Dorfkirche Marzahne
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![]() Steckbrief
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14798 Havelsee OT Marzahne | Potsdam-Mittelmark |
Feldsteinbau des 13. Jh., nach Brand 1607 verändert wieder aufgebaut, Traufgesims mit Schiffsdekor, wuchtiger gotischer Ziegelturm, Kanzelaltar, Farbglasfenster "Die Emmaus-Jünger" von H.-J. Burgert. | Schlüssel nach Anmeldung bei H. Preuß, Marzahner Str. 27, Tel. 033834-408977 |
Kirchenförderverein Havelsee e.V. Kirchenförderverein Havelsee e.V. Gemeinsamer Förderverein der Ortsteile Pritzerbe, Fohrde, Hohenferchesar und Marzahne E-Mail: info@vierhavelkirchen.de |
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Herabstürzendes Mauerwerk gefährdete Hochzeit – die Dorfkirche Marzahne in Potsdam Mittelmark
Hans Tödtmann
Am 22. September 2020 erreichte den Förderkreis Alte Kirchen Berlin-Brandenburg e.V. ein Hilferuf aus Marzahne. Es seien kürzlich Mauerwerksteile vom Dachgesims des Marzahner Kirchturms herabgestürzt. Der Bereich um den Turm herum einschließlich des Kirchenportals sei jetzt abgesperrt, die Kirche geschlossen. In vier Wochen solle dort aber eine kirchliche Trauung stattfinden. Was tun? Die Denkmalschutzbehörde erlaubte und unterstützte zur akuten Gefahrenabwehr kurzfristig die Entfernung weiterer loser Mauerwerksteile vom Turmgesims. Die örtliche Freiwillige Feuerwehr führte die Aktion schon am 09. Oktober 2020 mit Hilfe einer Hubbühne durch. Die Pfarrerin sorgte für die Verpflegung der engagierten Helfer. Die Gefahr war gebannt. Das Kirchenportal wurde mit einer grünen Girlande und rosa Röschen festlich geschmückt. Die Hochzeit war gerettet.
Mehr als vier Jahre später rückt jetzt die Sanierung des Mahrzahner Kirchturms in greifbare Nähe – ein Anlass, die Marzahner Dorfkirche einmal genauer zu betrachten.
Marzahne ist ein langgestrecktes Straßendorf am nördlichen Rand des Landkreises Potsdam-Mittelmark. Es liegt an der Landstraße Brandenburg – Rathenow, etwa 10 km von der Stadt Brandenburg an der Havel entfernt. Seit 2008 ist Marzahne ein Ortsteil der Stadt Havelsee, die ihrerseits 2002 durch den Zusammenschluss der Stadt Pritzerbe mit einigen umliegenden Dörfern entstand. Marzahne ist mit 217 Einwohnern (2021) das kleinste dieser Dörfer.
Analog bildet sich die Evangelische Kirchengemeinde Havelsee aus den Kirchengemeinden Pritzerbe, Fohrde, Hohenferchesar und Marzahne. In Marzahne leben etwa 40 Gemeindemitglieder. Die vakante Pfarrstelle wird aktuell durch Vertretungen wahrgenommen. Es finden daher nur noch acht Gottesdienste im Jahr statt, dazu kommen die hohen Festtage. Feste Bestandteile des Marzahner Kirchenjahres sind der Martinsumzug und das Krippenspiel an Heiligabend.
Die Dorfkirche Marzahne liegt ein wenig von der Straße zurückversetzt, inmitten des Kirchhofs. Eine große Eiche verdeckt zu einem guten Teil die Sicht auf den wuchtigen, in Backstein ausgeführten Kirchturm. Und der breite Turm wiederum verdeckt das dahinter liegende ein wenig schmalere Kirchenschiff. Der Weg führt auf das bescheidene Turmportal gerade zu. Über der schmalen Eingangstür findet sich unterhalb des spitzbogigen Gewändes die Jahreszahl 1888. Einer am Zaun zum Friedhof angebrachten Schrifttafel ist zu entnehmen, dass in dem genannten Jahr Turm und Dachreiter erneuert wurden. Für den Dachreiter trifft die Jahreszahl zu, der Turm ist aber viel älter. Aufgrund bautechnischer und stilistischer Merkmale wird er der Spätgotik (2. Hälfte des 15. Jh.) zugeordnet.
