von Wolf-Rainer Marx

„Öffnet die Türen, auf dass unser Haus voll werde.“

Die Hörspielkirche Prensdorf

Wolf-Rainer Marx, Informatiker, ist Mitglied im Förderkreis Alte Kirchen Berlin-Brandenburg e. V.

Innenraum der Dorfkirche Prensdorf nach Osten; Foto: Uwe Donath

Zwei Routen des bei Radlern und Skateboardern beliebten Fläming-Skates führen durch Prensdorf, einen Hundert-Seelen-Ort ein paar Kilometer nord-östlich von Dahme / Mark, und dort direkt an der Kirchentür vorbei. Die schließt Eckhard Schliebner von April bis Oktober jeden Morgen um 8.00 Uhr auf. Wer die Einladung annimmt, betritt einen hellen, gut proportionierten Raum und ist verzaubert. Die Decke, alle Balken, die Kanzel, die Empore, die Seitenwände der Bänke sind mit Blumen und Girlanden bemalt, weiß-blau, Bauern-Barock, kein Motiv gleicht dem anderen und bei keinem wurde eine Schablone verwendet. Der Altar von 1697, den jeden Tag frische Blumen schmücken, ist tiefschwarz, zeigt auf Ölgemälden Abendmahl, Kreuzigung und Auferstehung und ist mit gedrehten Weinlaubsäulen verziert, in den Schnitzwangen stehen zwei Engel. Die sechsseitige Kuppa der Sandsteintaufe schmücken Engelsköpfchen. Vor der Treppe zur Kanzel sieht man einen evangelischen Beichtstuhl, einen geschützten Vorbau für seelsorgerische Gespräche.

Auf einem Pult am Eingang rechts liegt eine Computertastatur, deren Geschichte vor zwei Jahren begann:

Im Frühjahr 2017 saßen die „Freunde des Kirchturms Prensdorf“ wieder einmal zusammen und suchten nach neuen Ideen für ihren Leitspruch „Öffnet die Türen, auf dass unser Haus voll werde“. Theater? Film? Haben keine Chance in dieser farbenfrohen Umgebung. Konzerte, Lesungen, Ausstellungen? Machen wir bereits, andere aber auch. Britta Rostalsky, die Pfarrerin, erinnerte sich, dass der alte Kaiserbahnhof in Joachimsthal im Barnim Deutschlands erster Hörspielbahnhof wurde. Das passte zur guten Akustik ihrer Kirche und sie vereinbarten einen Termin in Joachimsthal. Der Kontakt war anregend und es stand fest: Das ist es. Die erste Hörspielkirche Deutschlands konnten sie allerdings nicht mehr werden, das ist seit 2006 die Kirche in Federow am Eingang zum Müritz-Nationalpark. Also fuhren sie auch dort hin, dann wussten sie genug und begannen zu planen.

2017 wurden die Sanierung des Turms und die Restaurierung der Deckenmalerei abgeschlossen und 2018 die Elektrik der Kirche ertüchtigt. Insgesamt ca. 305.000 Euro kostete die Sanierung und noch einmal 60.000 Euro die Elektrik. Es wurde jeder erreichbare Fördertopf angezapft. Britta Rostalsky, die mit einer halben Pfarrstelle sieben Kirchen zu betreuen hat, ist eine großartige Haushälterin. Das Projekt „Hörspielkirche Prensdorf“ konnte beginnen.

Altar und Taufe in der Dorfkirche Prensdorf;
Fotos: Doreen Roy

Der Besucher kann über die Tastatur zwischen elf Hördateien wählen: der Willkommensgruß der Pfarrerin, Gedichte in Dahmschem Platt gesprochen von Oberschülern, das Dahmelied gesungen vom Männerchor 1846 Dahme, Musik der Schuke-Orgel. In diesem Jahr wird noch eine Führung durch die Kirche dazukommen. Später noch christliche Texte, Sagen aus dem Fläming, Geschichten für Kinder. Kurze Stücke für eilige Touristen.

Mehrmals im Jahr locken Hörspielnachmittage die Besucher aus Nah und Fern. Zum Beispiel das Kapitel „Die Ankunft“ aus dem Kinderbuch „Anne auf Green Gables“ oder die verzwickte Sherlock-Holmes-Geschichte „Die fünf Orangenkerne“. Und vor der Kirche schlägt danach immer die große Stunde von Doreen Roy: Es gibt Kaffee, Kuchen und Geselligkeit. Ursprünglich sollten zwei Hörspiele im Wechsel angeboten werden, 2018 wurden es dann vier, 2019 sollen es sechs werden. Sie werden sorgsam ausgewählt, zusammen mit dem Titania Medien Verlag oder dem Buchfunk Verlag. Außerdem: Die Lizenzkosten müssen durch die Einnahmen aus Spenden gedeckt werden. Bis jetzt hat es funktioniert.

Als Ines Kafert im vergangenen Jahr die reiche Pflaumenernte sah, kam ihr eine Idee. Doreen Roy, zusammen mit Helfern, die unter den Prensdorfern immer leicht zu finden sind, kochte Pflaumenmus und füllte es in fast hundert Gläser. Die vertrieb Britta Rostalsky bei allen Veranstaltungen in ihrem Pfarrsprengel. Es kam Geld in die Kasse und der Aufdruck auf den Gläsern machte Prensdorf noch bekannter. So funktioniert die Zusammenarbeit im Dorf. Ines Kafert hat noch viele Ideen.

Wer spürt, dass er wieder Kraft tanken muss, blickt in eins der Gästebücher (derzeit liegt das dritte aus) und liest dort: „In dieser Kirche sind meine Ur-, Ur-, Ur-, Ur-, Ur-Ahnen (15. Jahrhundert) getauft worden. Wir sind beeindruckt von diesem wunderschönen Kirchlein.“, oder „Was für ein gelungener Sommersonntag!“ (nach einem Hörspielnachmittag) oder – denn zuallererst ist es ein Gotteshaus – „Es war wunderbar, einen so schönen, von 120 Personen besuchten Gottesdienst zu erleben.“

Wer spürt, dass er wieder Kraft tanken muss, blickt in eins der Gästebücher (derzeit liegt das dritte aus) und liest dort: „In dieser Kirche sind meine Ur-, Ur-, Ur-, Ur-, Ur-Ahnen (15. Jahrhundert) getauft worden. Wir sind beeindruckt von diesem wunderschönen Kirchlein.“, oder „Was für ein gelungener Sommersonntag!“ (nach einem Hörspielnachmittag) oder – denn zuallererst ist es ein Gotteshaus – „Es war wunderbar, einen so schönen, von 120 Personen besuchten Gottesdienst zu erleben.“

Der Veranstaltungsplan
Dieser kann nachgelesen werden unter
www.hoerspielkirche-prensdorf.de.
Sie sind herzlich eingeladen!

Der Beitrag entstand in Zusammenarbeit mit den Freunden der Hörspielkirche Prensdorf.

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