Zum Glockenguss ging es bis an die holländische Grenze

Die Kirchengemeinde Berlin-Mahlsdorf erhielt neue Glocken

Die evangelische Kirchengemeinde Berlin-Mahlsdorf hat drei Kirchengebäude, deren Bronzeglocken im Zweiten Weltkrieg abgeliefert werden mussten. Nur in der alten Pfarrkirche aus dem 13. Jh. gibt es noch eine Bronzeglocke (1488) von ehemals dreien. Alle Stahlgussglocken, die seit den 1950er Jahren als Ersatz dienen, bedürfen in nächster Zeit der Erneuerung. Deshalb fasste der Gemeindekirchenrat den Beschluss, diese durch neue Bronzeglocken zu ersetzen. Zunächst sollten die zwei Glocken der Kirche in Mahlsdorf-Süd (Theodor-Fliedner-Heim) ersetzt werden. Das Gebäude war 1937 von Otto Risse für die stark angewachsene Eigenheimsiedlung errichtet worden. Der nach allen Seiten spitzbogig geöffnete Turm ermöglichte einen am wenigsten komplizierten Aus- und Einbau. Der erste Schritt zur Realisierung war rasch getan. Nachdem das Vorhaben in  der Gemeinde bekannt  gemacht worden war, fanden sich Mitstreiter in einer Glockengruppe zusammen, die nach Beratungen mit dem Glockensachverständigen der EKBO Aufträge an  Ingenieurbüros erteilte, es ging um  Gutachten zur Baustatik und zum Schwingungsverhalten. Daraus resultierend wurden Einbauten zur Sicherung der Baustatik erforderlich, die so wenig wie möglich optisch wahrnehmbar sein sollten, so die Forderung des Denkmalschutzes. Beim Glockenstuhl war zu berücksichtigen, dass für die Glocken nicht wie bisher gekröpfte, sondern gerade Joche anzubringen waren. Der Glockenguss wurde an die Glocken- und Kunstguss-Manufaktur Petit & Gebr. Edelbrock in Gescher vergeben, die bereits die alten Glocken aus dem Jahr 1937 hergestellt hatte. Im Oktober 2019 war es dann soweit – die neuen Glocken wurden gegossen. Ein Ereignis, das die Gemeinde mit reger Anteilnahme verfolgte. So begab sich eine Gemeindegruppe auf die Reise nach Gescher (NRW) und erlebte den Glockenguss live vor Ort.

Einholung der Glocken auf festlich geschmücktem Wagen          Foto: Kuno Göing

Am  6. Oktober erfolgte  in einem feierlichen Umzug die „Einholung der Glocken“ – auf einem geschmückten Wagen wurden die beiden neuen Bronzeglocken unter reger Anteilnahme der Bewohner  von einem etwa 500 Meter  von der  Kirche entfernten Platz bis zum Kirchengelände geleitet. In einer festlichen Andacht nahm die Gemeinde die kostbare Neuanschaffung an der Kirche in Empfang. Zur Freude der Gemeinde nahmen auch Vertreter unserer Partnergemeinde aus dem Kaliningrader Gebiet an der Feierlichkeit teil. Bis zum 31. Oktober sollte die Aufhängung im Turm erfolgt sein, und es erwies sich, dass die Arbeiten dann buchstäblich erst am Tag davor beendet werden konnten. 

Die aufgehängten neuen Glocken im Turm                 Foto: Kuno Göing

Am Reformationstag wurden die Glocken in einem Festgottesdienst in Dienst genommen. Da das Amt für Denkmalpflege darauf bestand, in würdiger Form eine Erinnerung an die alten Stahlgussglocken zu bewahren, hängt im Gemeinderaum eine Dokumentation mit einer installierten Tonaufzeichnung. Auf Knopfdruck kann man so die alten Glocken noch einmal hören. Die Stahlglocken wurden an interessierte Gemeindemitglieder verschenkt. Als Gemeinde konnten wir mit dem Vorhaben beginnen, weil uns im Augenblick die finanziellen Mittel zur Verfügung stehen. Überrascht waren wir aber doch, dass bei der Endabrechnung die Kosten für Gutachten, Vorarbeiten, Transport sowie Ausbau der alten und Aufhängung der neuen Glocken das Dreifache des eigentlichen Glockenpreises ausmachten. Der Erfolg im Theodor-Fliedner-Heim macht uns Mut, nun auch mit der Glockenerneuerung in der nächsten, der Alten Pfarrkirche, zu beginnen. Für Kirchengemeinden und Fördervereine, die sich mit ähnlichen Absichten tragen, empfehlen wir, erst einmal auf der FAK-Homepage nachzusehen, ob vielleicht gerade günstig Kirchenglocken aus anderen Gegenden dort vermittelt werden.       

Uwe Donath            

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