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Berlin, Sophienkirche – Freitag, 17. Januar 2020
„Wohnt Gott hier nicht mehr?“
Über den Umgang mit Kirchengebäuden in Zeiten zunehmender Säkularisierung
Liebe Mitglieder und Freunde des Förderkreises Alte Kirchen, sehr geehrte Damen und Herren,
vor wenigen Wochen erhielt der Förderkreis Alte Kirchen von einer Kirchengemeinde im südlichen Brandenburg, die seit mehr als fünfzehn Jahren treues Mitglied unseres Vereins war, eine Mail mit der Kündigung dieser Mitgliedschaft. Als Grund war angegeben, ich zitiere: „… können wir die Ausrichtung Ihrer Arbeit nicht mehr mittragen. Ausschlaggebend war das letzte Mitteilungsblatt, worin nur noch von Umnutzung / anderer Nutzung / Neunutzung die Rede ist. Das „Gott hier nicht mehr wohnt“ – und damit wird Bezug auf den Titel meines heutigen Vortrags genommen – kann man auch herbeireden. Gerade weil wir die Situation in Brandenburg kennen (denn wir leben ja hier, ist es uns wichtig, Gott in seinen Häusern ein Wohnrecht einzuräumen.“
Ich muss gestehen, dass mich dieses Schreiben betroffen gemacht hat. Als erstes habe ich die letzte Ausgabe unseres Mitteilungsblattes noch einmal durchgeblättert. Sie enthielt unter anderem einen Bericht über den Evangelischen Kirchbautag in Erfurt, in dem ich der Veranstaltung, die unter dem Thema „Aufgeschlossen – Kirche als öffentlicher Raum“ stattfand, akademische Hilflosigkeit vorwarf, weiterhin einen Artikel über die zum Kindermuseum ungenutzte Eliaskirche im Berliner Prenzlauer Berg und zum dritten einen Bericht über die Kleinstadt Mühlhausen in Thüringen, in der fünf von immerhin zwölf historischen Kirchengebäuden in enger Zusammenarbeit zwischen Kirchengemeinde und Kommune inzwischen kulturell genutzt werden.
Nun zum Motto meines Vortrags. Die Frage „Wohnt Gott nicht mehr hier?“ habe ich mir ausgeliehen vom Titel einer Konferenz, die der Vatikan im Jahre 2018 veranstaltet hatte und bei der sich katholische Theologen aus der ganzen Welt mit der Zukunft ungenutzter Kirchengebäude beschäftigten. Mir ist völlig klar, dass die Frage aus evangelischer Sicht eigentlich absurd ist, denn eine Kirche ist kein für Gott errichtetes Bauwerk, sondern ein für die Gemeinde eingerichtetes oder gebautes Haus, in dem sie sich zum Gottesdienst versammeln kann. Bereits in der Apostelgeschichte betont Paulus: „Der Gott, der die Welt gemacht hat und alles, was darin ist, er, der Herr des Himmels und der Erde, wohnt nicht in Tempeln, die mit Händen gemacht sind.“
Wie also steht der Förderkreis Alte Kirchen zur Frage der zukünftigen Nutzung unserer Kirchengebäude? Bevor ich darauf versuche, eine Antwort zu geben, lassen Sie mich bitte einen kurzen Blick zurückwerfen. Schließlich begeht der Förderkreis Alte Kirchen in diesem Jahr bereits das 30-jährige Jubiläum seiner Gründung.
Am 3. Mai 1990 – zumindest auf dem Papier existierte die im Untergang befindliche DDR noch – fanden sich im Ostberliner „Club der Kulturschaffenden“ in der Jägerstraße etwa 40 Menschen zusammen, um einem Verein ins Leben zu rufen, der sich für die Bewahrung von Kirchengebäuden in ländlichen Regionen des (damals noch gar nicht wieder existierenden) Landes Brandenburg engagieren wollte. Schon damals lautete das Motto des Förderkreises: „Retten – Erhalten – Nutzen“. Vierzig Jahre DDR, davor zwei große Kriege und die Depression der Zwischenkriegszeit hatten in der märkischen Kirchenlandschaft einen Bauzustand hinterlassen, der nur als katastrophal bezeichnet werden konnte. Jetzt jedoch schien fast alles möglich: Allenthalben wurden Kirchendächer neu gedeckt und mancher träumte sogar von einer neuen Welle der Missionierung im säkularisierten Osten Deutschlands. Zu Beginn der neunziger Jahre trat der Förderkreis Alte Kirchen sogar als selbständiger Bauträger auf. Eines unserer ersten Projekte war die Sanierung der Dorfkirche in dem 40-Einwohner-Dorf Messdunk in der Nähe von Brandenburg/Havel. Als die Instandsetzung des Gebäudes abgeschlossen war, stellten wir fest, dass es in dem Ort überhaupt keine Gemeinde mehr gibt, die ein hübsch wieder hergestelltes Gotteshaus benötigt. Zum Glück fand sich ein Verein, der die Messdunker Kirche bis heute für anspruchsvolle Kulturprojekte nutzt. Für uns war diese Erfahrung insofern wichtig und notwendig, als wir für unsere künftige Arbeit feststellten, dass es nicht nur auf die damals noch relativ reichlich vorhandenen Fördermittel ankommt. Das Wichtigste sind und bleiben interessierte Menschen vor Ort.
