Ein kleines Dorf auf Wachstumskurs

Rosow (UM) feierte den 775. Jahrestag seiner Gründung

„Ein kleines, fast verwunschenes Dorf am Rande unserer Republik.“ – So beginnt die Selbstdarstellung des Dorfes Rosow auf der Internetseite des Ortes. Rosow liegt im äußersten nordöstlichen Zipfel der Uckermark. Die nächste größere Stadt, erreichbar in einer knappen viertel Stunde Autofahrt, ist Stettin. Nur wenige hundert Meter hinter dem Ortsausgangsschild befindet sich der Grenzübergang.

Vor der Reformation war Rosow im Besitz des Stettiner Zisterzienserklosters. Auch später prägte die heute zu Polen gehörende Großstadt die Entwicklung des bis 1945 zum Landkreis Greifenhagen (heute Gryfino) gehörenden Dorfes. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde die östliche Ortsgrenze plötzlich zur Staatsgrenze. Zahlreiche Flüchtlinge aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten fanden in Rosow eine neue Heimat, während auf der anderen Seite der Oder Vertriebene aus dem Baltikum und dem von der Sowjetunion annektierten Ostpolen sesshaft wurden.

Die mittelalterliche Feldsteinkirche des Ortes brannte in den letzten Kriegstagen völlig aus. Der ehemals höchste Kirchturm der Region wurde bis auf den Turmstumpf abgetragen. Zu Beginn der fünfziger Jahre konnte zumindest das Kirchenschiff mit den bescheidenen damals zur Verfügung stehenden Mitteln wieder hergestellt werden. Doch irgendwann fanden die Gottesdienste der immer kleiner werdenden Kirchengemeinde nur noch im benachbarten Pfarrhaus statt; der Kirchenraum blieb ungenutzt und verfiel.

Die wieder hergestellte Kirche in Rosow

Erst nach der Jahrtausendwende war eine umfassende Instandsetzung möglich. Auf Initiative eines im Ort gegründeten Fördervereins und mit Hilfe einer großzügigen Förderung der EU entstand in dem Gotteshaus eine deutsch-polnische Gedenkstätte für Flucht, Vertreibung und Neuanfang. Schicksale von Vertriebenen beiderseits der Grenze wurden dokumentiert und in einer beeindruckenden Ausstellung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Das Dach des Kirchenschiffes wurde neu gedeckt, der Innenraum neu gestaltet, Sanitär- und Funktionsräume in den historischen Kirchenraum integriert. Der zerstörte Kirchturm wurde in modernen Formen wieder sichtbar gemacht. Eine 42 Meter hohe transparente Stahlkonstruktion erinnert an die Kriegszerstörung und stellt zugleich ein Zeichen der Versöhnung dar. Von einer Aussichtsplattform geht der Blick weit ins Land – oder sollte man sagen, weit in beide Länder…?

Seit dem EU-Beitritt Polens ist die Nähe des Dorfes zu Stettin wieder zu einem Standortvorteil geworden. Mehr als 2.000 Polen haben ihren Wohnsitz inzwischen in die nordöstliche Uckermark verlegt, da die Grundstückspreise hier wesentlich billiger sind als im Speckgürtel der polnischen Großstadt. Dank der Zugezogenen konnte der Bevölkerungsschwund im Amtsbezirk Gartz, zu dem auch Rosow gehört, aufgehalten werden. Der Bevölkerungsanteil polnische Bürger beträgt hier zwölf Prozent, aber 50 Prozent bei den Kindern in den Kindergärten der Region. Vielleicht kann in einigen Jahren die vor Jahren geschlossene weiterführende Schule in Gartz wieder eröffnet werden. Das Zusammenleben klappt problemlos, bestätigt Rosows ehrenamtlicher Bürgermeister Karl Lau.

Konzert in der Rosower Kirche im Rahmen „Musikschulen öffnen Kirchen“

Anfang Mai beging Rosow das 775- jährige Jubiläum seiner ersten urkundlichen Erwähnung. Eröffnet wurden die Feierlichkeiten mit einem deutsch- polnischen ökumenischen Gottesdienst, bevor ein historischer Festumzug durch das Dorf zog. Sogar eine Festschrift wurde anlässlich des Jubiläums ge- druckt.

Die nächste Veranstaltung in der Rosower Kirche ist am Samstag, dem 15. September, um 15 Uhr ein Konzert mit dem Stadtchor Gartz. Am Sonntag, dem 30. September, wird es um 14 Uhr einen deutsch-polnischen Gottesdienst zum Erntedankfest mit anschließender Kaffeetafel und einem kleinen Konzert geben.

Bernd Janowski

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