Entdeckungen, die oft überraschen

Mit Freunden und Förderern unterwegs im Fläming

Spurensuche im Jubiläumsjahr

Das zehnjährige Bestehen unserer Stiftung war Anlass für zwei Exkursionen zu Dorfkirchen, deren Sanierung von der Stiftung unterstützt wurde oder künftig gefördert wird. Es waren Tagesreisen voller Eindrücke. Die Gäste konnten sehen und hören, was mit ihrem Geld geschehen ist, sie nahmen den Dank der Nehmer entgegen und wurden selbst gestärkt durch den Optimismus, das Engagement und die Zuversicht der Menschen vor Ort für ein Gelingen ihres oft aufopferungsvollen Engagements zur Rettung ihrer Kirchen.

in der Bricciuskirche in Bad Belzig

Als der Bus an der Burg von Bad Belzig (PM) vorfuhr, waren auf dem Friedhof rund um die Bricciuskirche schon die Ehrenamtlichen des Vereins „Bonte-Friedheim-Lochow e.V.“ mit dem Frühjahrsputz beschäftigt. Frau Junghanss und Herr Kruse hießen die Gruppe in der 700-jährigen Kirche willkommen und erzählten von den Sanierungsarbeiten, die bis Ende 2017 andauerten. Ein wesentlicher Geldgeber war die EU mit ihrem LEADER-Programm, um das sich der Verein beworben hatte. Die Kirche ist nun wieder ein Schmuckstück und teilt sich Gottesdienst und Kulturveranstaltungen mit der Stadtkirche.

Frühlingserwachen in Brandenburg: Während die Wälder noch das winterliche Graubraun zeigten, explodierte die Saat auf den Feldern geradezu. Das Land bekam wieder Farbe. So auch der Friedhof um die Kirche in Ahlsdorf (EE), dessen Gräber mit bunten Frühlingsblumen bepflanzt waren. Frau Hertel von der „Interessengemeinschaft Kranichgrund e.V.“ empfing die Gruppe mit Orgelklang in der Kirche, die nach einem teilweisen Deckenabsturz im Jahre 2011 hervorragend restauriert worden ist. Es gab wieder den bekannten „Wow“-Effekt, der den völlig unvorbereiteten Besuchern fast den Atem nahm. Die Feldsteinkirche stammt aus dem 14. Jahrhundert und wurde ab 1710 von der damaligen Patronatsfami- lie Seyfferitz barock umgestaltet. Die Familie Siemens (Siemens & Halske) fügte Anfang des 20. Jahrhunderts qualitätvolle Ergänzungen hinzu, so dass sich die frisch restaurierte Kirche in allem Glanz präsentieren konnte. Altar, Taufengel, aufwendig gestaltete Epitaphien an den Wänden, Orgelprospekt und eine schöne Kanzel mit Sanduhr bilden ein komplettes zeitgenössisches Ensemble. Diese Eindrücke mussten erst einmal verdaut werden, weshalb sich dann eine Mittagspause anschloss.

Dorfkirche Lichterfelde

Die kleine Kirche in Lichterfelde (TF) ist das komplette Kontrastprogramm zu Ahlsdorf. Wo Ahlsdorf prunkt, zeigt sich Lichterfelde schlicht und bescheiden und noch dazu mitten in der Sanierungsphase. Denn die Kirche zählt zu den ältesten im Fläming und das sieht man ihr an: Zwei alte Rundbogenfenster sind in der Feldsteinwand erhalten, die bis vor kurzem handbreite Risse aufwies und an vielen Stellen mit Backsteinen „geflickt“ worden ist. Erweiterte Fenster, eine grob vermauerte Priesterpforte und ein total verrottetes Fachwerktürmchen auf dem Dach erzählen von dauernder Armut und Durchhaltewillen. Das hätte nun beinahe zur Schließung der Kirche wegen Baufälligkeit geführt, was 2009 durch die Gründung eines Fördervereins verhindert werden konnte, denn nun werden sukzessiv Reparaturen durchgeführt. Jede Familie im Dorf hat mindestens ein Mitglied in diesem Verein. Die Leiter, die Herren van der Kooi und Lust, schilderten anschaulich die Notsituation der Kirche, bei der man sich selbst helfen muss, denn für die EKBO ist die kleine Gemeinde zu unwichtig und eine Sanierung der Kirche wird nicht gefördert. Der Verein hat diese Aufgabe mit viel Mut, Fantasie und fast ohne Geld angepackt. Mit vielen Aktionen wurden notwendige Mittel gesammelt und in kleinen Schritten Reparaturen durchgeführt. Die Jugendbauhütte Brandenburg/Berlin legte als Spende Hand an, der FAK und die Stiftung halfen mehrmals, die Ostdeutsche Sparkassenstiftung steuerte etwas bei und als vorläufiger Höhepunkt pilgerte Herr Lust mit seinen Söhnen und drei Eseln im Büßergewand 70 km durch Teltow-Fläming und sammelte 7.000 Euro, wovon das Dach über dem Chor gedeckt werden konnte. Herr Lust zeigte auch den neuen Taufengel von 2013, den jüngsten Brandenburgs, der bei der Taufe seiner Söhne aktiv wurde. Die Besucher waren beeindruckt, und der Taufengel hatte bald einen erheblichen Geldbetrag in seiner Schale.

Wir berichteten schon mehrmals über die Kirche in Waltersdorf (TF) und ihre Schwesterkirche in Niebendorf, erstere besuchten wir ebenfalls. Von außen inzwischen eine sauber renovierte Feldsteinkirche, die, da turmlos, auf den ersten Blick noch immer wie eine Scheune wirkt, enthüllt sich innen als ein Schatzkästlein, das gemeinsam mit Niebendorf in Brandenburg einzigartig ist. Beide Dörfer gehörten derselben Gutsherrschaft, die sich im frühen 18. Jahrhundert mit der außergewöhnlichen geschnitzten und gemalten Ausstattung ein Denkmal schuf. Die Restaurierung in Niebendorf ist abgeschlossen; in Waltersdorf hat man das Geld für die Restaurierung der Gemälde im hölzernen Tonnengewölbe noch nicht zusammen, kann aber in diesem Jahr mit den ersten Maßnahmen beginnen.

Anschließend ging es nach einer Kaffeetafel im Nachbardorf Heinsdorf dann wieder heimwärts.

Text und Foto: Dr. Hans Krag

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