Der anfängliche Optimismus geriet etwas ins Stocken, als das Land Brandenburg 1994 mit dem neuen Gemeindefinanzierungsgesetz den Einfluss auf umfangreiche Denkmalpflegemittel aus der Hand gab und das Kirchliche Bauamt unserer Landeskirche fast zeitgleich in großer Zahl Mitarbeiter entließ. 1997/98 kam es zu zwei Abbruchanträgen für Kirchengebäude. Unter aktiver Mitwirkung des Förderkreises Alte Kirchen konnte in beiden Fällen der Abriss verhindert werden. Die Leopoldsburger Kirche im havelländischen Milow wurde zu einer Sparkassenfiliale umgebaut. Und die Dorfkirche Saaringen wurdefür eine symbolische D-Mark durch einen Förderverein ü+bernommen, der sie bis heute – auch gottesdienstlich! – nutzt.
Überhaupt war in der zweiten Hälfte der neunziger Jahre ein interessantes Phänomen zu beobachten: In zahlreichen, oftmals sogar recht kleinen Dörfern fanden sich Menschen zusammen, die zum nicht unerheblichen Teil kirchlich nicht mehr gebunden waren, denen aber aus unterschiedlichen Gründen die Bewahrung ihres historischen Kirchengebäudes am Herzen lag. Fördervereine und Initiativen gründeten sich, um die Kirche im Dorf zu lassen und die Gemeinden bei ihren Bemühungen um den baulichen Erhalt zu unterstützen. In zahlreichen Dorfkirchen fanden zunehmend Konzerte, Ausstellungen oder Lesungen statt. Arbeitseinsätze und Benefizveranstaltungen wurden organisiert. Das lief nicht immer konfliktfrei ab; in den allermeisten Fällen jedoch arbeiteten Kirchengemeinde und ehrenamtliche Helfer gut zusammen. Der Förderkreis Alte Kirchen schrieb 2001 erstmals sein „Startkapital für Kirchen-Fördervereine“ aus, mit dem neu gegründeten Vereinen eine Anschubfinanzierung in Höhe von jeweils 2.500 Euro gewährt wurde. Bis 2019 profitierten fast 100 Initiativen von diesem Preisgeld. Für viele war dies die erste öffentliche Anerkennung ihrer Bemühungen, die nicht selten dann half, weitere Türen zu öffnen.
Baulich passierte damals immer noch erstaunlich viel. Das 1994 von der Bundesregierung aufgelegte Notsicherungsprogramm „Dach und Fach“ bot in vielen Fällen eine solide Grundlage, die vom Land Brandenburg kofinanziert wurde. Als dieses Programm 2003 durch die damalige Bundeskulturministerin zugunsten der drei Berliner Opernhäuser eingestellt wurde, beendete auch das brandenburgische Kulturministerium seine Kofinanzierung.
Bereits im Jahr 2000 hatte der Förderkreis Alte Kirchen erstmals seine Jahreszeitschrift „Offene Kirchen“ herausgegeben. Wir wollten einer breiten Öffentlichkeit zeigen, welche Schätze sich hinter den auf den ersten Blick oftmals recht unscheinbaren Kirchenmauern verbergen, aber auch, wie bedroht dieser Reichtum häufig noch ist. Gemeinsam mit einer Berliner Theatergruppe riefen wir das Projekt „Theater in der Kirche“ ins Leben. Und zusammen mit dem Verband der Musik- und Kunstschulen Brandenburg initiiert der Förderkreis seit zwölf Jahren die Konzertreihe „Musikschulen öffnen Kirchen“, die sich mit jährlich bis zu siebzig Konzerten inzwischen einen festen Platz im Kulturleben des Landes geschaffen hat.
Gegenwärtig reicht der Förderkreis Alte Kirchen jährlich mehr als 100.000 Euro an konkreten Finanzhilfen für Sanierungs- und Restaurierungsarbeiten aus. Ein Team von Regionalbetreuern berät Vereine und Kirchengemeinden und sorgt für Vernetzungen der einzelnen Initiativen. Eine große Stütze unserer Arbeit ist inzwischen auch unsere 2007 gegründete Stiftung Brandenburgische Dorfkirchen, aus deren Erträgen jährlich mehrere Bauprojekte gefördert werden können.
Fazit meines sehr gerafften Rückblicks auf die vergangenen dreißig Jahre: In Bezug auf die denkmalgerechte Erhaltung unserer Kirchenlandschaft wurde viel erreicht. Zahlreiche Mitwirkende an dieser Erfolgsgeschichte wären aufzuzählen. Der Förderkreis Alte Kirchen konnte insgesamt fast zwei Millionen Euro Finanzhilfen ausreichen. Fast 80% der Kirchenbauten im Land wurden grundlegend instandgesetzt, was jedoch nicht heißt, dass wir uns auf diesen Lorbeeren ausruhen dürfen. Es gibt weiterhin viel zu tun!
