Dorfkirche Golzow bei Chorin
Steckbrief
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16230 Chorin OT Golzow | Barnim |
Feldsteinbau des 13. Jh., 1894/97 neugotisch erweitert, Sauer-Orgel | Von Ostern bis Erntedank tägl. von 9 - 21 Uhr geöffnet. Ein Audiogerät lädt zum Zuhören von Geschichte und Geschichten der Region ein, www.kirchengemeinde-joachimsthal.de |
Das Dorf Golzow liegt etwa auf halber Strecke zwischen Eberswalde und Joachimsthal und gehört zum 1992 gegründeten Amt Britz-Chorin-Oderberg. Durch die reizvolle Lage im Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin und die Nähe zum Klostert Chorin zieht es in letzter Zeit nicht wenige Touristen, hauptsächlich Radfahrer, in den Ort. Sie finden in den Sommermonaten hier eine täglich geöffnete Kirche vor. Über den beidseitig mit Linden bepflanzten breiten Dorfanger schreitet der Besucher buchstäblich auf die Golzower Dorfkirche zu, im Blick den mit 63 Metern höchsten Dorfkirchturm der Region.
Erstmals fand der Ort Golzow, damals zu großen Teilen im Besitz des Klosters Mariensee bzw. Chorin, im Jahre 1258 eine urkundliche Erwähnung. Wenige Jahre später (1277) wurde der Ort bereits als villa (Städtchen) bezeichnet; auch wurde bereits über einen eigenen Pfarrer berichtet. Etwa zu dieser Zeit – in der Mitte des 13. Jahrhunderts – muss auch die Feldsteinkirche mit eingezogenem Rechteckchor entstanden sein, von der heute nur noch der hohe Sockelbereich, ein vermauertes Spitzbogenportal auf der Südseite und die gestaffelte Drillingsblende im Ostgiebel zu erkennen sind. Nach Plänen des Regierungsbaurates Schröder erfolgte zwischen 1894 und 1898 ein einschneidender Umbau unter Verwendung von Feldsteinen und Backsteinmaterial in reichen neugotischen Formen. Der hohe Westturm mit seinem Spitzhelm fand bereits Erwähnung; auf seiner Südseite entstand ein seitliches Treppenhaus, als nördliches Pendant der Anbau einer Remise. Pfarrer der Gemeinde war damals übrigens Dr. Rudolf Ohle, der später als Superintendent in Prenzlau wirkte und Autor zahlreicher lokalgeschichtlicher Veröffentlichungen, speziell über die uckermärkischen Feldsteinkirchen, war.
Der hohe Innenraum mit dem darüber liegenden Hängewerk der Holzdachtragkonstruktion weist an der Deckenunterseite eine ungewöhnlich reichhaltige und qualitätsvolle Ausmalung aus der Zeit des Umbaus auf. Auf der dreiseitigen Empore befindet sich eine zweimanualige Orgel der Firma Sauer (Frankfurt/Oder). Der barocke Kanzelaltar aus dem Jahr 1705 wurde aus dem Vorgängerbau übernommen.
Nachdem zu DDR-Zeiten lediglich Notreparaturen stattfinden konnten, wurde in den Jahren 2008/2009 umfangreiche ingenieurtechnische Untersuchungen, unterstützt durch die BTU Cottbus-Senftenberg und die Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde, durchgeführt. Im Ergebnis zeigten sich akute Schäden an den Traghölzern der Dächer des Kirchenschiffes und des Turmes. Die sichtbaren Stahlzuganker unterhalb der Decke im Schiff waren bereits erkennbar wirkungslos und es musste eine Notsicherung des Dachtragwerkes eingebaut werden. Bianka Wrensch, Vorsitzende des Gemeindekirchenrates, stellte damals fest, dass das Schadensbild an den Dachtragwerken des Kirchenschiffes befürchten lasse, dass „das Dach jederzeit zusammenkrachen kann.“ In der Golzower Kirche wurde unter dem Titel „Denkmal in Not“ eine Ausstellung mit Schadensfotos organisiert und um Spenden gebeten. Bis zum Abschluss der Notsicherung musste das Kirchengebäude dann sogar vorübergehend gesperrt werden.
Anträge wurden geschrieben. Um Eigenmittel bereitstellen zu können, verkaufte die Gemeinde ihr Pfarrhaus. Mit der Ortsgemeinde Chorin wurde ein Nutzungsvertrag geschlossen, was es schließlich ermöglichte, 2012 EU-Mittel aus dem Programm „Integrierte ländliche Entwicklung“ (ILE) bewilligt zu bekommen. Das Schadensbild hatte sich noch ausgeweitet; inzwischen hatte sich auch der Turm sichtbar geneigt. Zusätzlich wurde der Echte Hausschwamm im Turmhut oberhalb der Glockenebene entdeckt.
Durch Zuwendungen der Landeskirche und des Kirchenkreises sowie des Landkreises Barnim und durch zahlreiche Spenden aus dem Dorf gelang es, auch diese Hürde zu nehmen. Pfingsten 2014 konnte die Golzower Kirche in ihrer vollsten Pracht wieder ihrer Bestimmung übergeben werden.
Nach dem erfolgreichen Abschluss der umfangreichen Instandsetzungsarbeiten soll nun auch noch ein besonderes Prachtstück in die Kirche zurückkehren. Erhalten blieb in Golzow ein um 1700 entstandener zweispänniger Bestattungswagen, der vor etwa fünf Jahren von Studenten der Hochschule für nachhaltige Entwicklung, Fachbereich Holzingenieurwesen, in Eberswalde unter der Leitung von Prof. Dr. Schwarz und in enger Abstimmung mit den Denkmalbehörden vorbildlich restauriert wurde. Das Gefährt stellt ein in unserer Region wohl einmaliges Zeugnis der Bestattungskultur dar. Derzeit steht der Wagen in der Lagerhalle eines örtlichen Unternehmers. Möglichst bald jedoch soll er in die seitlich an die Kirche angebaute Remise zurückkehren, wo er bereits seit 1897 seinen festen Platz hatte, und dort der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Dafür muss jedoch das historische Eingangsportal der Remise restauriert werden. Der Förderkreis Alte Kirchen stellt für das Vorhaben einen Zuschuss in Höhe von 3.000 Euro zur Verfügung.
Schon jetzt ist ein Besuch der offenen Kirche in Golzow sehr zu empfehlen. Über eine Audiobox im Eingangsbereich sind kirchliche und weltliche Geschichten abrufbar. Mit etwas Glück kann auch Dohlen, Falken oder sogar eine Schleiereule sehen, welche über ein Artenschutzprogramm des NaturSchutzFonds Brandenburg neue Nistmöglichkeiten im Bereich der Schallluken erhalten haben.man im Außenbereich Weitere Informationen: Bianka Wrensch; Mail: b.wrensch@tischlerei-wrensch.de