Dorfkirche Brodowin
Steckbrief
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16230 Chorin OT Brodowin | Barnim |
Neugotischer Bau von F. A. Stüler (1852), sorgfältig gearbeitetes Feldsteinmauerwerk im Verbund mit Backsteingiebeln u. -turm, schlichter Innenraum in ursprünglicher Farbgebung | Von Ostern bis Erntedank an Wochenenden offen, sonst Anmeldung u. Schlüssel bei Pfr. Andreas Lorenz, Dorfstr. 11, Tel. 033362-70808, oder bei Lothar Wilke, Dorfstr. 6, Tel. 033362-70362. Jährliche Veranstaltungsreihe "Kirchensommer Brodowin", www.kirchensommer-brodowin.de |
Dorfkirche Brodowin
Dorfkirche des Monats April 2013
Als „Ökodorf“ ist Brodowin inzwischen weit über die Region hinaus bekannt. Milchprodukte und Eier, Gemüse und Wurst aus dem zwischen Angermünde und Oderberg am Ufer des Parsteinsees gelegenen Ort fehlen in keinem halbwegs gut sortierten Bioladen Berlins. Seit kurzem ist Brodowin um eine Attraktion reicher: Nach der umfassenden Sanierung des Baukörpers und einer am historischen Vorbild orientierten Restaurierung des Innenraumes ist die Brodowiner Kirche zu einer wirklichen Sehenswürdigkeit geworden.
Erstmals urkundlich erwähnt wird das Dorf Brodowin im Jahr 1258; es gehörte zur Ausstattung des in diesem Jahr gegründeten Klosters Mariensee, aus dem kurz darauf das Zisterzienserkloster Chorin hervorging. Nach der Säkularisierung des Klosterbesitzes verblieb der Ort im Eigentum des Kurfürstlichen (später Königlichen) Domänenamtes Chorin. Bevölkerungsverluste durch den Dreißigjährigen Krieg wurden durch die Ansiedlung hugenottischer Glaubensflüchtlinge allmählich wieder ausgeglichen, so dass Brodowin im 19. Jahrhundert „ein kräftig entwickeltes Dorf“ mit ständig wachsender Einwohnerzahl war. Im August 1848 jedoch fielen einem Dorfbrand nicht nur zahlreiche Bauernhöfe, sondern auch die barocke Kirche zum Opfer.
Relativ schnell stellte der preußische König Friedrich Wilhelm IV. finanzielle Mittel für einen Kirchenneubau zur Verfügung und beauftragte mit der Planung seinen Architekten Friedrich August Stüler. Bereits am 12. Juni 1853 konnte in Anwesenheit des Königs der Kirchenneubau geweiht werden. Entstanden ist ein aufwändiger Saalbau mit Apsis und einem 36 Meter hohen spitzen Turm in den Formen der Neugotik. Während die Mauern des Kirchenschiffes aus sauber gespaltenen und farblich genau abgestimmten Feldsteinen besteht, wurden der Turm mit seinem durchgehend gemauerten oktogonalen Spitzhelm, der westliche Ziergiebel, die spitzbogigen Fenstergewände und weitere Gliederungselemente aus rotem Backstein gemauert. Im Innenraum blieb unter einem offenen Dachstuhl die einheitliche Ausstattung der Bauzeit erhalten, die sich jedoch ñ wie auch das Kirchengebäude selbst ñ bis vor kurzem noch in einem ziemlich desolaten Zustand befand.
Nachdem bereits 2005 der Kirchturm gesichert und instandgesetzt werden konnte, war es nun, dank einer Grundfinanzierung aus EU-Mitteln, seit 2012 möglich, das gesamte Kirchengebäude denkmalgerecht zu sanieren. Ein wesentlicher Teil der Hölzer des Dachstuhls wurde ausgetauscht und das Dach neu mit Schiefer gedeckt. Dank Spenden konnte auch die Turmuhr repariert werden. Die größte Überraschung bietet jedoch nach Abschluss der Arbeiten der Innenraum, der seine originale, von Friedrich August Stüler konzipierte, lange jedoch unter späteren Übermalungen verborgene, originale Farbigkeit wieder erhielt. Während lange Zeit dunkelbraune Holz- und weiße Wandflächen einen eher kargen Anblick boten, dominieren nun zum Teil recht kräftige Farben: Die Wände sind in einem warmen Goldockerton gehalten und werden durch akzentuierende farbige Zierstriche gegliedert. Das Orgelgehäuse erstrahlt in auffälligem Grün. Alle Fenster sind neu bleiverglast und die alten Scheiben haben ganz neue Strahlkraft erlangt.
An der östlichen Wand wurden links und rechts der Apsis zwei etwa doppelt lebensgroße Engelsbilder wiederentdeckt. Da diese Figuren durch mehrfaches Überstreichen mit ungeeigneten Farben nicht mehr komplett erhalten sind und Details nicht nachvollziehbar sind, wurden die Engel nur als Fragmente freigelegt und wirken dadurch fast transparent. Mit ihren Attributen ñ einem Buch für das Evangelium auf der linken und einem Kelch für das Abendmahl auf der rechten Seite symbolisieren sie Wort und Sakrament ñ die beiden Säulen des protestantischen Gottesdienstes ñ und geben dem Raum in ihrer jetzigen Form eine fast etwas mystische Ansicht.
Aufgrund von starker Schädigung durch Holzwurmbefall und Verseuchung durch das Holzschutzmittel Hylotox war das Gestühl nicht zu retten; es wurde nach altem Vorbild neu hergestellt. Um erneute Schäden durch Kondensfeuchte an den Wänden zu vermeiden, wurde eine raumumlaufende Sockelheizung eingebaut. Noch sind die Arbeiten nicht vollständig abgeschlossen; so sollen das äußere Mauerwerk neu verfugt und fehlende Zwickelsteine ersetzt werden, sobald die Temperaturen dies zulassen. Auch an der Emporenbrüstung bedürfen zu retuschierende Schablonenmuster und Begleitstriche noch sorgfältiger restauratorischer Behandlung. Trotzdem wurde am Palmsonntag, dem Sonntag vor dem Osterfest, bereits die Einweihung der sanierten, zu diesem Anlass bis auf den letzten Platz besetzten, Brodowiner Kirche mit einem Festgottesdienst feierlich begangen, in dem Generalsuperintendentin Heilgard Asmus die Predigt hielt.
Nachdem wegen der Bauarbeiten im vergangenen Jahr der traditionelle „Kirchensommer Brodowin“ nur mit einem Notprogramm stattfinden konnte, laden 2013 insgesamt neun hochkarätige Konzerte zu einem Besuch ein ñ jedes einzelne davon ein Grund, Brodowin und seiner renovierten Kirche einen Besuch abzustatten!
Weitere Informationen: Ev. Pfarramt Brodowin-Chorin; Pfarrer Andreas Lorenz; Brodowiner Dorfstr. 11; 16230 Chorin; Tel.: (03 33 62) 7 08 08; Mail: brodowin@kirche-barnim.de
Pressespiegel (mit weiteren Bildern): Märkische Oderzeitung vom 27. März 2012: Unters Kirchendach gestiegen Märkische Oderzeitung vom 26. Oktober 2012: Mit neuer Farbigkeit zurück zu Stüler Märkische Oderzeitung vom 23. März 2013: Stülers Originalpracht plus Sitzheizung