Soweit ein sehr knapper Blick zurück auf die vergangenen 30 Jahre. Wie gestaltet sich aber die Zukunft unser Kirchengebäude? Und ich wage es bei dieser Frage gar nicht, den Blick nach vorn auf die nächsten dreißig Jahre zu richten.
Das Problem sowohl der Institution Kirche als auch der Denkmalpflege heute besteht nicht mehr darin, dass uns heute in großem Umfange Kirchengebäude durch gravierende Bauschäden drohen verlustig zu gehen, sondern in der Frage: Wer wird diese Kirchen in zehn oder zwanzig Jahren überhaupt noch besuchen?
Die Mecklenburgische Kirchenzeitung fragte kürzlich sarkastisch: „Wissen Sie, was ein PKK-Gottesdienst ist?“ und lieferte auch gleich die Antwort: Nein, mit der kurdischen Untergrundorganisation habe das nichts zu tun, eher mit dem spärlichen Gottesdienstbesuch am Sonntag auf dem Land. „Pastor, Küster, Kantor“ sind da. Und zwar nur sie. Ein Witz, der unter der mecklenburgischen Pastorenschaft kursiert. – Die verzagte Aussage dieses Zitats ließe sich noch verstärken, wenn wir die Frage stellen, wo es bei einem Gottesdienst auf dem Land noch Kantor und Küster gibt, vom zunehmenden Pfarrermangel möchte gar nicht erst sprechen…
Bei einer Beratungsrunde im Konsistorium betonte Bischof Markus Dröge im Juni 2017: „Es geht nicht um das OB, sondern um das WIE der Bewahrung der Kirchengebäude.“ – Das nehmen wir dankbar zur Kenntnis. Dann sollte jedoch über das WIE auch regelmäßig nachgedacht und gesprochen werden. Leider habe ich den Eindruck, dass diese Frage zu selten aus kirchlicher Perspektive gestellt wird. Häufig sind es Denkmalpfleger, Kunsthistoriker oder Architekten, die sich dem Problem stellen und nach Lösungen suchen.
Die Zeiten, wo neben der Kirche im Dorf der Pfarrer wohnte, sind – entgegen der Annahme mancher Wochenendbesucher aus der Großstadt – lange vorbei. Heute hat ein Landpfarrer oft fünfzehn Dörfer und mehr zu betreuen und in den allermeisten steht eine Kirche, die instandgesetzt oder zumindest baulich unterhalten werden muss.
Zur Illustration des Problems gestatten Sie mir einen kurzen Blick in meine Heimatgemeinde in der Uckermark: Im vergangenen Jahr sind zwei bisherige Pfarrsprengel mit vierzehn Dörfern und dreizehn Kirchengemeinden zu einer Großgemeinde mit gemeinsamen Gemeindekirchenrat fusioniert. Die Fusion erfolgte nicht auf Druck von oben, sondern wurde freiwillig nach langen und sachlichen Diskussionen in den bisherigen Gemeindekirchenräten vollzogen. Während es in den sieben Dörfern des einen ehemaligen Sprengels noch ein aktives Gemeindeleben gibt, fand sich aus den übrigen sieben Dörfern nur eine einzige Kandidatin bereit, sich der kürzlich erfolgten Neuwahl zum Gemeindekirchenrat zu stellen. Unsere Fusion haben wir von Anfang an auch als Akt der Solidarität verstanden. Wir übernehmen Verantwortung auch für die Kirchengebäude, die mangels einer nennenswerten Ortsgemeinde nur noch selten genutzt werden.
Laut einem Bericht des Baubeauftragten des Kirchenkreises Uckermark Jens Radtke werden von den 132 Kirchengebäuden des Kirchenkreises derzeit sechzehn gar nicht mehr genutzt oder nur noch zu Beerdigungen (Taufen oder kirchliche Trauungen finden wesentlich seltener statt!) aufgeschlossen. Jens Radtke prophezeit, dass diese Zahl in absehbarer Zeit stark zunehmen wird. Unter den derzeit ungenutzten Kirchen gibt es auch Gebäude, die vor wenigen Jahren grundhaft saniert wurden, nun aber keine Gemeinde mehr haben. In anderen Regionen Brandenburgs mag sich das Problem derzeit noch nicht so gravierend darstellen. Es ist jedoch realistisch festzustellen, dass dies nur eine Frage der Zeit sein dürfte. Schließlich gehören in Brandenburg nur noch gut 15% der Einwohner einer christlichen Kirche an. Tendenz weiterhin sinkend. Während eine intensive Debatte darüber geführt wird, ob der Islam zu Deutschland gehört, stellte der Journalist und Autor Matthias Matussek bereits im Februar 2005 die provokante Frage, ob denn das Christentum noch zu Deutschland gehört.
