Dorfkirche Sadenbeck
Steckbrief
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16928 Pritzwalk OT Sadenbeck | Prignitz |
Spätgotischer Feldsteinbau mit mächtigem Westquerturm und gestuftem Westportal (Ende 15. Jh.), Kirchenschiff 1833 erneuert und nach Osten verlängert. Innen dreiseitige Empore und Gestühl Ende 17. Jh., zwei barocke Schnitzfiguren und barocker Taufengel, 2015 saniert. Orgel (1893) von Robert Knauf aus Bleicherode (Thüringen), 1993 durch die Eberswalder Orgelwerkstatt restauriert. | Der Schlüssel für die Kirche ist bei Frau Margarete Hecht, Dorfstraße 25, Tel. 033989-40032, erhältlich. |
Dorfkirche Sadenbeck
Dorfkirche des Monats Februar 2015
Als vor wenigen Jahren das nicht mehr genutzte Pfarrhaus in Sadenbeck verkauft werden sollte, wurde zuvor das gesamte dazu gehörige große Grundstück bereinigt und aufgeräumt. Dabei fanden sich in einem mit uraltem Gerümpel gefüllten Schuppen des Gehöftes auch zwei nahezu lebensgroße hölzerne Schnitzfiguren aus der Barockzeit. Nachdem sie aus ihrer notdürftigen Verpackung befreit, von Staub und Spinnweben gereinigt und vorsichtig auf die Empore der Sadenbecker Dorfkirche gebracht worden waren, konnten die Skulpturen genauer in Augenschein genommen werden: Obwohl bei beiden der Kopf und die Hände fehlten, stellte sich heraus, dass es sich um recht qualitätsvolle Schnitzarbeiten handelt, die Engelsgestalten darstellen. Wie die Gestaltung der Gewänder zeigt, stammen beide Figuren wohl aus der Hand ein und desselben Schnitzers und lassen sich nach Auskunft von Kunsthistorikern mit ziemlicher Sicherheit der Werkstatt des Havelberger Bildhauers Heinrich Joachim Schulz zuordnen, der in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts in der Prignitz wirkte
Selbst im Inventar der Kunstdenkmäler des Kreises Ostprignitz von 1907 und in alten Aufzeichnungen im Gemeindearchiv finden sich keine Hinweise auf die Figuren, so dass ihre genaue Herkunft noch immer Rätsel aufgibt. Die kleinere Figur ist auf der Rückseite abgeflacht und könnte – wie Vergleichsbeispiele aus benachbarten Orten nahelegen – zum Schmuck eines barocken Altaraufsatzes gehört haben. Die zweite Skulptur lässt sich durch ein Bohrloch im Rücken zur Befestigung der Aufhängung, durch Flügelansätze und durch die Körperform eindeutig als Taufengel identifizieren.
Die Kirche des bereits recht früh im Besitz des nahen Klosters Heiligengrabe befindlichen, wenige Kilometer nordöstlich von Pritzwalk gelegenen Dorfes „Zadenbeke“ ist ein spätmittelalterlicher Bau der Mitte des 15. Jahrhunderts aus unregelmäßigem Feldsteinmauerwerk mit geradem Ostschluss und einem wuchtigen Feldsteinturm. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts wurde auf der Nordseite eine- wohl von der Wallfahrtsarchitektur im benachbarten Alt Krüssow beeinflusste – hübsche Backsteinvorhalle angebaut, deren fialenbekrönter Staffelgiebel von durchbrochenen Zierfriesen und Vierpassrosetten geschmückt ist. Bei einem Umbau im Jahr 1833 wurden das Kirchenschiff nach Osten verlängert und die Fenster vergrößert. Die hufeisenförmige Empore und das Gestühl stammen vom Ende des 17. Jahrhunderts. Die Orgel wurde 1893 von der der Firma Knauf im thüringischen Bleicherode geschaffen. Mitte der 80er Jahres des 20. Jahrhunderts bemalte die Ehefrau des damaligen Pfarrers Buchholz die Flachdecke mit floralen Motiven, die durchaus mit dem bescheiden-barocken Erscheinungsbild des Innenraumes harmonieren.
Nachdem nun überraschend die oben beschriebenen Engelsfiguren wiederentdeckt wurden, möchte die Gemeinde diese auf jeden Fall in ihre Kirche zurückholen. Zuvor jedoch sind umfangreiche Sicherungs- und Restaurierungsarbeiten an den arg mitgenommenen hölzernen Himmelsboten dringend notwendig. Lohnend ist diese Aufgabe auf jeden Fall. Trotz der großen Risse im Holz, der verlorenen Körperteile und den sichtbaren Spuren mehrerer Generationen von Holzwürmern strahlen die kunstvoll gearbeiteten Figuren eine feierliche Eleganz aus. Im Rahmen der Aktion „Menschen helfen Engeln“ sagte der Förderkreis Alte Kirchen Unterstützung zu. Im vergangenen Jahr gingen die Figuren dann bereits auf die Reise. Für sechs Monate wurden sie in der Paul-Gerhardt-Kirche im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg ausgestellt; immerhin etwa 900 Euro an Spenden konnten hier eingeworben werden. Weitere Gelder hat der Förderkreis Alte Kirchen bereits zugesagt. Und so konnten die beiden Engel aus der Berliner Kirche direkt weiterreisen in die Werkstatt des Restaurators Thoralf Herschel im havelländischen Falkensee. In Abstimmung mit dem Brandenburgischen Landesamt für Denkmalpflege und mit der Kirchengemeinde wird derzeit ein Restaurierungskonzept erarbeitet. Um einige der fehlenden Körperteile ergänzt, werden sie dann hoffentlich bald wieder in ihre angestammte Dorfkirche in Sadenbeck zurückkehren können.
Zum Weiterlesen: Der Prignitzer vom 05. März 2015: Wiederbelebung eines Engels Märkische Allgemeine vom 31. August 2018: Sadenbecker Kirche: Sanierung fast fertig Märkische Allgemeine vom 07. Oktober 2018: Erster Gottesdienst unter neuem Kirchendach