Sakralbauten in der Diaspora

Konstantin Manthey ist katholischer Theologe und Kunsthistoriker an der Katholischen Akademie Berlin e.V.

Kleine Geschichte des katholischen Kirchenbaus in Brandenburg

Dieser fesselnde Gobelin mit dem Thema: „Erfüllung der biblischen Verheißung“ stammt von der Künstlerin Gitte Kuhl und kann in der Kirche St. Joseph in Luckenwalde besichtigt werden. Er wurde 1978/79 geschaffen und ist der zweite Teil eines Diptychons.

NACH DER REFORMATION

Die Geschichte des katholischen Kirchenbaus in Berlin und Brandenburg nach der Reformation beginnt im Wesentlichen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts (St. Hedwig war die einzige Kirche vor 1800). Die ersten Katholiken in der Stadt Berlin waren vor allem Diplomaten und Gäste. Veränderungen kamen mit den katholischen Soldaten und Rüstungsarbeitern. Seit dem Bau der Hedwigskirche in Berlins Mitte (1747–1773) wuchs allmählich das Interesse von katholischer sowie staatlicher Seite an der Gemeinde in der Hauptstadt und Umgebung. 1821 wurde, nach langem Ringen, ein fürstbischöflicher Delegat installiert. Berlin, Mark Brandenburg und Pommern wurden somit dem Fürstbischof von Breslau zugeteilt.

WEIMARER REPUBLIK UND NS-ZEIT

Trotz erhöhter Baukosten war es in der Weimarer Republik das erklärte Ziel aus sozial-pastoralem Interesse heraus die Seelsorgebezirke zu verkleinern. Dabei war die junge Demokratie ein Motor des Ausbaus. Mit der Gründung des Bistums Berlin im Jahr 1930 entstand zudem eine regionale Kirchenstruktur und der Sakralneubau wurde verstärkt. Diese Freiheit wurde unter nationalsozialistischer Herrschaft sehr eingeschränkt. Ab 1937 wurde es zunehmend schwerer, Bauprojekte überhaupt zu realisieren. Nach 1938 war es gar nicht mehr möglich. Es sind vereinzelt nur noch Projekte fertiggestellt worden, die man zuvor begonnen hatte. Kirchen für Neu-Siedlungen wurden das Hauptaufgabenfeld. Die Kirchenbauten nach 1933 waren stilistisch wenig prägnant.

KAISERZEIT UND KULTURKAMPF

Unter dem Reichskanzler Otto von Bismarck verschärfte sich die Politik gegenüber der katholischen Kirche. Dieser Kulturkampf machte den dringenden Gemeinde- und Schulausbau unmöglich. Es gelang unter dem Delegaten Joseph Jahnel ab 1888 wieder Kirchen vor allem in Berlin zu errichten. Zwar gab es juristisch keine Diskriminierung der Katholiken, doch es existierte eine Vorliebe für evangelische Bauprojekte. Die katholischen Vorhaben der Kaiserzeit wurden oft durch reichsweite Sammelaktionen finanziert.

SEIT 1945

Nach dem Zweiten Weltkrieg kamen viele katholische Flüchtlinge nach Brandenburg, so dass der Bedarf an Gottesdienstorten wuchs. Zwar war die politische Stimmung bereits in den 1950er Jahren angespannt, doch seit der Errichtung der Grenzanlagen und der Berliner Mauer ab 1961 gab es wenig Chancen, neue Kirchen zu errichten. Neubauten entstanden im Verborgenen und durch Feierabendarbeit der Gemeindemitglieder. Seitdem die DDR-Regierung, Mitte der 1970er Jahre, Devisen ebenfalls über Kirchenbauprojekte erwirtschaftete, konnten beispielsweise in neugebauten Großwohnsiedlungen neue Kirchen für den Kurs 1:1 (1 Mark für 1 DM) errichtet werden. In der Wendezeit wurden noch einige dieser Projekte fertiggestellt. Bis auf die Kirche St. Maria in Storkow-Hubertushöhe (Bistum Görlitz) gab es nach der deutschen Wiedervereinigung in Brandenburg keine größeren Kirchenneubauten. Mittlerweile diskutieren auch die katholischen Bistümer und Gemeinden die Frage der Kirchenraumnutzung.