Was geschieht langfristig mit Kirchengebäuden, die aus der kirchlichen Nutzung herausfallen? Wer hat dann die Deutungshoheit über das Gebäude und den Kirchenraum? Im Kirchenbaugesetz der EKBO findet sich folgende Definition: „Eine Kirche ist ein Gebäude, das durch seine Ortsbild prägende, architektonische und künstlerische Gestaltung und liturgische Ausstattung nach allgemein üblicher Anschauung und ohne weitere Kenntnis der Geschichte oder der aktuellen Bestimmung als Kirchengebäude zu erkennen ist und ausschließlich oder überwiegend zum Zwecke des christlichen Gottesdienstes errichtet oder in Gebrauch genommen wurde.“
Das heißt: Auch Kirchen, die nach menschlichem Ermessen derzeit keine Nutzungsperspektive haben, bleiben „Kirchen“ in ihrer äußeren Wahrnehmung. In der Regel bleiben diese Gebäude auch gewidmet. Und das ist gut und von Wichtigkeit, denn die Konstante der kirchlichen Widmung stellt eine wirkungsvolle Schutzfunktion dar. Die Preisgabe dieses Schutzes bei Entwidmung ohne Nutzung kommt, wie der ehemalige Leiter des Kirchlichen Bauamtes der EKBO, Matthias Hoffmann-Tauschwitz erklärte, einer weitgehend ideellen „Vogelfreiheit“ gleich. Bevor eine Kirche aufgegeben oder gar veräußert wird, sollte es von Seiten der Landeskirche, des Kirchenkreises und der Gemeinde ein geregeltes Verfahren geben.
Noch besser natürlich wäre es natürlich, die Aufgabe von Kirchen ganz zu vermeiden und nach zukünftigen Nutzungsmöglichkeiten zu suchen. Welche Schwierigkeiten die Diskussion darüber bereiten können zeigt der zu Beginn meiner Ausführungen zitierte Brief einer Kirchengemeinde. Auch auf dem Evangelischen Kirchbautag in Erfurt im vergangenen September war die Unsicherheit fast mit Händen greifbar. Das zeigte bereits die Wortwahl der Referenten: Da war neben allen optimistischen Floskeln unter anderem von Umnutzung, Nachnutzung, Quernutzung, Nutzungserweiterung und Nutzbarkeit die Rede.
Das Ideal für ein Kirchengebäude ist selbstverständlich eine Nutzungskontinuität, das heißt eine fortdauernde Nutzung als Gottesdienst- und Sakralraum. Auch zusätzliche Nutzungserweiterungen kultureller und sozialer Art haben sich inzwischen so weit etabliert, dass es dazu keinerlei rechtfertigende Erläuterungen mehr bedarf. Auf jeden Fall sollte vermieden werden, sich als Gemeinde einem Nutzungsdruck auszusetzen. Wenn im Jahr nur noch drei bis vier Gottesdienste stattfinden können und dazu ein, zwei Konzerte ausgerichtet werden, ist das ausreichend, um das Kirchengebäude zu pflegen und zu erhalten –das heute weit verbreitete Effizienzdenken ist hier völlig fehl am Platze.
Es freut mich, dass es sich so ergeben hat, dass Dr. Clemens Bethge im Anschluss an meine Ausführungen die gerade eben neu erschienene Orientierungshilfe der EKBO „Kirchen – Häuser Gottes für die Menschen. Zur Nutzung und Nutzungserweiterung von Kirchengebäuden.“ vorstellen wird, die über diese Problematik Auskunft gibt. Wie steht es zum Beispiel mit standesamtlichen Trauungen oder mit nichtkirchlichen Trauerfeiern, um nur die beiden am häufigsten gestellten Fragen vorwegzunehmen?
Was ist jedoch, wenn die von mir angesprochene Nutzungskontinuität unterbrochen oder sogar abgebrochen ist? Auch wenn ein Kirchengebäude nicht mehr gottesdienstlich genutzt ist, bleibt es – wie wir festgestellt haben – baukulturell, städtebaulich, aber auch identitätsstiftend unentbehrlich für das Gemeinwesen.
Die Umnutzung der ehemaligen Schlosskirche in Cottbus war nach unserer Meinung eine gute Entscheidung. Der Förderkreis Alte Kirchen unterstützte die Ausstattung des Synagogen-Innenraumes mit einer bescheidenen finanziellen Zuwendung. Dies führte zu mehreren Austritten aus unserem Verein, was uns zwar nicht an der Richtigkeit unseres Handelns zweifeln ließ, aber uns doch etwas betroffen machte.
Rein private Umnutzungen jedoch sollten nach Möglichkeit ausgeschlossen werden. Die Kirche ist in den meisten Dörfern der letzte verbliebene öffentliche Ort und sollte es bleiben.
Eine finanzielle Unterstützung von Seiten der Landeskirche für Sanierung, Wartung und Pflege der Kirchengebäude erfolgt nur dort, wo es kirchengemeindliches Leben gibt. Für ungenutzte Kirchen ist eine finanzielle Hilfe von dieser Seite derzeit nicht vorgesehen. Dort, wo Kirchengemeinden überhaupt nicht mehr in der Lage sind, eine Kirche zu nutzen und zu unterhalten, muss die Verantwortung auf ANDERE übergehen. -> Wer sind aber diese ANDEREN? Ist hier vielleicht auch der Förderkreis Alte Kirchen in Zukunft stärker gefordert. Auf jeden Fall sind langfristige Konzepte nötig.
