Wenn scheinbar Unmögliches möglich wird
In Angermünde drei Vereine mit FAK-Startkapital ausgezeichnet
Nun weiß ich endlich, wann und warum die mittelalterlichen Feldsteinkirchen Brandenburgs größere Fenster bekommen haben: Nach der Reformation nämlich, als der musikliebende Luther Gesangbücher einführte, die gelesen sein wollten. Im Halbdunkel aber ging das schlecht… Auch die Kirche in Stegelitz (Uckermark) erhielt in dieser Zeit neue Fenster.
FAK-Mitglieder und -Sympathisanten besuchten sie unlängst. Nicht von ungefähr, sondern weil der Verein „Freunde der Feldsteinkirche Stegelitz“ in diesem Jahr zu einem der drei Preisträger des Startkapitals gehört, das am Nachmittag des 14. September in der Heiliggeist-Kapelle von Angermünde überreicht wurde.
Dass die Stegelitzer (der Name des Dorfes ist übrigens möglicherweise von Kolonisten aus dem heutigen Berliner Bezirk Steglitz auf ihre neue Heimat übertragen worden, worauf auch der Tatbestand hindeutet, dass sich in der Nähe noch ein Dorf namens Wilmersdorf befindet) zu den Preisträgern gehören, ist mehr als gerechtfertigt.
Ihre schöne, reich ausgestattete Kirche ist einsturzgefährdet und seit 2016 bauaufsichtlich gesperrt. Es hielt sich hartnäckig das Gerücht, sie solle entwidmet und ihr kostbares Inventar in alle Winde zerstreut werden, was die rund 150 Dorfbewohner beunruhigte, ja, verstörte. Der Berliner „Stadtflüchter“ Andreas Winter, der 2017 neben der Kirche ein Haus erwarb und zur Pension ausbaute, schritt zur Tat und gründete im Dezember 2017 einen Förderverein, dem inzwischen bereits über 80 Mitglieder angehören. Sie haben das Gotteshaus vom Wildwuchs be- freit und 200.000 Euro eingeworben, mit denen die Kirche ab dem Frühjahr 2019 baulich gesichert und wieder nutzbar gemacht werden soll. Ein Nutzungskonzept ist in Arbeit. Schön, dass sich immer wieder mutige Menschen finden, die das scheinbar
Unmögliche möglich machen! Die beiden anderen Preisträger lernten wir nach ausgiebiger Stärkung am Buffet, das der Vorjahrespreisträger und gastgebende Verein “Lebendiges Hugenottenerbe e.V.“ vorbereitet hatte, in der Heiliggeist-Kapelle in Angermünde kennen: den „Förderkreis Lilienthalkirche Derwitz“ und den „Förderverein Dorfkirche Rosenwinkel e.V.“
Derwitz ist nicht zuletzt aufgrund seines speziellen Nutzungskonzeptes, das vorsieht, das Erbe seines berühmtesten Sohnes, des Flugpioniers Otto Lilien- thal, besonders zu pflegen, in die engere Preisträgerauswahl gekommen. So fand anlässlich seines 170. Geburtstages in der Derwitzer Kirche eine mit einer Andacht eingeleitete Informationsveranstaltung statt. Aber natürlich geht es dem Verein auch um die Erhaltung der alten Feldsteinkirche mit ihrem bezaubernden barocken Kanzelaltar von 1716. Und da kommt auf den Verein einiges zu, denn Feuchtigkeit steigt im Sockelmauerwerk auf und die Dächer von Kirchenschiff und Turm müssen erneuert werden. Bei der Vorbereitung der Sanierungsmaßnahmen wurden im Dachraum der Dorfkirche 17 Totenkronen gefunden, die, da ein beredter Ausdruck einstiger Volksfrömmigkeit, restauriert und ausgestellt werden sollen, was den Arbeitsaufwand nicht eben geringer macht…
Auch im Mittelalter wurde scheinbar schon mit „blühenden Landschaften“ geworben, z.B., um Kolonisten anzulocken. So ist Rosenwinkel, auf halbem Wege zwischen Kyritz und Wittstock gelegen, wohl zu seinem poetischen Namen gekommen. Offenbar hat die Werbung auch gefruchtet, denn den Ort und seine dazugehörige Kirche gibt es bis heute. Allerdings ist letztere akut gefährdet durch einen massiven Befall mit Echtem Hausschwamm, der Fruchtkörper wie aus dem Lehrbuch ausgebildet hat, von denen einige bereits geplatzt sind und ihre Sporen über den gesamten Innenraum verstreut haben. Deshalb wurde schon über ihren Abbruch diskutiert. Aber, wie Bernd Janowski in seiner Laudatio erklärte, wo Gefahr ist, wächst das Rettende auch. In diesem Fall ein Förderverein. Es ist bereits der zweite, ein erster löste sich 2009 aufgrund von Unstimmigkeiten unter seinen Mitgliedern auf. Bleibt zu hoffen und zu wünschen, dass dem Unternehmen diesmal mehr Erfolg beschieden sein wird! An Träumen mangelt es jedenfalls nicht, wie Dr. Frank Böttcher vom Förderverein Dorfkirche Rosenwinkel erklärte, so möchte der Verein auch den einst markanten, aber verloren gegangenen Kirchturm wie- deraufbauen. Wer unsere Träume stiehlt, der gibt uns den Tod, sagt ein Sprichwort. Wohl dem, der sie hat und an ihre Realisierung glaubt!
Elke Kreischer