Buchtipp

Mittelalterliche Wandmalereien in Dorfkirchen der Diözese Brandenburg

Die Innenräume unserer Kirchen – selbst der kleinen Dorfkirchen – müssen wir uns in vorreformatorischer Zeit äußerst farbenfroh vorstellen. Bildzyklen zeigten das Leben, die Passion und die Erhöhung Christi, sie illustrierten die Vita von Heiligen und mahnten durch Darstellung von Weltgericht und Hölle zu einem gottgefälligen Leben. Darstellungen des Heiligen Christophorus sollten vor einem plötzlichen Tod schützen. Die Wirkung dieser monumentalen Bildfolgen auf den damaligen Betrachter können wir heute eigentlich nur ermessen, wenn wir bedenken, dass Kirchen für die Menschen des Mittelalters in der Regel die einzigen Orte waren, an denen sie überhaupt Bilder betrachten konnten. Die umfangreichen Bilderzyklen dienten jedoch nicht nur dem Schmuck, sondern hatten eine liturgische und durchaus auch eine pädagogische Aufgabe. Die Bilder stellten Erzählungen dar, „die für Belehrung und Unterweisung, wie für Andacht und Meditation zu nutzen waren“ und deren Wirkung „durch Schriftlesung, Predigt, geistliche Texte oder Gebete“ noch gesteigert werden konnte. 

Vielfach wurden diese Wandmalereien nach der Reformation als nicht mehr zeitgemäß übertüncht. Nicht selten auch wurden sie bei späteren Umbauten am Kirchengebäude, zumindest teilweise, zerstört. Ursprünglich jedoch war die farbige spätmittelalterliche Raumgestaltung ein integraler Bestandteil des Bauwerks Kirche. 

Heute stellen die verbliebenen, oft nur noch fragmentarisch erhaltenen, Wandmalereien wertvolle Geschichtsquellen aus einer Epoche dar, deren schriftliche Quellen weitgehend verloren gegangen sind. Umso erfreulicher ist es, dass in den letzten Jahren Forschungen sowohl zur ikonographischen und bildkünstlerischen Bedeutung mittelalterlicher Wandmalereien als auch zum restauratorischen und konservatorischen Umgang mit dieser stark bedrohten Kunstgattung zugenommen haben. Beides verbindet Ute Joksch, Restauratorin bei der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, in ihrer nun als gedruckte Publikation vorliegenden Dissertation zu mittelalterlichen Wandmalereien in der Diözese Brandenburg.

An sechs ausgewählten Fallbeispielen vom beginnenden 13. Jahrhundert bis zur Reformation untersucht die Autorin Bildinhalte, fragt nach Auftraggebern und untersucht die Stil- und Motivgeschichte. Gleichzeitig richtet sie den Blick auf ursprüngliche Werktechniken und die nicht immer unseren heutigen Vorstellungen entsprechende Restaurierungsgeschichte. Ute Joksch zeigt anhand von zahlreichen Illustrationen, dass die von ihr gewählte Beispielregion zwischen Elbe und Oder nicht isoliert betrachtet werden darf, sondern dass sowohl im Blick auf Bildmotive und Stilistik als auch auf die Werktechnik innerhalb Europas bereits ein intensiver Austausch stattfand.

Die vorliegende Publikation wird der Wandmalerei-Forschung zweifellos neue Impulse geben, ist aber darüber hinaus auch für den kunsthistorisch interessierten Laien von Interesse. Zu danken ist auch dem Brandenburgischen Landesamt für Denkmalpflege, in dessen Schriftenreihe das Buch erscheinen durfte. Bereits 2011 legte das Landesamt eine Bestandserfassung mittelalterlicher Wandmalereien in der Lausitz vor, dessen Fortsetzungsband über den Nordosten Brandenburgs (Uckermark, Barnim und Lebus) bereits angekündigt ist und vom Rezensenten sehnsüchtig erwartet wird. Ute Joksch: Mittelalterliche Wandmalereien in Dorfkirchen der Diözese Brandenburg. Stil – Funktion – Werktechnik. Wernersche Verlagsgesellschaft mbH, Worms 2019. 291 Seiten; zahlreiche farbige Abbildungen; ISBN 978-3-88462-387-9; 48, – Euro