In unserer Gesellschaft finden derzeit ungeheure Transformationsprozesse statt, denen wir uns stellen müssen – ob wir es wollen oder nicht. Auch die Kirche muss offen sein für Veränderungen. Neue Formen der Partnerschaft und Zusammenarbeit sind nötig,um einem endgültigen Kulturbruch vorzubeugen. Der ehemalige Schweriner Bischof Andreas von Maltzahn stellte bereits vor einigen Jahren fest, es sei „endlich an der Zeit, nicht so sehr in Kategorien von Mitgliedschaft zu denken, sondern von Beteiligung und Weggemeinschaft“.
Wir brauchen offene Kirchen im allerweitesten Sinne. Offene Kirchen bedeuten mehr als nur eine ab und zu geöffnete Tür. Die Kirche im Dorf – und damit meine ich sowohl die Kirche als Institution als auch das Kirchengebäude – wird nur dann langfristig eine Chance haben, wenn sie im Sinne des Bonhoefferschen Kirchenverständnisses „Kirche für andere“ ist. „Die Kirche“, schrieb Dietrich Bonhoeffer, „ist nur Kirche, wenn sie für andere da ist, … Sie muss an den weltlichen Aufgaben des menschlichen Gemeinschaftslebens teilnehmen, nicht herrschend, sondern helfend und dienend.“ In einer Zeit, in der sich der Staat aus immer mehr vermeintlich „freiwilligen Aufgaben“ zurückzieht, muss die Kirche auch für Menschen da sein, die nicht zu den „zahlenden Mitgliedern“ gehören. Bei einer fortschreitenden Ausdünnung des Prinzips der pfarramtlichen Versorgung ist dies jedoch allein durch Pfarrer und hauptamtliche Mitarbeiter schlecht möglich. Es gilt, Ansprechpartner innerhalb und außerhalb der Gemeinden zu finden, die den Pfarrer bzw. die Pfarrerin zwar nicht ersetzen, aber ihnen dabei helfen, ihre wachsenden Aufgaben wahrnehmen zu können.
Nicht zuletzt gewinnen die Kirchengemeinden durch die Öffnung ihrer Kirchen und durch die konstruktive Zusammenarbeit mit Fördervereinen, Kommunen, Kultureinrichtungen etc. wichtige Gesprächspartner, denen die schwierige Erhaltung der Gebäude ebenso am Herzen liegt wie ihnen selbst. Vor etlichen Jahren erklärte mir ein alter Bauer aus dem Fläming, der seit über vierzig Jahren im Gemeindekirchenrat engagiert war und sich gegen kirchenamtliche Bedenken für die Instandsetzung der Kirche in seinem Dorf einsetzte, mit Vehemenz und lauter Stimme: „Diese Kirche gehört nicht dem Bischof, nicht dem Superintendenten und nicht dem Pastor. Die gehört uns allen!“ Das ist die richtige Einstellung! Die Aussage „Kirchen gehören allen.“ ist ein Kernsatz des christlichen Glaubens.
Ein positives Phänomen der vergangenen dreißig Jahre waren und sind die zahlreichen Fördervereine, die sich in zum Teil recht kleinen Orten dafür einsetzen, dass die Kirche im Dorf bleibt. Aber auch hier sind Symptome des Abbruchs zu erkennen. Ich zitiere aus einem Brief, in dem ein äußerst aktiver Förderverein seine Auflösung bekannt gab: „Wir haben aus einer maroden Kirche, in der die morschen Dachbalken drohten einzustürzen, das Kirchturmdach riesige Löcher aufwies und die Innenbemalung große Wasserschäden zeigte mit Hilfe von verschiedenen Förderprogrammen wieder eine voll funktionsfähige wunderschöne kleine Bauernkirche zutage gefördert, die für die nächsten Jahrzehnte gut gerüstet ist. … Es ist uns aber leider nicht gelungen, Nachwuchs für den Förderverein zu finden. Von unseren ehemals 50 Mitgliedern sind durch Krankheit, Tod, Wegzug sowie Desinteresse nur noch 18 zahlende Mitglieder und davon nur noch wenige aktive Mitglieder geblieben.“
Leider ist dies kein Einzelfall. Immer öfter finden aktive Vereinsmitglieder, die mittlerweile in die Jahre gekommen sind, keine Nachfolger für ihre wichtige ehrenamtliche Arbeit. Auch die Neugründung von Vereinen ist drastisch zurückgegangen. Nach fast zwanzig Jahren werden wir 2020 erstmals kein „Startkapital für Kirchen-Fördervereine“ vergeben, da die Anzahl der Bewerber deutlich gesunken ist. Immer weniger junge Menschen wollen oder können Verantwortung für ihr kulturelles Erbe übernehmen. Es stellt sich – auch für uns als Förderkreis Alte Kirchen – die Frage: Wie kann bürgerschaftliches Engagement in die nächste Generation getragen werden?
