Eine Turmbekrönung als Zwischenetappe
In Dargersdorf ist das Geld schon beschafft für weiteren Bauabschnitt
Regionalbetreuer berichten aus ihren Bereichen
Eine Kirchturm-Bekrönung ist in der Regel das Ende eines Bau-Projekts. Dann blasen die Posaunen, Kupferhülsen werden verlötet, in denen Münzen und aktuelle Zeitungsartikel stecken. Danach steigt man auf das Gerüst, um die Turmkugel zu füllen und die Wetterfahne mit der neuen Jahreszahl zu montieren. Doch gelegentlich gibt es Ausnahmen von dieser schönen Regel. Solch eine Abweichung konnte man Anfang Juni in Dargersdorf beobachten, einem Dorf in der Schorfheide, das zur Kirchengemeinde Polsensee gehört. Hier war die Turm-Bekrönung kein schöner Abschluss, sondern lediglich die Zwischenetappe für eine weitere Sanierung.
Ursprünglich wollten Pfarrer Dieter Rohde und der Baubeauftragte der Kirchengemeinde, Bernhard Haertel, nur den Turm sanieren, denn dieser neigte sich immer mehr und drohte das Kirchenschiff zu beschädigen, wenn nicht gar zum Einsturz zu bringen. Keiner der Fachleute, die der Gemeindekirchenrat 2015 zu Rate zog, wollte für die weitere Stabilität des Turmes garantieren. Daher wurde beschlossen, ihn neu aufzubauen. Als im Sommer 2020 nach jahrelanger Verzögerung die Arbeiten endlich begannen und die Zimmerleute die morschen Balken des Fachwerk-Turms ersetzten, da zeigte sich, dass der Hausschwamm und andere Holzschädlinge sich auch schon in die Bohlen des Kirchenschiffs hineingefressen hatten. Somit war schnell klar, dass es nach dem Turm einen weiteren Bauabschnitt geben muss, der in zwei Tranchen auf die Jahre 2022 und 2023 verteilt werden soll. Denn was nützt ein renovierter Turm, wenn die Kirche ein Sanierungsfall ist?
Nach dem ersten Schrecken über die zusätzlichen Kosten von etwa 520 000 Euro mobilisierte die Gemeinde wieder ihr Netzwerk, um Fördermittel zu beschaffen. Dabei half, wie schon bei der Turm-Sanierung, eine Nachbarin der Kirche, die ehemalige Finanzsenatorin von Berlin, Annette Fugmann-Heesing. Sie besitzt in Dargersdorf seit vielen Jahren ein Ferienhaus, das ihr in Corona-Zeiten fast zum Hauptwohnsitz wurde. Zusammen mit dem SPD-Bundestagsabgeordneten Stefan Zierke gelang es Frau Fugmann-Heesing, zum zweiten Mal Mittel des Bundes aus einem Sonderprogramm des Denkmalschutzes zu beschaffen. Mit den bereits zugesagten 260 000 Euro ist somit bereits die Hälfte der geschätzten Sanierungskosten gedeckt. Daher war die Stimmung bei der Turm-Bekrönung recht gelöst. Selbst die massive Teuerung bei Bauholz kann Bernhard Haertel nicht schlaflose Nächte bereiten. Der ehemalige Templiner Stadtgärtner Haertel hat sich bereits rechtzeitig Kanthölzer für den zweiten Bauabschnitt gesichert. Eine ähnliche Vorratshaltung hatte er bereits beim Turmprojekt betrieben und das Holz privat gelagert.
Der Förderkreis Alte Kirchen, der sich bei der Turm-Sanierung über seine Stiftung mit 3000 Euro beteiligt hatte, erwägt auch für den zweiten Bauabschnitt eine Beihilfe. In der ersten Tranche dieses Projekts soll 2022 vor allem das Dach der Kirche und sein Mauerwerk saniert werden. Die Kostenschätzung liegt bei 240 000 Euro und ist somit durch die Bundes-Förderung bereits gedeckt. Die restlichen 260 000 Euro will die Gemeinde wiederum durch beträchtliche Eigenmittel sowie mit Zuwendungen von Kirchenkreis, EKBO sowie diverser anderer Institutionen beschaffen. Falls dies gelingt, summierte sich die gesamte Sanierung von Turm und Kirche auf etwa 800 000 Euro. Ob die Kirchengemeinde diese Summe wirklich beschaffen und somit auch das bisher triste Innere der Kirche schön gestalten kann, muss sich noch zeigen. Auf alle Fälle ist mit den Mitteln des Bundes neben dem Turm nun auch eine Sicherung der Kirche garantiert.
Das kleine Gotteshaus liegt idyllisch auf einem kleinen Hügel unter großen Bäumen. Eine erste Kirche in Dargersdorf wurde im Dreißigjährigen Krieg zerstört, ein Nachfolgebau brannte ebenfalls nieder, sodass man 1734 den jetzigen Fachwerkbau erstellte. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Kirche stark beschädigt, weil es in der Nähe Anlagen zur Sicherung des Göring-Refugiums Carinhall am Großen Döllnsee gab, die die russischen Streitkräfte bombardierten. 1953 musste die Kirche wegen Baufälligkeit sogar zeitweise geschlossen werden. Auch danach wurde sie in der DDR-Zeit von Bau-Brigaden leider nur notdürftig repariert.
Konrad Mrusek