Buchtipp

Mittelalterliche Zisterzienserinnenklöster im südlichen Ostseeraum

Die erste urkundliche Erwähnung des Zisterzienserinnenklosters Marienwerder in Seehausen (Uckermark) stammt aus dem Jahr 1250, als Bischof Wilhelm I. von Kammin allen Gläubigen einen vierzigtägigen Ablass gewährte, die zum Bau des Klosters beisteuern würden. Die Existenz eines Konventes ist für 1263/64 bestätigt. Die Nonnen kamen hauptsächlich aus dem regionalen uckermärkischen Adel. Auch der Besitz des Klosters ersteckte sich auf Dörfer der unmittelbaren Umgebung. Über die Einführung der Reformation ist wenig bekannt. Zum Zeitpunkt der ersten Kirchenvisitation 1543 wird berichtet, dass sich damals noch die Äbtissin („Domina“) und eine geringe Zahl von Nonnen im Kloster aufhielten. Dies scheint 1545 ein Ende gefunden zu haben, als das Kloster abbrannte und nicht wieder aufgebaut wurde. Die Reste der Gebäude wurden später zur Gewinnung von Baumaterial vollständig abgetragen. Heute steht der Besucher auf einer grünen Wiese direkt am Oberuckersee, von den einstigen Klosterbauten ist oberirdisch nichts mehr zu finden. 

Bereits zwischen 1984 und 1991 fanden auf der Seehausener Klosterhalbinsel und im angrenzenden See Ausgrabungen und Unterwasserforschungen des Prenzlauer Museums statt. Schon damals wurde bei den Tauchgängen eine überregional bedeutende Anzahl an Gegenständen der Alltagskultur eines Frauenklosters geborgen. 2011/12 wurden die Forschungen vor Ort mit modernster Technik fortgesetzt. Die Funde, die im Prenzlauer Museum im Dominikanerkloster lagern und zum Teil ausgestellt sind, bieten einen äußerst intensiven Einblick in das religiöse, aber auch private Leben der Konventualinnen. 

Im September 2019 fand im Prenzlauer Dominikanerkloster eine interdisziplinäre Tagung statt, die die Seehausener archäologischen Funde nicht nur auswertete, sondern sie in einen überregionalen Kontext stellte. In zwanzig Vorträgen wurden Antworten auf die Frage gesucht: Was tragen diese Objekte zum Verständnis der Religiosität, der Alltagsgestaltung, der ökonomischen Organisation und der politisch-gesellschaftlichen Aktivitäten bei? Vorgestellt wurden auch die Ergebnisse der 2011/12 durchgeführten Ausgrabungen und geophysikalischen Untersuchungen, die nun die Rekonstruktion des Klosterkomplexes mit einer einfachen Saalkirche, einer anschließenden Klausur in Backsteingotik sowie mit einem ausgedehnten vorgelagerten Wirtschaftshof erlauben. 

Erstaunlich zeitnah ist kurz nach der Jahreswende der Tagungsband erschienen, der alle Beiträge der Prenzlauer Tagung versammelt und mit reichem Bildmaterial sowie mit einem umfangreichen Personen- und Ortsregister versehen ist. Schriftliche Quellen zur Geschichte des Seehausener Zisterzienserinnenklosters sind nur spärlich überliefert. Etwa 25.000 (!) große und kleine Funde allein bei den Tauchgängen geben einen unschätzbaren Einblick in das Alltagsleben seiner Bewohnerinnen.

Felix Biermann, Katrin Frey und Gudrun Gleba (Hrsg.): Mittelalterliche Zisterzienserinnenklöster im südwestlichen Ostseeraum. Materielles Gut zwischen Alltag und Spiritualität. Brandenburgisches Landesamt für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseum, Wünsdorf 2020. 32,80 EUR;   ISBN 978-3-910011-98-4