Ich denke, dass dies nur möglich sein wird, wenn wir er schaffen, noch stärker als bisher der Öffentlichkeit zu vermitteln, dass die Kirche im Dorf nicht nur der Ort für immer seltener werdende Gottesdienste einer schrumpfenden Gemeinde ist, sondern unverzichtbarer Bestandteil und Mittelpunkt des Sozialraumes Dorf und Ankerpunkt des Zusammenlebens. Wenn über die Stärkung der Infrastruktur in ländlichen Regionen nachgedacht wird, sollte in Zukunft nicht nur über den Ausbau von Straßen oder die Anlage von Gewerbegebieten gesprochen werden, sondern auch über die kulturelle und soziokulturelle Infrastruktur. Die Kirche im Dorf gehört unbedingt dazu. Eine dauerhafte Erhaltung der Kirchengebäude als öffentliche Räume ist nur möglich, wenn die Zivilgesellschaft das Gebäude auch annimmt und als ihr gemeinsames Erbe und Eigentum betrachtet.
Seit einigen Jahren ist es möglich, für die Sanierung von Kirchen auch EU-Mittel in Anspruch zu nehmen. Diese Gelder, die über dem Landwirtschaftsministerium unterstellte sogenannte Ländliche Aktionsgemeinschaften (LAGs) ausgereicht werden, sind keine Mittel der Denkmalpflege, sondern sollen der Entwicklung des ländlichen Raumes dienen. Die Gemeinden müssen nachweisen, welchen Nutzen ihr Kirchbauprojekt für das Dorf und die Region bringt. Sie werden – im positiven Sinne – gezwungen, sich unter weiteren Akteuren der Region Partner zu suchen. Die LAG Havelland begleitet Gemeinden und Fördervereine, die derartige Mittel aus der EU-Förderung in Anspruch nehmen konnten, sogar über den eigentlichen Projektzeitraum hinaus. Sie organisiert regelmäßige Treffen zum Erfahrungsaustausch. Ein Beispiel, das Schule machen sollte.
Vorhin hatte ich über die Personalschwierigkeiten innerhalb von Fördervereinen gesprochen. Dass es auch hier noch Lichtblicke gibt – und auch um zu verhindern, dass mein Vortrag allzu defätistisch ausfällt – möchte ich hier drei aktuelle Beispiele aus der Uckermark anführen. Für drei der größten „Sorgenkinder“ in diesem Landkreis haben sich in den vergangenen beiden Jahren Menschen gefunden, die bereit sind, sich für ihre baulich gefährdeten und längere Zeit ungenutzten Kirchengebäude zu engagieren.
Die Dorfkirche in Stegelitz war bis vor kurzem akut vom Einsturz bedroht. Der marode Dachstuhl drückte bereits von oben auf die Gewölbekappen und ließ Schlimmstes befürchten. Kirchlich wurde der Ort als tot bezeichnet. Durch ein neu zugezogenes Ehepaar ist Bewegung in das Dorf gekommen. Wohl auch die Überlegung des Gemeindekirchenrates, den wunderschönen Renaissance-Altar aus der ungenutzten Stegelitzer Kirche in einen Nachbarort umzusetzen, führte zur Gründung eines Vereins, der bis heute sagenhafte 130 Mitglieder zählt. Durch das Engagement des Vereins und mit kräftiger Unterstützung des Denkmalschutzsonderprogrammes des Kulturministeriums war jetzt eine Notsicherung möglich. Nach der noch bevorstehenden Sanierung des Gebäudes ist im Zusammenwirken mit einer Pension in der benachbarten ehemaligen Alten Schule eine Chor-Kirche geplant. Chöre könnten hier Probenzeiten in der landschaftlich schönen Uckermark durchführen und Konzerte geben. Gegenwärtig wird mit diesem Konzept an einem Antrag für EU-Mittel gearbeitet.
Auch für die fast vergessene Kirche in Flemsdorf gründete sich im vergangenen Jahr ein Verein. Sein Ziel ist es, das Gotteshaus zu einer „Krimi-Kirche“ zu machen. Lesungen und Hörspiele sind geplant. Ein Bücherschrank mit entsprechender Lektüre steht bereits im Turmuntergeschoss. Natürlich sollen regelmäßig auch wieder Gottesdienste stattfinden. Zudem könnte nach ihrer Restaurierung die von Joachim Wagner 1745 gebaute wunderbare Barockorgel Musikliebhaber anziehen.
Die Kirche in Wilmersdorf schließlich wurde 1936 vom damaligen Gutsherren Alexander von Buch aus einer Scheune umgebaut, nachdem die staatlichen Behörden einen regulären Kirchenbau nicht genehmigt hatten. Mittlerweile ist die Wilmersdorfer „Scheunenkirche“ ziemlich marode und müsste dringend instandgesetzt werden. In Aussicht gestellte Fördermittel konnten nicht abgerufen werden, da die Gemeinde wegen eines großen Bauvorhabens im Nachbarort nicht die erforderlichen Eigenmittel aufbringen konnte. Das hat den Trotz einiger Bewohner angestachelt. Es wurde ein Verein gegründet. Der Vereinsvorsitzende machte eine Lektorenausbildung und hält heute regelmäßig gut besuchte Gottesdienste ab.