1 Luckenwalde (Teltow-Fläming)

In den 1840er Jahren wurde ein „Kirchlein“ durch preußische Baubeamte projektiert. Dieser Betsaal wurde 1847 eingeweiht. Für Luckenwalde entwarf Max Hasak einen Neubau mit hoher neugotischer Doppelturmfassade, der Anklänge an Backsteingiebel der Mark Brandenburg aufweist. Der Bezug auf die mittelalterlichen Gründerväter, die Zisterzienser, ist im Kirchenbau der Region weit verbreitet. Trotz stilistischer Rückgriffe nutzte Hasak die bautechnischen Möglichkeiten seiner Zeit aus. Besonders erwähnenswert sind die beiden Gobelins von Gitta Kuhl (1977/78). Dieses Diptychon thematisiert die erlösungsbedürftige Menschheit sowie die Erfüllung der biblischen Verheißung.

2 Kyritz (Ostprignitz-Ruppin)

Die Gründung der Kyritzer Gemeinde ist besonders ihrer Lage zuzuschreiben. Für viele Orte im Umkreis war die Kreisstadt das Zentrum. Die 1912 benedizierte Heilig-Geist-Kirche ist bis heute innen wie außen nahezu ursprünglich erhalten und eine Zierde der katholischen Sakralarchitektur. Der Architekt Josef Welz schuf eine malerische Landkirche, die aufgrund der fein komponierten Zusammenfügung regionaler Stile und Materialien eine besondere Wirkung erzielt. An den in Backstein gemauerten Querriegelturm auf einem Feldsteinsockel mit abschließendem Dachreiter schließt sich ein gemauertes und verputztes Langhaus an.

Im Inneren stößt man auf eine Dreischiffigkeit. Die hölzerne Decke und die reich verzierten Stützen kontrastieren den Laienraum zum Chor. Hier trägt ein Netzrippengewölbe die Decke. Der Hochaltar ist seit der Restaurierung in den 1980er Jahren wieder an seinem Platz. Er zeigt als Hauptbild das Pfingstereignis, bezogen auf das Patrozinium der Heilig-Geist-Kirche.

3 Biesenthal (Barnim)

Die neubarocke St. Marien-Kirche in Biesenthal ist ein Unikum. Der Zentralbau liegt an der Hauptstraße. Sein Grundriss nähert sich dem griechischen Kreuz an. Über eine fünfstufige Treppe mit seitlichen Balustraden erreicht man durch ein neubarockes Säulenportal mit Marienemblem auf einer Steinkartusche mit Festons und Cherub die Kirche. Die Portaltüren mit getriebener Kupferblechverkleidung aus dem Jahr 1986 stammen vom Biesenthaler Künstler Friedrich Schötschel. Das Innere der Kirche ist ein heller, plastisch bewegter Saal. Teilweise ist Stuck angebracht. Als Vorbilder dienten Barockkirchen Süddeutschlands. Der Raum unter der zentralen Kuppel mit runder Laterne ist durchfenstert und mit einem Wolkenhimmel ausgemalt.

4 Werneuchen (Barnim)

Der Bernauer Pfarrer Herrmann bemühte sich um ein kirchliches Zentrum für die Gegend mit gut 200 Gläubigen in der kleinen Stadt Werneuchen. Die St.-Joseph-Kirche entstand nahe dem Bahnhof und wurde Ende 1932 eingeweiht. Sie ist ein kleiner kubischer Klinkerbau mit flach gedecktem stumpfen Fassadenturm, orientiert an den strengen schmucklosen Formen der Bauhausarchitektur. Das Innere ist ein kleiner Saal mit 70 Sitzplätzen. Die Ausstattung kam 1942 dazu, Dr. Egbert Lammers entwarf das Altar-Mosaik „St. Joseph Custos Domini“ sowie die im Krieg zerstörten Fenster. Eine neue Glasgestaltung schuf 1972 Johannes Römer aus Leipzig.

