25 Taufengel erlebten ihre „Wiedergeburt“

Zehn Jahre Spendenkampagne für die Rettung von Kunstwerken in Brandenburger Dorfkirchen

In der Zeitschrift „Brandenburgische Denkmalpflege“ (Heft II / 2018) zieht Werner Ziems, Amtsrestaurator am Brandenburgischen Landesamt für Denkmalpflege Bilanz. Wir drucken seinen Beitrag in Auszügen nach.

Es begann mit Taufengeln, den schwebenden, eine Taufschale haltenden Engelsfiguren, die im späten 17. Jahrhundert in die brandenburgischen Kirchen einzogen und später, aus der Mode gekommen und oft beschädigt, auf Dachböden oder in Abstellkammern „verschwanden“. Zu ihrer Rettung wurde 2008, vor nunmehr zehn Jahren, eine Spendenkampagne ins Leben gerufen. Während viele schadhafte Kirchen mit Hilfe staatlicher Förderprogramme instandgesetzt werden konnten, fehlten oft für die darin vorhandenen Kunstwerke und Ausstattungsobjekte die finanziellen Mittel, um sie fachgerecht zu restaurieren.


DER RESTAURIERTE TAUFENGEL der Dorfkirche in Wismar (Uckermark) schmückt nun wieder das alte Gotteshaus und erfreut Gemeinde und Gäste mit seinem Anblick Foto: Bernd Janowski

Unter dem Motto „Menschen helfen Engeln“ riefen das BLDAM, die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz und der Förderkreis Alte Kirchen gemeinsam dazu auf, für die Restaurierung der bis dahin unbeachteten, ein Schattendasein fristenden Taufengel dringend benötigte Gelder zu sammeln. Die alljährlich in der Vorweihnachtszeit in der Staatskanzlei des Landes Brandenburg durchgeführte Pressekonferenz in Potsdam verschaffte dem Vorhaben schnell die nötige Aufmerksamkeit. Die Spendenkampagne wurde ein großer Erfolg. Nach drei Jahren waren über 78.000 Euro zusammengetragen, mit deren Hilfe 25 Taufengel gesichert bzw. restauriert und teilweise wieder ihren ursprünglichen Platz in der Mitte des Altarraums, einnehmen konnten. Besonders erfreulich war es, wenn eine Kirchengemeinde ihren Taufengel anlässlich einer Kindstaufe in Dienst nahm, wie zum Beispiel in der kleinen Dorfkirche in Niebendorf (Landkreis Teltow-Fläming) im Jahr 2011.

Doch nun kam die Frage auf: Was soll mit all den anderen mehr oder weniger bedeutenden Kunstwerken in den Dorfkirchen geschehen? Die Spendenkampagne wurde kurzerhand erweitert und lief nun unter dem Motto „Vergessene Kunstwerke brauchen Hilfe“. Damit war es einerseits möglich, einzelnen akuten Problemfällen zu helfen. Andererseits konnte auf das allgemeine Problem der zahlreichen restaurierungsbedürftigen Kirchenkunstwerke aufmerksam gemacht werden.

Nutznießer der Spendenkampagne waren sehr unterschiedliche Objekte, etwa die kunsthistorisch wertvollen Kirchenaltäre in Laubst und Ruhland. Aber auch weniger bedeutenden Kunstwerken konnte geholfen werden. In der Dorfkirche in Dedelow (Uckermark) etwa wurde der Altaraufsatz gesichert und der für lange Zeit in der Turmkammer abgestellte, stark beschädigte Deckel der hölzernen Renaissancetaufe restauriert. In der Bernauer Marienkirche  konnten die seit ihrer Demontage in verschiedenen Depoträumen eingelagerten Fragmente der Renaissanceorgel konserviert werden und fanden erstmals wieder im Kirchenraum an einer repräsentativen Stelle, neben der Orgel des 19. Jahrhunderts, Aufstellung. In der Dorfkirche Blankensee (Teltow-Fläming) zieht heute wieder das fachgerecht restaurierte Gemälde des Epitaphs für Anna von Schlabrendorf die Aufmerksamkeit der Besucher auf sich. Besonders hilfreich war die Spendenkampagne für die Dorfkirche in Kunow (Uckermark), in der ein Teil des mit emblematischen Darstellungen bemalten Kastengestühls 2018 restauriert werden konnte.

Insgesamt wurden in den vergangenen zehn Jahren für die genannten Objekte einschließlich der Taufengel 148.808 Euro zusammengetragen. Ein Erfolg, der Mut macht, sich auch weiterhin für die „Vergessenen Kunstwerke“ einzusetzen!  Wohl wissend, dass der tatsächliche Bedarf weit größer ist als die bislang eingeworbene Summe, muss es uns umso mehr Ansporn sein, mit der Spendenkampagne fortzufahren. Dort, wo die aufgebrachten Spenden nicht ausreichen, um die Kunstwerke vollständig zu restaurieren, konnte doch wenigstens der Verfall durch Sicherungsmaßnahmen aufgehalten werden. Gelegentlich wurde die Spendenzuwendung auch zum Ansporn für weitere Sammelaktionen durch die Kirchengemeinden.

Aktuell wird für die Restaurierung der Ausstattung der Dorfkirche in Barenthin (Prignitz) gesammelt. Seit 2018 ist die umfangreiche Sanierung des schlichten Feldsteinbaus des 16. Jahrhunderts abgeschlossen, jetzt steht die Erhaltung der Kirchenausstattung auf dem Programm. Es gilt nun vor allem, die in der Emporenbrüstung eingelassenen Gemälde sowie die Kanzel zu sichern und zu restaurieren. Insbesondere diese beiden Ausstattungselemente prägen den sonst eher schmucklosen Innenraum.

Anmerkung: Für die Restaurierung der Ausstattung der Dorfkirche in Barenthin konnten bis jetzt bereits über 9.000 Euro gesammelt werden.

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