Ein gutes Beispiel ist auch die Dorfkirche in Rieben im Landkreis Potsdam-Mittelmark. Kirchengemeinde, Kommune und ein Verein mit dem schönen Namen „Treffpunkt Leben“ sind hier eine vertraglich fixierte Nutzungspartnerschaft eingegangen. Durch eine Glaswand, die sich öffnen lässt, wurde das Kirchenschiff geteilt. Im vorderen Teil feiert die Kirchengemeinde weiterhin ihre Gottesdienste. Der hintere Teil wird für kommunale Zwecke genutzt. Auf der Empore entstand ein Büro für den Ortsbürgermeister. In einem dezenten Anbau fanden Funktionsräume ihren Platz. Dieses Konzept ist aus denkmalpflegerischen Gründen sicher nicht für jede Dorfkirche praktikabel, sollte aber als anregendes Beispiel durchaus Beachtung finden.
Und schließlich möchte ich aus einem Zeitungsbericht über die Dorfkirche des kleinen Dörfchens Gollwitz bei Wusterwitz (ebenfalls Potsdam-Mittelmark) zitieren, das weniger als 100 Einwohner hat, die es jedoch in einer bewundernswerten Weise geschafft haben, ihre Kirche grundlegend zu sanieren und sie wieder mit Leben zu füllen. „Ein großes Ziel wird die Einrichtung des sogenannten Raums der Vielfalt sein. Er soll unter der Empore entstehen, sich bei Bedarf vom übrigen Kirchenraum abtrennen lassen und einen ganz breit gefächerten Nutzen bieten. Von einer Winterkirche über einen Versammlungsraum bis zur Trauerhalle für weltliche Begräbnisse sollen viele Zwecke erfüllt werden.“
Soweit nur einige Beispiele für erfolgreiche Kooperationen und Nutzungserweiterungen.
Chor-Kirche, Krimi-Kirche, Bürgermeisterbüro auf der Empore, Raum der Vielfalt – klingt das nicht allzu sehr nach Beliebigkeit? Dem möchte ich widersprechen. Hier öffnet sich Kirche gegenüber der Vielfalt und der Realität des heutigen Lebens, geht Partnerschaften ein, ohne ihr Kirche-Sein aufzugeben. Wichtig ist es, dass die Kirche weiterhin und zukünftig noch intensiver mit einer gewissen Symbolkraft im Herzen der Gemeinschaft verbleibt. Diese Symbolkraft kann geistlich sein, kulturell oder auch sozial – am besten alles zusammen.
Gerade im Osten Deutschlands braucht es Orte der Hoffnung und der Begegnung, um der zunehmenden Fragmentierung der Gesellschaft entgegenzuwirken. Wenig hilfreich sind da zum Beispiel Verlautbarungen wie die von Joachim Ragnitz vom Dresdener ifo-Institut. „Die Politik hat im Osten viele Fehler gemacht“, sagt Ragnitz. Er rät zu Prämien, damit die Menschen in die größeren Städte ziehen. Weiter sagte er vor einem guten Jahr der Frankfurter Allgemeinen Zeitung: „Wir können über jeden Arbeitsplatz froh sein, der nicht entsteht, weil wir ihn sowieso nicht besetzen können. … Als Ökonom sage ich: Manche Dörfer sollten wir besser schließen und die Menschen zu einem Umzug in die Zentren bewegen. Von einem Politiker wird man das natürlich nie hören. Die versprechen lieber schnelles Internet für alle.“
Ich denke, derartige Äußerungen stärken das ohnehin schlechte Image abgelegener ländlicher Räume und treiben noch mehr ihrer Bewohner in die Arme radikaler Gruppen und Parteien.
Wir leben in einer Zeit, in der der Sinn einer Sache ausschließlich in ihrem Nutzen gesehen wird, das heißt in ihrer Anwendung zum eigenen Vorteil. Und so wird auch die Frage nach dem Erhalt und der Bewahrung von Kirchengebäuden schnell zu einer nüchternen Kosten-Nutzen-Analyse. Ich möchte jedoch dafür plädieren, auch derzeit nur selten oder überhaupt nicht genutzte Kirchen nicht leichtfertig aufzugeben. Gegenüber Bauwerken, die Jahrhunderte überstanden haben, sollten wir nicht in hektischen Aktionismus verfallen und uns etwas mehr Gelassenheit gönnen. Nach Zerstörungen in Not- und Kriegszeiten waren es zumeist als erstes die Kirchengebäude, die wieder aufgebaut wurden und das in wirtschaftlich wahrlich schlechteren Zeiten als den unseren. Gebäude, die im Augenblick nicht benötigt werden, können mit recht bescheidenen Mitteln notgesichert und in den „Wartestand“ versetzt werden.
Bisher hält sich die Zahl der entwidmeten und an andere Eigentümer veräußerten Kirchen in der EKBO sehr in Grenzen. Das wird vermutlich nicht so bleiben! Um hier keine falschen Entscheidungen zu treffen, schlage ich vor, bei zukünftigen Anträgen auf Verkauf oder Abgabe eines Kirchengebäudes den Gemeinden eine Zeitspanne des Abwartens und Nachdenkens vorzuschreiben, in der sie nachweisen müssen, dass Gespräche über mögliche Partnerschaften und Unterstützung von außen geführt wurden. Der Förderkreis Alte Kirchen verfügt über Erfahrungen bei der Moderation derartiger Gespräche und bietet dabei gern seine Hilfe an.