Noch älter ist der in Mauerwerk aus gespaltenen Feldsteinen ausgeführte Chor. Er wurde 1217 anstelle einer schon 1186 urkundlich erwähnten Kapelle als Kirche erbaut. Die Kirche wurde ihrerseits vermutlich Anfang des 15. Jahrhunderts nach Westen um ein recht kurzes Kirchenschiff erweitert, bevor der Turm angefügt wurde. 1607 wurde der Chor nach einem Brand durch ein sehr schönes, mit Schiffsboden- und Tauwerksdekor versehenes Holzgesims aufgestockt, sodass der neue Dachstuhl einheitlich über Chor und Schiff gezogen werden konnte. Der Innenraum erhielt auf diese Weise eine einheitlich hohe Flachdecke mit gekehlten, in verschiedenen Farben ansprechend gefassten Holzbalken.
Der sehenswerte Kanzelaltar wurde 1772 im Rokoko-Stil von dem Brandenburger Domzimmermeister Herzer gemeinsam mit dem Domtischler Binterim erbaut. Hinter der Kanzel befindet sich eine Chorempore. In das Kirchenschiff wurde auf zierlichen Stützen eine hufeisenförmige Empore eingefügt, in deren Mitte die noch heute gespielte Orgel von 1831 steht. Bemerkenswert sind vier farbige Bleiglasfenster, darunter eine Darstellung der Emmaus-Jünger, von dem Berliner Künstler Hans-Joachim Burgert (1929-2009).
Der Schwerpunkt der bevorstehenden Sicherungs- und Instandsetzungsarbeiten am Kirchturm liegt in der statischen Sanierung der zahlreichen Vertikalrisse im Turmmauerwerk sowie der denkmalgerechten Erneuerung des gemauerten Turmgesimses. Dazu gehört die Entfernung verwitterter Balken und die Herstellung einer dauerhaften Rückverankerung. Die geborgenen Backsteine des Gesimses sollen möglichst wiederverwendet werden. Der Gesimsputz und das Putzband unter dem Gesims werden erneuert. Beschädigte Ziegel der Sohlbänke von Turmluken und Zierblenden werden ersetzt. Die Gesamtkosten der Turmsanierung werden auf € 150.000 geschätzt. Nicht weniger als neun Institutionen sollen in die Finanzierung eingebunden werden. Bisher hat jedoch erst ein Teil der Fördergeber verbindlich zugesagt. Schmerzlich ist, dass der Kirchenkreis sich nur zu einem Darlehen bereitfindet. Die Kirchengemeinde ist daher auf Spenden in Höhe von insgesamt 20.000 Euro angewiesen, um diese Mittel zurückzahlen zu können.
Der Kirchturm erhielt 1831 ein Walmdach mit hohem, weithin sichtbarem Dachreiter. Dieser musste 1996 wegen Baufälligkeit der sogenannten Laterne heruntergenommen werden. Seitdem besteht die Turmzier nur noch aus einem kleinen Aufsatz mit Knopf und Windfahne. Der spitze kupfergedeckte Helm des Dachreiters steht heute zur Erinnerung unter der Eiche vor der Kirche. Jan van Lessen, der Vorsitzende des Kirchenfördervereins Havelsee, hält die Wiedererrichtung des Dachreiters auf lange Sicht für unrealistisch. Er ist froh, wenn im Frühjahr 2025 die Finanzierung der Turmsanierung wirklich gesichert sein wird und mit den Bauarbeiten begonnen werden kann.
Bitte unterstützen Sie die Turmsanierung Marzahne mit Ihrer Spende!
Adresse der Kirche: Marzahner Straße, 14798 Havelsee OT Marzahne
Kirchengemeinde: Marktstraße 6, 14798 Havelsee, Tel. 033834-50239, www.ekmb.de/de/havelsee/
Förderverein: Kirchenförderverein Havelsee e.V., info@vierhavelkirchen.de, www.vierhavelkirchen.net
Spendenkonto: Förderkreis Alte Kirchen Berlin-Brandenburg e.V.
Evangelische Bank – IBAN: DE94 5206 0410 0003 9113 90
Verwendungszweck: Kirche Marzahne