Die Christuskirche in Berlin-Oberschöneweide

Die Christuskirche in Berlin Oberschöneweide. Unser Foto zeigt einen Blick von der Orgelempore auf den Altar. Er gehört zu der originalen Ausstattung von 1908 und ist einem mittelalterlichen Flügelaltar nachempfunden. Seine beiden reichgeschnitzten Seitenfelder sind mit Rankenwerk versehen, die das Mittelfeld mit dem gekreuzigten Christus einrahmen. Leider ist die einst prachtvolle Ausmalung des Chores nicht erhalten geblieben, sie wurde weiß übermal und bei der Rekonstruktion des Gotteshaus nicht wiederhergestellt.

Die Christuskirche liegt im Industriebezirk Berlin-Oberschöneweide. Sie ist berühmt für ihre gute Akustik. Diese hat dazu geführt, dass das Gotteshaus zu DDR-Zeiten als Tonstudio des VEB Deutsche Schallplatten genutzt wurde. Er ließ hier zahlreiche klassische Konzerte aufnehmen und unter dem Label „ETERNA“ verkaufen. Nach der Wende verwandelte sich das Gebäude wieder in eine Kirche.

                                                   

Himmlische Klänge im Gotteshaus

Berliner Christuskirche ist berühmt für ihre Akustik

Die Christuskirche liegt mitten auf einer Verkehrsinsel im Häusermeer .

Sie liegt wie ein Schiff auf einer kleinen grünen Insel inmitten eines Häusermeers, die Christuskirche von Berlin-Oberschöneweide. Am 6. November 1908 nach anderthalbjähriger Bauzeit in Anwesenheit der „allergnädigsten Kaiserin Auguste Victoria“ eingeweiht, gab sie den Bewohnern des rasant wachsenden Industriebezirks Oberschöneweide eine eigene geistliche Heimat. Zuvor hatten sie in die relativ weit entfernte Köpenicker St. Laurentiuskirche gehen müssen, wenn sie am Gottesdienst teilnehmen wollten. Die Einweihung des Gotteshauses, für dessen Errichtung das Kaiserhaus 300.000 Mark sowie eine prachtvoll gebundene Altarbibel beisteuerte, die 1980 gestohlen wurde, war ganz im Sinne von Auguste Victoria. Sie machte damit ihrem volkstümlichen Namen „Kirchenjuste“ alle Ehre, denn die Kaiserin ließ zahlreiche Gotteshäuser in Berlin und Brandenburg errichten, um der zunehmenden Entkirchlichung insbesondere der Arbeiterschaft entgegenzuwirken. Architekt der Christuskirche war Robert Leibnitz, der offenbar einen guten Draht zum Kaiserhaus hatte, denn Wilhelm II. beauftragte ihn auch mit der Errichtung der Erlöserkirche in Jerusalem, einem sehr prominenten Bau für deutsche Pilger in unmittelbarer Nähe der Grabeskirche. Das Besondere an der Christuskirche ist ihre außergewöhnlich gute Akustik, die sie zu DDR-Zeiten zum Objekt der Begierde des Unternehmens „Deutsche Schallplatte“ machte, die die Kirche seit Anfang der 60er Jahre als Tonstudio nutzte. In den „heiligen Hallen“ wurden zahlreiche klassische Aufnahmen für ETERNA eingespielt.

Ihre gute Akustik prädestiniert sie für ein reiches Musikleben. Dazu trägt auch die Sauer-Orgel bei (im Bild), die am Tag der Einweihung der Kirche (6. November 1908) zum ersten Mal erklang. Leider ist die dekorative originale Innenausmalung der Kirche nicht erhalten, sie wurde zu DDR-Zeiten mit weißer Farbe  überstrichen. Nur im Altarraum blieb auf Bitten der Denkmalpfleger bei der Restaurierung ein kleiner Streifen der einstigen Ausmalung sichtbar

Um optimale Bedingungen dafür zu schaffen, wurden die Fenster mit Zellwolle abgedichtet, der Fußboden mit Estrich ausgegossen, an den Emporen Einbauten mit Pressspanplatten angebracht und leider auch die Originalbänke ausgebaut und entsorgt. „Die Gemeinde nutzte das Gotteshaus eigentlich nur noch Weihnachten“, erzählte uns Gemeindemitglied Bernd Böttcher, der jeden Samstag zwischen 14 und 17 Uhr dafür sorgt, dass die Kirche ihre Pforten für jedermann geöffnet hält. Auch heute noch ist das Gotteshaus bei Künstlern für Einspielungen begehrt, wie ein Harfenkonzert deutlich macht, das dort aufgenommen wurde und mit dem Besucher der offenen Kirche begrüßt werden. Und dies, obwohl die Kirche inzwischen wieder Kirche ist und von Februar 2003 bis April 2004 innen und außen umfassend saniert wurde, wobei die „artfremden“ Einbauten entfernt wurden. Sie erhielt eine neue Bestuhlung und unter den Emporen entstanden ein durch Glaswände abgetrenntes Café bzw. ein Gemeinderaum. „Die Sanierung ist immer noch nicht vollständig abgeschlossen“, so Bernd Böttcher, „demnächst werden wir damit beginnen, die mit Holz und Stoff verkleideten Emporen zu restaurieren. Dafür sind rund 50.000 Euro vonnöten, 20.000 davon wurden schon gesammelt.“ Heute macht es sich die Gemeinde selbst zunutze, dass ihre Kirche über eine exzellente Akustik verfügt. Es gibt einen sehr aktiven Verein „Kirche und Kultur in Oberschöneweide“, der dafür Sorge trägt, dass das Gotteshaus „bespielt“ wird. Auch Bernd Böttcher gehört ihm an. Und so erfahre ich sozusagen aus erster Hand, was, so Corona das zulässt, an kulturellen Highlights zu erwarten ist: Am 3. Mai zum Beispiel trifft mit dem „Manfred Kullmann Trio“ Klassik auf Jazz und am 17. Mai singt die „Randgruppencombo“ Lieder von Gerhard Gundermann. Daneben gibt es laufend Konzerte von Köpenicker Chören wie dem „Chorensemble Köpenick“ oder dem Chor „Jahresringe“. Schauen Sie doch am Samstag einfach mal herein in die offene Kirche und lassen Sie sich von ihrer opulenten „jugendstiligen“ Innenausstattung und der himmlischen Musik überraschen, die Sie dort erwarten.

Text und Fotos: Elke Kreischer

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