Barock-Orgeln aus Meisterhand mit „klingender Architektur“

Die Wagner-Gesellschaft pflegt das Erbe des berühmten Orgelbauers

Von den in Brandenburg noch erhaltenen Instrumenten Joachim Wagners ist das im uckermärkischen Sternhagen eines der kleinsten. Dafür aber ließ diese Orgel schon viel von sich hören, seit sie 2006/2009 weitgehend originalgetreu restauriert worden ist. Der Förderkreis Alte Kirchen hatte finanziell, durch Spenden unserer Mitglieder und weitere Aktionen, dazu beigetragen. Konzerte bekannter Organisten locken seitdem Musikfreunde von weither nach Sternhagen. Wagner hatte das Instrument 1736 mit zehn Registern auf einem Manual und Pedal für das nahe Gramzow erbaut. Als die dortige Kirche 1857 eine neue Orgel erhielt (heute steht dort eine 1938 gebaute), wurde die Wagner-Orgel nach Sternhagen umgesetzt. Sie war mehrfach umdisponiert, also mit neuen Pfeifenreihen bestückt worden.

Klein aber fein – die restaurierte Wagner-Orgel im uckermärkischen Sternhagen                                                                     Foto: Bernd Janowski

„Die Restaurierung durch die Potsdamer Firma Schuke umfasste neben der Instandsetzung der Mechanik auch die originalgetreue Nachfertigung zahlreicher Pfeifen, des Zimbelsterns und sogar die Tretanlage der Bälge, die während des ganzen Wiedereinweihungsgottesdienstes am 5. Juli 2009 wie in alten Zeiten in Aktion gesetzt wurde“, erzählt Andreas Kitschke, Vorsitzender der Joachim-Wagner-Gesellschaft e.V. und Orgelsachverständiger der EKBO.
Die Joachim-Wagner-Gesellschaft mit Sitz in Brandenburg an der Havel wurde 2006 in Rühstädt (Prignitz) gegründet, wo eines der Instrumente dieses außergewöhnlichen Berliner Orgelbauers der Barockzeit erhalten ist. Sie widmet sich in besonderem Maße der Erforschung und Pflege des Lebenswerks dieses Meisters, der schulebildend wirkte. Wagner-Orgeln verfügen über einen überaus farbigen, herb-frischen Klang, der durch Betonung der tiefen Tonlagen durchaus schon in die Zeit der Empfindsamkeit weist. Mindestens 53 Orgeln hat Joachim Wagner geschaffen, davon sind elf inzwischen restauriert, weitere sechs teils dringend restaurierungsbedürftig. Elf Instrumente zeigen zwar noch die reich verzierten Barock-Prospekte (Orgelfassaden) des Meisters, doch bergen sie inzwischen neuere Instrumente.

Restauriert wurden in den vergangenen Jahren auch die Wagner-Orgeln in Schönwalde-Glien (Baujahr 1739) und in der Jüterboger Liebfrauenkirche (Baujahr 1737). Die Berliner Orgelbauwerkstatt Karl Schuke hatte diese Aufgabe übernommen.
„Aber es gibt noch manches wertvolle Instrument dieses Meisters, das auf eine Restaurierung wartet“, sagt Andreas Kitschke. „Dringenden Bedarf haben die Orgeln in den uckermärkischen Orten Felchow und Flemsdorf. Zu retten wäre noch das Orgelwrack in Zachow (heute Czachów, Polen), dessen Gehäuse und Mechanik noch existieren, während die Pfeifen fehlen.“

Für die Restaurierung des Instruments in der Dorfkirche von Felchow hatte der Förderkreis Alte Kirchen in der Vergangenheit schon Geldbeträge überwiesen. Dort verzögerte sich das Vorhaben, als unerwartet Schwammbefall entdeckt wurde. Der muss nun zunächst bekämpft werden. So lange liegt das Geld in Felchow „auf Eis“.
Die bekanntesten restaurierten zweimanualigen Wagner-Orgeln stehen im Dom zu Brandenburg, in Angermünde, Treuenbrietzen und Wusterhausen/Dosse, ja sogar im Dom zu Trondheim in Norwegen.

Joachim Wagner, 1690 in Karow bei Genthin geboren und seit 1719 in Berlin ansässig, errichtete in der Mark Brandenburg, bis ins damalige sächsische Grenzgebiet um Jüterbog reichend, sowie in der Alt- und Neumark neue Orgeln, darunter neun große mit drei Manualen.

Mit der Orgel in der Berliner Marienkirche schuf er ein Meisterstück. Die 1730 geplante Großorgel mit 110 Registern für die St.-Petri-Kirche in Berlin wurde wegen zweimaligen Turmeinsturzes nicht realisiert. So blieb die Orgel in der Garnisonkirche Berlin sein größtes und einst bekanntestes Werk.
„Wagner, unbestritten der bedeutendste märkische Orgelbauer des 18. Jahrhunderts, verband in differenzierter Disponierweise den Silbermann-Stil mit österreichisch-böhmischer Überlieferung zum gültigen Typ der preußischen Barockorgel“, so Andreas Kitschke. „Seine variantenreichen Orgelgehäuse wurden im barocken Sinne zu ,klingender Architektur`.“

Eva Gonda

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