Auferstehung einer Königin in Jühnsdorf (Teltow-Fläming)
Viele Jahrzehnte schwieg die Jühnsdorfer Orgel. Jetzt erklingt unsere Königin wieder so wie einst von Ihrem Erbauer, dem Hoforgelbaumeister Wilhelm Remler, geplant und gebaut. Sie atmet und musiziert wieder zum Lobe Gottes und zur Freude der Menschen. Dafür sind wir dankbar. Nicht ohne Grund trägt die Orgel den Beinamen „Königin der Instrumente“, denn in ihrer Klangvielfalt ist sie einmalig. Sie kennt sowohl die leisen, zarten Töne, als auch den majestätischen Klang.
Die Finanzierung ist ausschließlich aus Spenden, Förderungen und öffentlichen Mitteln erfolgt. Für ihre Unterstützung danken wir vielen Menschen und besonders auch dem Förderkreis Alte Kirchen.
Dass wir am 29. Mai mit einem festlichen Gottesdienst die Wiedereinweihung unserer Orgel feiern konnten, ist fast ein Wunder. Im Jahre 1917 mussten die Prospektpfeifen an das Kriegsministerium abgegeben werden. Diverse Bauarbeiten in der Kirche in den 1930er Jahren machten ihr zu schaffen. In einem Gutachten aus dem Jahr 1947 heißt es: „Die Kirche und die Orgel sind durch Kriegseinwirkungen so stark beschädigt, dass sie nicht mehr benutzt werden kann, die Gottesdienste finden z.Zt. in der Schule statt.“ Kantor Ernst Gafert als Orgelsachverständiger schrieb jedoch am 10.10.1947 nach einer Bestandsaufnahme: „Etwa 2/3 des Orgelwerks ist noch vorhanden und es ist durchaus möglich, dass diese Orgel wieder zum Klingen gebracht wird. Wenn auch die Beschaffung des notwendigen Pfeifenwerks nicht ganz geringe Schwierigkeiten machen würde, scheint es mir doch eine lohnende Aufgabe zu sein, diese Orgel zum Klingen zu bringen…“ Das war wohl der Grundstein für die Rettung. Im Jahr 1968 ist dann infolge eines Blitzeinschlages der elektrische Motor außer Betrieb gesetzt und durch Mörtelschäden und Luftdruck ein größerer Schaden an der Traktur und am Pfeifenwerk verursacht worden.
Es gab also über die letzten rund 150 Jahre für unsere Remlerin (wie sie liebevoll vom Orgelbaumeister Tobias Herold genannt wird) immer wieder gute Seelen und Retter. Und so ist meine gute Hoffnung, dass unsere Nachfahren in 150 Jahren sich immer noch an den wunderbaren Tönen der Jühnsdorfer Königin erfreuen können und freundlich dankend an uns zurückdenken.
Nach der Sanierung des Kirchturmes im Jahr 2015 und dem Einbau neuer Glocken aus Rodewald (vermittelt vom FAK) mit Neubau des Glockenstuhles und Guss einer dritten Glocke im Folgejahr fehlte unbedingt noch eines: Die Kirche brauchte ihre Stimme wieder. Uns war wichtig, dass unsere Remlerin wieder originalgetreu klingt. Unzählige Mails, Telefonate, Klinkenputzen und diverse Förderanträge haben Früchte getragen. Wir haben Konzerte, Lesungen, Sponsoren-reisen, Kinoabende und unzählige andere Veranstaltungen mit großem Erfolg und einer wachsenden breiten „Fangemeinschaft“ durchgeführt. Die Planung und Ausführung der originalgetreuen Restaurierung lag in den Händen von Orgelbaumeister Tobias Herold und dem Geschäftsführer der Karl Schuke–Berliner Orgelbauwerkstatt GmbH Martin Schwarz. Ihrem Können ist es zu verdanken, dass die Orgel wieder ein Instrument mit Seele geworden ist. Um den historischen Zustand wiederherzustellen, wurden die vorhandenen Teile wie der Spieltisch, die mechanische Traktur und das Orgelgehäuse überarbeitet und das fehlende Pfeifenwerk anhand noch existierender Vorbilder neu gegossen. Grundlage dafür war der vorhandene bauzeitliche Original-Kostenanschlag Wilhelm Remlers vom 23. Januar 1864 mit den angegebenen Materialvorgaben. Die Orgelbauer haben die wenigen original überkommenen Instrumente für die Rekonstruktion unserer Orgel studiert und millimetergenau vermessen. Diese Erkenntnisse wurden gebraucht, um nicht mehr vorhandene Bauteile möglichst originalgetreu zu ersetzen.
Wie geht es nun weiter, wenn es am schönsten ist, dann soll man… erst einmal genießen und dann?
Es gibt sicher noch vieles zu tun in und um unsere Dorfkirche, daher haben wir uns entschlossen weiterzumachen und dazu einen Förderverein für unsere Dorfkirche zu gründen. Wir wollen Perspektiven entwickeln für unsere Kirche als Mittelpunkt des Dorfes, als Gotteshaus und als Kulturort für alle Menschen. Der Vereinszweck ist die dauerhafte Unterhaltung der Remler-Orgel und der Kirche. Der Verein sieht sich als Gemeinschaft bürgerlichen Engagements auf dem Land.
https://ev-kirche-blankenfelde.de/Orgel-Juehnsdorf/
Text und Fotos: Bärbel Wunsch