Vom Dachboden auf den OP-Tisch
Zwölf Jahre Spendenaktion „Vergessene Kunstwerke“
Werner Ziems ist Amtsrestaurator im Brandenburgischen Landesamt für Denkmalpflege.
Es waren die Taufengel, die vor zehn Jahren eine große Rettungsaktion auslösten. Als 2006 das Landesamt für Denkmalpflege alle Engel in Berlin und Brandenburg zählte, zeigte sich, dass es vielen von ihnen sehr schlecht ging. Während zahlreiche Kirchen in den vergangenen Jahren mit Hilfe staatlicher Förderprogramme instand gesetzt werden konnten, fehlten für die Kunstwerke und Ausstattungsobjekte oft die finanziellen Mittel, um sie zu restaurieren. So entstand die Idee einer Spendenkampagne.
Unter dem Motto „Menschen helfen Engeln“ wurde im Namen des Brandenburgischen Landesamtes und Archäologischen Landesmuseums (BLDAM), der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz und des Förderkreises Alte Kirchen Berlin-Brandenburg dazu aufgerufen, für die Restaurierung der unbeachtet in Abstellkammern ein Schattendasein fristenden Taufengel Gelder zu sammeln. Die Aktion wurde ein großer Erfolg. Nach drei Jahren wurden über 80.000 Euro zusammengebracht, mit denen mehr als 25 Taufengel restauriert und zum größten Teil an ihren ursprünglichen Ort, in der Mitte der Kirche, unter die Decke gehängt werden konnten. Besonders erfreulich war, wenn eine Kirchengemeinde ihren Taufengel mit einer Kindstaufe in Dienst genommen hat, wie es zum Beispiel in der kleinen Dorfkirche in Niebendorf der Fall war.
Aber was sollte mit all den anderen Kunstwerken geschehen? Nach drei Jahren erfolgreicher Taufengel-Spendenaktion wurde das Motto modifiziert. Nun hieß es „Vergessene Kunstwerke brauchen Hilfe“. Einerseits sollte damit bei akuten Schäden geholfen werden, andererseits sollte die Auswahl von verschiedensten Ausstattungsstücken einen Querschnitt der Problematik aufzeigen. Nutznießer der Aktion waren seitdem sehr unterschiedliche Objekte, wie die kunsthistorisch bedeutenden Altäre aus Laubst und Ruhland. Aber auch den weniger bedeutenden Objekten sollte geholfen werden. In der Dorfkirche Dedelow wurde neben der Sicherung des Altaraufsatzes der lange Zeit in der Turmkammer abgestellte, stark beschädigte Deckel der hölzernen Renaissance-Taufe restauriert. In der Bernauer Marienkirche konnten die seit ihrer Demontage im 19. Jahrhundert in verschiedenen Depoträumen eingelagerten Fragmente der Renaissance-Orgel konserviert und erstmals wieder im Kirchenraum an einer repräsentativen Stelle an der Westwand, neben der Orgel des 19. Jahrhunderts, präsentiert werden. In der Dorfkirche Blankensee zieht nun wieder das fachgerecht restaurierte Epitaphgemälde der Anna von Schlabrendorf die Aufmerksamkeit der Besucher auf sich. Besonders erfolgreich war die Spendenaktion in der Dorfkirche Kunow, wo 2018 ein erster Abschnitt des mit emblematischen Darstellungen bemalten Gemeindegestühls restauriert werden konnte.
Insgesamt konnte in den vergangenen zwölf Jahren für die genannten Objekte, einschließlich der Taufengel, die stolze Summe von etwa 165.000 Euro aufgebracht werden. Ein Ergebnis, das Mut macht, sich auch weiterhin für die „Vergessenen Kunstwerke“ einzusetzen! Wohl wissend, dass der tatsächliche Bedarf weit über der genannten Summe liegt, muss es uns umso mehr Ansporn sein, mit der Spendenaktion fortzufahren. Wo die Spenden allein nicht ausreichten, um die Objekte vollständig restaurieren zu lassen, konnte doch wenigsten mit ihrer Hilfe der fortschreitende Verfall durch Sicherungsmaßnahmen aufgehalten werden, oder die Spenden wurden zum Ansporn für weitere Sammlungen durch die Kirchengemeinden und für Fördermittelgeber.
Aktuelle Spendenobjekte sind wertvolle Epitaphien in der Dorfkirche Groß Jehser (Landkreis Oberspreewald-Lausitz). Es gilt, wertvolle Zeugnisse des barocken Totengedenkens vor dem endgültigen Verlust zu bewahren.