auf eine andere Person der Geschichte hin, auf Theobald von Bethmann-Hollweg, Deutscher Reichskanzler von 1909 bis 1917, geboren und gestorben in Hohenfinow, zur letzten Ruhe gebettet auf dem Friedhof der Dorfkirche. Sie war Patronatskirche der Familie von Bethmann-Hollweg.

Diese auf das 13. Jahrhundert datierte Feldsteinkirche aus regelmäßig behauenen Quadern war ursprünglich eine dreischiffige Basilika mit halbrunder Apsis im Osten. Damals hoffte man auf ein rasches Wachsen des Ortes an einer wichtigen Straßenkreuzung nach Norden und Stettin. Diese Hoffnung zerschlug sich, der Landweg zur Ostsee und ins Baltikum ging schon Anfang des 14. Jahrhunderts über Eberswalde. Die Kirche verfiel zusehends, und im 17. Jahrhundert wurden die nicht mehr benötigten Seitenschiffe abgerissen und die nun freiliegenden Bögen vermauert.

1906 bis 1910 und 1999 bis 2004 wurde die Hohenfinower Dorfkirche restauriert. Die Arbeiten umfassten den Kirchturm, die Außenhülle und die Malerei. 2009 konnte die von der Berliner Orgelbaufirma Remmler&Sohn 1887 gebaute Orgel nach langer Restaurierung wieder eingeweiht werden. Heute ist der reich ausgestattete neuromanisch umgestaltete Innenraum zu bewundern. Das Deckengemälde zeigt Christus als Weltenrichter, sehenswert sind die Malereien an Orgel- und Herrschaftsempore sowie die Glasfenster.

Wo ist unser Geld geblieben? In der Dorfkirche Cöthen, beantwortete Bernd Janowski die Frage im Septemberheft der „Alten Kirchen“. Die Teilnehmer der FAK-Exkursion konnten sich nun davon überzeugen, dass die Spendengelder einem guten Zweck zugeführt wurden. Fontane erwähnte in seinen Wanderungen den Cöthener Kirchenpatron Friedrich von Jena, der Anfang des 19. Jahrhunderts die Kirche errichten ließ. Heute erstrahlt sie wieder in altem Glanz.

Falkenberg und Bad Freienwalde sind die nächsten Stationen unserer Reise. Zwischen beiden Orten, wir zitieren Fontane, „ziehen sich die steilen, tannen- und laubholzbesetzten Abhänge des Barnim-Plateaus, dessen Kuppen meilenweit in das grüne Bruchland herniedersehen“. Auf einer dieser Kuppen steht das historische Panoramarestaurant Carlsburg, das uns Buswanderern ein vorzügliches Mittagsmahl offerierte.

Danach ging es hinab nach Bad Freienwalde – „hübsches Wort für hübschen Ort“ so Fontane – und vom Markt hinauf zur Stadtkirche St. Nikolai, eine der schönsten im Oderland. Die erste Kirche an dieser Stelle entstand im 13. Jahrhundert. Mitte des 15. Jahrhunderts erhielt sie ihre heutige Gestalt als stattlicher gotischer Backsteinbau. Eine Besonderheit der Kirche ist die Lage des Turmes. Er liegt wegen des steil abfallenden Geländes an der Südwestecke.

Dr. Reinhard Schmook, der Leiter des Oderlandmuseums in Bad Freienwalde, führte die Gäste durch das imposante Innere der Nikolaikirche und wies auf die reichhaltige Ausstattung hin. Dazu gehören ein beeindruckendes Renaissance-Retabel von 1623, ein Taufengel des Mohriner Bildschnitzers Heinrich Bernhard Hattenkerell von 1704 sowie Epitaphien. Der runde Taufstein gehört vermutlich zur Erstausstattung der Kirche und ist mit seinen rund 800 Jahren der zweitälteste in der Mark Brandenburg.

Mit Orgelklängen wurden die Exkursionsteilnehmer auf ihrer letzten Station empfangen: Ein Präludium erklang in der Dorfkirche im denkmalgeschützten Kolonistendorf Neulietzegöricke. Doch ein Organist war nicht zu sehen. Pfarrerin Nanna-Maria Luttenberger brachte per Fernsteuerung mit programmiertem USB-Stick einen Orgelaufsatz dazu, dem Instrument Töne zu entlocken – Musik mit der Organola. Mit Spendengeldern des FAK war diese Neuerung möglich geworden. Seit 2017 wird nun wieder jeder Gottesdienst mit Orgelmusik begleitet. Das war ein weiterer Meilenstein in der Geschichte der 1840 fertiggestellten Kirche. Sie ist ein mit massiver Verblendung und Verputz in klassizistischen Formen versehener Fachwerkziegelbau, der bis heute nahezu unverändert geblieben ist. 2010 bis 2011 wurde die denkmalgeschützte Kirche umfassend saniert und restauriert. Als lebendige Kirche ist sie auch ein kulturhistorisches Gebäude, eine moderne Begegnungsstätte zwischen Christen und Nichtchristen mit Konzerten, Lesungen und Themenabenden.

Die Exkursion hat einmal mehr bewiesen: Die Kirche bleibt im Dorf und spielt als Gotteshaus und als Kulturstätte auch im Oderland eine wichtige, oft sogar die wichtigste Rolle.

Bärbel Möricke

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