Himmlisch schlafen im Kloster
Unterwegs mit dem FAK in der Oberlausitz und Böhmen
Im Kloster St. Marienthal in Ostritz bei Zittau kann man wunderbar schlafen. Diese Erfahrung machte ich, als wir auf unserer FAK-Reise durch die Oberlausitz und Böhmen dort übernachteten. Es herrscht eine wahrhaft himmlische Ruhe, nur das leise Plätschern der nahen Neiße ist zu hören. Sie kann allerdings auch anders, die Neiße. 2010 verwandelte sie sich bei einem Hochwasser innerhalb weniger Stunden in einen reißenden Fluss, der an der barocken Anlage vieles von dem, was 2008 gerade erst aufwendig renoviert worden war, wieder zerstörte. Aber davon ist zum Glück nichts mehr zu sehen. Nur die Wasserstandsmarkierung am Gebäude erinnert noch daran. Seit der Klostergründung 1208 haben in dem Gebäude ohne Unterbrechung Nonnen gelebt. Auch heute ist das noch so. Zu ihnen zählte einst die Schwester der berühmten Sängerin Henriette Sontag (1806-1854). Diese besuchte die Klosteranlage deshalb des Öfteren und ließ sich dort auch begraben. Dass die Nonnen mit der Zeit gehen, davon zeugt, dass sie sich dem Projekt „Energie-Ökologische Modellstadt Ostritz“ angeschlossen haben, zu dem ein Wasserkraftwerk, ein Wind- und Sonnenpark, ein Biomasse-Heizkraftwerk und eine Pflanzenkläranlage gehören. Zudem haben sie ein Internationales Begegnungszentrum aus der Taufe gehoben und vermieten Zimmer (z.T. umgebaute Klosterzellen) mit insgesamt 140 Betten. Wer es also einmal mit einem echten „Klosterfeeling“ versuchen möchte, der ist hier genau richtig.
Kaiser Karl IV. (1316-1378) war einer der bedeutendsten Herrscher des Mittelalters. Ihm und seinem Repräsentationsbedürfnis verdanken wir die gewaltige Burg- und Klosteranlage auf dem Oybin oder besser das, was davon nach Blitzschlag, Felssturz und Vernachlässigung noch übrig ist. Und das ist immerhin so eindrucksvoll, dass es die Maler der Romantik, allen voran Caspar David Friedrich, Carl Gustav Carus und Carl Blechen Mitte des 19. Jh. zu hinreißenden Bildern inspirierte, die zu einer wahren Touristeninvasion führten, die bis auf den heutigen Tag anhält. Auch wir reihten uns in diesen Strom ein und erwiesen Kaiser und Malern unsere Reverenz.
Haindorf (Hejnice) im Isergebirge war einmal ein berühmtes Städtchen, denn hier befand sich der nach Mariazell wichtigste Wallfahrtsort der Donaumonarchie, zu dem alljährlich tausende Menschen strömten. Der Legende nach schlief dort ein armer Siebmacher unter einer Linde ein und träumte, er solle im nahen Zittau eine Marienstatue kaufen und sie in den Baum hängen, dann würden seine todkranke Frau und Kind genesen. Geträumt, getan. Tatsächlich sollen seine Familienangehörigen nach einem Gebet vor der Statue wieder gesund geworden sein, was sich schnell herumsprach und viele Menschen veranlasste, dasselbe zu tun. So kam es, dass über dem Stumpf der Linde eine Kapelle, später eine Kirche und ein Kloster gebaut wurden. Die heutige barocke Anlage stammt aus dem Jahr 1725. Zu ihren interessantesten Ausstattungsstücken gehört der Feldaltar des Generalissimus Albrecht von Waldstein (besser bekannt als Wallenstein), dessen Witwe den Altar der Kirche nach seiner Ermordung stiftete. In sozialistischer Zeit wurden Kirche und Kloster geschlossen, die tschechische Staatssicherheit richtete dort 1950 ein Internierungs- und Umerziehungslager für Geistliche ein. Wallfahrten waren selbstredend verboten, im Laufe der Zeit verfielen die Gebäude immer mehr, so sehr, dass der Franziskanerorden nach der politischen Wende das Angebot, Kloster und Kirche wieder in seine Regie zu übernehmen, ausschlug. Aber es fanden sich Retter in Gestalt von Pater Milos Raban und der Deutschen Bundesstiftung Umwelt. Der eine gab seine Kraft, die andere das Geld für die Instandsetzung des Gebäudekomplexes. Heute können dort wieder Gläubige aus Nah und Fern die Marienstatue verehren.
Im Mittelalter gehörte es zum „guten Ton“, wenigstens einmal im Leben die heiligen Stätten in Jerusalem, Rom oder Loreto zu besuchen. Aber das konnten sich nicht alle leisten und deshalb wurde es üblich, die heiligen Stätten an anderen Stellen nachzubauen. Aus diesem Grund entstand z.B. in Görlitz eine Nachbildung des heiligen Grabes von Jerusalem. Und in Rumburk (Böhmen/ Bezirk Decin) eine Loretokapelle der Jungfrau Maria, auch Casa Santa genannt, deren Original sich in Loreto bei Ancona in Italien befindet. Der Landbesitzer von Rumburk, Fürst von Liechtenstein, hatte sie dort gesehen und war von ihr so beeindruckt, dass er 1704 eine Kopie der Loretokapelle in das bereits bestehende Kloster-und Kirchenensemble von Rumburk integrieren ließ. Tatsächlich handelt es sich um eine der kostbarsten Kopien der Casa santa, die in Tschechien zu finden sind. Der Legende nach handelt es sich um das Haus, in dem Maria mit ihrer Familie in Nazareth gelebt hat. Möglicherweise haben es die Kreuzfahrer nach ihrer Niederlage gegen die Muslime abgebaut, auf ein Schiff verladen und in Loreto wiedererrichtet. Eine Prüfung der Steine des Gebäudes hat immerhin ergeben, dass sie aus der Gegend von Nazareth stammen. Wie dem auch sei, wir brauchen nun nicht mehr nach Loreto zu fahren, wir haben sie gesehen, die Casa Santa.
Elke Kreischer