Wahrscheinlich müssen wir uns auch langfristig von immer noch üblichen Luxussanierungen verabschieden und den Fokus mehr auf die Substanzerhaltung richten müssen.
Hier stellt sich dann die Frage, ob es nicht kontraproduktiv ist, Kirchengemeinden, die im Besitz von nicht oder nur selten genutzten Gotteshäusern mit einer neu eingeführte Instandhaltungsrücklage in nicht unerheblicher Höhe zu belasten. Nach einer Bewertung des Gebäudebestandes meiner aus 14 Dörfern bestehenden Gemeinde in der Uckermark wären pro Jahr etwa 65.000 Euro in eine derartige Instandhaltungsrücklage einzubringen, während sich die direkten Bauzuwendungen lediglich im mittleren dreistelligen Bereich bewegen. Motiviert das die Gemeinden nicht eher dazu, sich von ihren Sorgenkindern endgültig zu trennen? Mehrfach war schon aus Gemeinden die Trotzreaktion zu hören: „Dann machen wir die Kirche eben zu.“ Hier besteht Handlungs- und vor allem auch Informationsbedarf.
Auch sollten wir darüber nachdenken, was mit dem Inventar nicht genutzter Kirchen geschehen soll. Altarretabel, Kanzeln, Taufengel und andere Ausstattungsstücke gehören zum jeweiligen Denkmal Kirche vor Ort und sollten nach Möglichkeit auch dort verbleiben. Unsere seit mittlerweile zwölf Jahren gemeinsam mit dem Landesamt für Denkmalpflege und der EKBO organisierte jährliche Spendenaktion „Vergessene Kunstwerke“ hat sich als Erfolgsgeschichte mittlerweile etabliert.
Dort, wo jedoch durch dauerhafte Nichtnutzung, eventuelle zusätzliche Bauschäden und dadurch entstehende ungünstige klimatische Bedingungen Kunstwerke in ihrem Bestand gefährdet sind, sollte über eine Auslagerung und Unterbringung an einem geeigneten Ort nachgedacht werden. Ob die Schaffung geeigneter Depots langfristig eine geeignete Lösung darstellt, sollte zumindest geprüft werden.
Sehr geehrte Damen und Herren,
Lassen Sie mich zum Schluss kommen:
Kirchengebäude, speziell unsere Dorfkirchen verkörpern Heimat. Heimat wird erst dann wichtig, wenn sie droht, in einer immer unübersichtlicher werdenden Welt verlustig zu gehen. In Zeiten, in denen immer mehr infrastrukturelle Einrichtungen und Kulturträger auf dem Lande verschwinden, sollten unsere Dorfkirchen bewusst ein Zeichen für Beständigkeit setzen. Bei allen von mir angesprochenen drängenden Problemanzeigen sollten wir es uns nicht versagen stolz zu sein auf das, was in den vergangenen drei Jahrzehnten in Bezug auf die die Erhaltung und Bewahrung unserer Kirchengebäude erreicht wurde.
Neben sehr vielen anderen Institutionen kann und darf der Förderkreis Alte Kirchen für sich in Anspruch nehmen, einen nicht unbedeutenden Anteil an den vielen Erfolgsgeschichten zu haben.
Das heißt jedoch nicht, die Hände in den Schoß zu legen und abzuwarten, dass der liebe Gott in Zukunft schon alles richten wird. Der Förderkreis Alte Kirchen wird weiterhin gebraucht und wird sich im Rahmen seiner Möglichkeiten weiter engagieren und einbringen. Als Vermittler zwischen kirchlichen und denkmalpflegerischen Ansprüchen sowie zwischen bürgerschaftlichem Engagement und amtskirchlichen Interessen werden wir weiterhin gefordert sein.
Für diese unsere wichtige und schöne Arbeit hoffen wir auch in Zukunft nicht nur auf Ihre Mitgliedsbeiträge und Spenden, sondern auch auf Ihre Ideen und Anregungen.
In einem seiner Gedichte schrieb der Lyriker Reiner Kunze den wunderschönen Satz: „Damit die Erde hafte am Himmel, schlugen die Menschen Kirchtürme in ihn.“
Lassen Sie uns gemeinsam dafür sorgen, dass auch weiterhin die Erde am Himmel haftet. Unsere Dorfkirchen sind dafür die besten Garanten. Sie werden noch gebraucht!
Eine letzte Anmerkung: Um auf den eingangs zitierten Brief einer Kirchengemeinde zurückzukommen, hoffe ich nachgewiesen zu haben, dass der Förderkreis nicht leichtfertig mit dem Begriff Umnutzung von Kirchen umgeht, sondern im Gegenteil versucht, durch behutsame Nutzungserweiterungen die Aufgabe und Umnutzung zu vermeiden.
Und zum Titel meines Vortrags: Auch wenn Gott hier nicht wohnt, sollte es möglich sein, ihm hin und wieder in einer unserer wunderschönen Kirchen zu begegnen!
Danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Bernd Janowski