Die NABU-Kirche in Neu Temmen
Ralf Schwieger ist Pfarrer im Pfarrsprengel Friedrichswalde, zu dem insgesamt fünf Predigtorte im Barnim und in der Uckermark gehören, darunter auch Neu Temmen.
Eine kleine, weiße Fachwerkkirche auf einem uckermärkischen Hügel, wo die Nachtigallen singen. Hier scheint die Zeit still zu stehen – und sie stand auch sehr lange ganz still. Einmal im Monat fanden sich drei, mitunter vier oder fünf ältere Menschen zum Gottesdienst ein; sie sangen und beteten gegen den demografischen Wandel an. Und weil sie so eine eingeschworene Gemeinschaft waren, wollten sie nach dem Gottesdienst nicht sofort nach Hause gehen. Es wurde also Kaffee gekocht und Kuchen mitgebracht und draußen auf dem Kirchplatz hat man gegessen, getrunken, gelacht und erzählt.
Diese fromm-fröhliche Gemeinschaft lockte mit der Zeit wie durch ein Wunder, immer mehr Menschen an. Es kamen schließlich auch zugezogene Neubürger, die vom Duft frischen Kaffees und selbstgebackenen Kuchens und von den alten Geschichten und dem Lachen der Kirchgänger angezogen wurden. Doch ohne Gottesdienst gibt es hier keinen Kaffee, erklärten die Alteingesessenen.
Und da saßen sie dann alle zusammen im Gottesdienst, und vieles war neu und ungewohnt. Aber sie sangen mit, sie hörten zu, lernten das Vaterunser und das Glaubensbekenntnis. Sie diskutierten mit den „Ureinwohnern“ bei Kaffee und Kuchen und erzählten von ihren Visionen. Und in kleinen Schritten veränderten wir uns.
Irgendwann beschlossen sie:
Wir bauen Kirche. Eine Kirche für Alt und Jung, für Ureinwohner und Zugezogene – eine Kirche, die zum Ort für Nachhaltigkeit und die Bewahrung der Schöpfung werden soll. Einen Ort, an dem das Leben in der uralten Kulturlandschaft der Uckermark gefeiert werden soll. Im Naturschutzbund Deutschland (NABU) fanden wir einen Partner und nun entsteht sie langsam: die NABU-Kirche Neu Temmen.
Es treffen sich hier Menschen, die so unterschiedlich sind wie die Akteure dieser Region:
Berliner und Brandenburger, Grüne und CDU-Wähler, Konventionelle und Biobauern, Land- und Waldbesitzer, Vegetarier und Jäger. Sie alle eint die Sorge um die Schwächsten unserer Region: Bäume und Blumen, Frösche, Insekten, Vögel…
Die NABU-Kirche predigt Naturschutz durch den Bewusstseinswandel in uns, durch den sanften Umgang mit der Natur, durch langsame, nachhaltige Ansätze in der Land- und Forstwirtschaft, durch mehr Raum, den wir selber in unseren Gärten, auf unseren Feldern den bedrohten Arten einräumen.
Diese christliche Idee des Zusammenlebens aller Arten und Lebensformen ist zeitlos und soll in der NABU-Kirche Neu Temmen von den Bewohnern unserer Landschaft liebevoll bewahrt werden.
Historisches
Neu Temmen wurde 1743 als Rittervorwerk am „Schmalen Temmen” durch Alexander von Arnim gegründet. Er erbaute sich bald ein „adliges Haus”, wo er selbst seinen Wohnsitz nahm. Hier ließ er auch Gottesdienste abhalten, da es keine Kirche gab. Die Zahl der Gemeindeglieder wuchs an, so dass die zum Gottesdienst gewidmete Stube nicht mehr alle fassen konnte. Daraufhin bat er den König um Erlaubnis, eine Kirche bauen zu dürfen.
Die Genehmigung ist sofort erteilt worden.
Im Jahr 1749 erfolgte der Neubau der kleinen Fachwerkkirche am höchsten Punkt des Ortes (58 Fuß lang, 22 Fuß breit) mit Westturm, Satteldach und nördlicher Eingangshalle. Der Westturm ist etwas später angebaut worden; er ist bekrönt von einer Pyramide und einem kleinem Aufsatz mit Kugel und Wetterfahne, darin die Inschrift „A. v. A. 1749”. Im Westgiebel des Turmes befindet sich das Zifferblatt einer alten Uhr mit einem Zeiger. Das Uhrwerk wurde leider 1945 demontiert. 1746 wurde bereits die Glocke gegossen, gestiftet ebenfalls von Alexander von Arnim. Der Kanzelaltar in der Kirche ist aus dem 18. Jahrhundert, seitlich eingefasst von zwei korinthischen Pilastern. Ebenfalls aus dem 18. Jahrhundert ist die Taufe mit einem balusterförmigen vierseitigem Fuß. Mehrere Ölbilder aus dem 17.und
18. Jahrhundert stammen aus spanischen Kirchen.
Eine Figur Martin Luthers entstand 1995. Die Kirche wurde auf seinen Namen geweiht.