5 Jeserig (Potsdam-Mittelmark)

Unweit von Brandenburg an der Havel liegt die Kirche St. Josef in Jeserig, ein Bau von Felix Hinssen, dem zweiten Diözesanbaurat Berlins. Trotz großer Schwierigkeiten Baumaterial zu beschaffen, wurde die Kirche am 11. Juli 1953 geweiht. Die gut 500 Katholiken erhielten nun eine eigene Kirche, die vor allem aus Bruchsteinen aus Berlin bestand. Die Kirche hat einen wehrhaften Westriegel als Turm. Innen ist die Kirche einschiffig; eine Gruppe von kleinen Rundbogenfenstern beleuchtet den Altarraum von links. Rechts sind die Sakristei und weitere Räume angebaut. Die architektonisch klar gegliederte Emporenwand und die kleinen Fenster links im Altarraum weisen neuromanische Züge auf. Der monumentale Korpus am Kreuz an der Altarwand ist erwähnenswert. Sein Künstler ist bisher unbekannt.

6 Hennigsdorf (Oberhavel)

Mit der AEG kam seit 1913 großes Wachstum für den Ort Hennigsdorf vor den Toren Berlins. Dort konnte nach langen Bemühungen 1925 eine erste Kirche eingeweiht werden. Diese war zum Schluss baufällig, so dass ein Abriss und erweiterter Neubau zwischen dem Pfarr- und dem Gemeindehaus nötig wurde. Innerhalb von neun Monaten wurde dies, vor allem durch Gemeindemitglieder realisiert. Den Entwurf des längs ausgerichteten Raumes auf rechteckigem Grundriss lieferte der Architekt Lothar Feitel. Die Künstlerische Ausstattung übernahm Friedrich Schötschel. Zu Weihnachten 1977 war der Bau fertig, die Ausstattung kam in wesentlichen Teilen 1978 hinzu.

7 Storkow, St. Maria (Oder-Spree)

Nachdem der Vorgängerbau wegen Bauschäden 1992 aufgegeben werden musste, entstand auf einem Waldgrundstück die neue St.-Maria-Kirche, die 1998 geweiht wurde. Dort wurde durch den Bistumsarchitekten Thomas Backhaus und die Architektin Susanne Döbbel-Winkler eine Kirche in Holzständerbauweise realisiert und im Grundriss dem urchristlichen Fischsymbol nachempfunden. Den Altarbereich gestaltete der Erfurter Holzkünstler Ulrich Minkus und das Fensterband der Glaskünstler Helge Warme. Das gewölbte Schieferdach und die runde Langwand erzeugen das Gefühl, man wäre in der kleinen Kirche mit 50 Sitzen im Bauch eines Wales.

NUR EINE AUSWAHL

Dieser Beitrag hat noch viel mehr Beispiele verdient. Manche prominente Kirche wie St. Peter und Paul in Potsdam fehlt. Bewusst wurde der Blick bei der Auswahl eher auf das Berliner Umland fokussiert. Anhand dieser Kirchen lassen sich Tendenzen für den katholischen Sakralbau im heutigen Land Brandenburg ablesen. Hier gründeten sich etliche Gemeinden selbst. Katholischer Kirchenbau in Brandenburg stieg trotz schwieriger allgemeiner Bedingungen in der Zeit zwischen den Weltkriegen spürbar an. Es wurde auch danach unter den politischen Gegebenheiten weiterhin gebaut, nun jedoch weniger sichtbar als zuvor.

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n der Kirche des havelländischen Dorfes Senzke befinden sich wie in den Kirchen Milow und in Schmetzdorf zahlreiche Gemälde biblischer Personen, Geschichten, Engel und Allianzwappen.

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Ein Ausflug in die Altmark

Nachdem an dieser Stelle bereits besonders interessante Kirchen im Altkreis Salzwedel vorgestellt worden sind, soll nun der Blick auf die südlich daran anschließende altmärkische Region um Gardelegen herum gerichtet werden.