Exkursion zu Kirchen im Oberspreewald

Zwei Förderprojekte des FAK, mittelalterliche Fresken und eine Gutskapelle …

Sonnenschein grüßt die Exkursionsteilnehmer vor der Stadtpfarrkirche St. Nikolai in Lübbenau. Die Kirchenführerin, Frau Wendland, heißt uns alle herzlich willkommen und nimmt uns mit auf eine Reise durch die fast dreihundertjährige Geschichte der Kirche. Fasziniert von der großartigen Rokokoausstattung der Dresdner Hofkünstler lauschen wir ihren Worten. Die Kirche und ihre Ausstattung sind eng mit der Standesherrschaft der Grafen zu Lynar (1621-1918) verbunden. Das große Epitaph für Moritz Carl zu Lynar († 1768) mit seinem vielseitigen Figurenschmuck vom Dresdner Hofbildhauer G. Knöffler, der kniende Taufengel nach Berthel Thorvaldsen (1864) und der Altaraufbau (1741) begeistern. Höhepunkt der Besichtigung sind die frisch restaurierten Kristall-Kronleuchter. Hier war unter anderem unsere Stiftung Brandenburgische Dorfkirchen an der Finanzierung beteiligt.

Restaurierte Kristallleuchter in der Stadtkirche Lübbenau

Im nahegelegenen Vetschau erwartet uns eine Besonderheit – zwei Kirchen fest miteinander verbunden. Zunächst besichtigen wir die Evangelische Landkirche (Wendische Kirche) von 1650, die 1853 weitgehend neu aufgebaut wurde. Der Innenraum wird durch die zweigeschossigen Emporen und den Kanzelaltar in klassizistischen Formen bestimmt, schön auch der neugotische Orgelprospekt. Eine kleine Ausstellung berichtet über die durch den Braunkohletagebau „verlorenen“ Kirchen in der Lausitz. Durch die Sakristei gehen wir hinüber in die Evangelische Stadtkirche (Deutsche Kirche) von 1690/94. Ein lichtdurchfluteter Raum empfängt uns. Raumbestimmend die zweigeschossige Hufeisenempore im Norden, die Logen an der Südwand, der Altaraufsatz und die Kanzel aus der Bauzeit. Ungewöhnlich das Altarblatt eines unbekannten Malers: „Die drei Frauen am Grabe“. Ein Posaunenengel grüßt vom Schalldeckel der Kanzel.
Zu den nächsten zwei Stationen begleitet uns Pfarrerin i.R. Martina Schmidt, die hier über zwei Jahrzehnte Dienst tat. In Reuden erwartet uns ein reizvoller quadratischer Zentralbau mit halbrunder Nordapsis von 1729. Der Architekt George Baehr wird gerne mit der Gutskapelle in Verbindung gebracht. Die kleine Gutskapelle war zu DDR-Zeiten, bedingt durch den vorrückenden Braunkohletagebau, bereits aufgegeben. Zur Wende bauaufsichtlich gesperrt, mehr Ruine als Kapelle, erweckte ein rühriger Förderverein sie dann zu neuem Leben. Ein monumentaler Kanzelaltar aus der Bauzeit bestimmt das Innere. Heute steht sie wieder der Kirchgemeinde zur Verfügung und wird regelmäßig für Kulturveranstaltungen genutzt. Ein langfristiger Nutzungsvertrag zwischen der Stadt Calau (Eigentümerin) und dem Förderverein sichert den Fortbestand der Gutskapelle.
Nächste Station: Kalkwitz. Ein besonderer Schatz der spätgotischen Saalkirche, die im 17. Jahrhundert barock überformt wurde, ist die mittelalterliche Ausmalung, heute nur noch in Resten erhalten. Wir können ein jüngstes Gericht mit „furchterregendem“ Teufel, einen Christophorus und eine Auferstehungsszene entdecken. Vom Sündenfall hat sich nur die Eva erhalten. Die Restaurierung der Ausmalung konnte 1994 erfolgreich abgeschlossen werden. Pfarrerin Schmidt berichtet ferner vom schwierigen Anfang der Instandsetzung der Kirche zu Beginn der neunziger Jahre. Ein Kanzelaltar (1721) und zeitgenössische Kunstwerke an den Brüstungen der Logen gehören ebenfalls zur Ausstattung der Kirche. Bereits während des Vortrages schleicht sich eine junge Katze in die Kirche und zieht die Aufmerksamkeit auf sich. Mit uns verlässt sie auch das Gotteshaus und nimmt genussvoll Streicheinheiten der Damen unserer Reisegruppe entgegen. Als ein junger Hund die Szene betritt, ist die Idylle plötzlich vorbei. Hund und Katze – kann das gutgehen? Natürlich nicht! Die Katze rettet sich auf den nächsten Baum, der Hund hinterher, kann sie aber in ihrer sicheren Position nicht erreichen. Minuten vergehen, wer wird wohl den Kürzeren ziehen? Wie zu erwarten, der Hund verliert, verlässt winselnd das „Schlachtfeld“ und die Siegerin zieht des Weges – Ende gut, alles gut.
In Groß Jehser werden wir schon von Vertretern der Kirchengemeinde erwartet. Beim Eintreten in die altehrwürdige Kirche sind wir von der festlichen Stimmung ergriffen. Die Kerzen an den flämischen Kronen wurden entzündet, der Altarbereich ist für das morgige Erntedankfest mit Gaben aus Feld und Flur liebevoll geschmückt. Eine überreiche Ausstattung aus dem 18. Jahrhundert begeistert. Da sind die lieblichen Engel am Wandepitaph für Johann († 1705) und Dorothea († 1737) von Patow, ein mächtiger Ädikula-Altar und die Kanzel mit Pfarrstuhl, vielleicht handelt es sich aber auch um einen protestantischen Beichtstuhl. Eine Vielzahl von weiteren Epitaphien schmückt den Kirchenraum. Im Rahmen der Aktion „Vergessene Kunstwerke“ des FAK wurde 2019 für die Restaurierung der wertvollen Ausstattung der Kirche gesammelt. Zum Schluss gibt’s noch eine Überraschung, Renate Bosch hat am Spieltisch Platz genommen und plötzlich erklingt die Orgel. Obwohl sie mächtig verstimmt ist, erkennen wir doch die altbekannten Choräle. – Danke, Renate.

Foto und Text: Klaus-Peter Heinecke

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