Dorfkirche Schönwalde-Dorf
Steckbrief
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14621 Schönwalde-Glien OT Schönwalde-Dorf | Havelland |
Barockbau von 1737 mit Rosenkanzel und Hufeisenempore aus der Bauzeit, Wagner-Orgel von 1738/39, originalgetreu erhalten. Die Farbfassung der Kanzel, inkl. Schalldeckel und Bekrönung, wurde 2023/24 auf das barocke Original restauratorisch zurückgeführt und somit der bei der Generalsanierung der Orgel 2015 entdeckten Farbfassung im Berliner Blau-Gold-Elfenbein angeglichen. | Zugänglich vor und nach den Gottesdiensten, sonst Anmeldung im Pfarrbüro, Tel. 03322-212857, Über unsere Orgelkonzerte informieren Sie sich bitte auf unserer Homepage www.eva-schoenwal.de |
Die Kirche des zwischen Nauen und Hennigsdorf gelegenen Dorfes Schönwalde ist ein stattlicher barocker Backsteinbau, den der damalige Patronatsherr des Ortes, Otto Rollas du Rosey, anstelle eines marode gewordenen Vorgängerbaus errichten ließ. Die Chronik vermeldet hierzu: „Otto von Rosey erhielt das Gut Trinitatis 1735 nach dem Teilungsrecessus von 1734 für 32000 thlr. Er war vermählt 3.7.1735 mit Dorothea Bonesse geb. 1707. Die Hochzeit des Paares wurde in der Stille auf dem hochadelichen Hause auf Königl. Concession u. dero Special-Befehl gefeiert. Otto von Rosey ließ 1737, wie es die Wetterfahne meldet, die Schönwalder Kirche fast gantz auf seine Kosten neu erbauen.“
Der im Westen vorgesetzte Kirchturm wird von einem Zeltdach mit Walmgauben und einer hölzernen Laterne bekrönt. Auf der Ostseite des durch reiche Putzgliederung ausgezeichneten Baus deutet der dreiseitig geschlossene Chorbereich eine Apsis an.
Die Ausstattung des flachgedeckten Innenraumes mit auf die Langseiten übergreifender Westempore ist zum großen Teil aus der Bauzeit erhalten. Der Kanzelaltar mit einem auffallend mächtigen gebauchten Kanzelkorb und großem Schalldeckel ist mit Akanthus- und Rosendekor geschmückt. Zwei Ausstattungsstücke der Schönwalder Kirche jedoch sind es, die den Kirchenraum tatsächlich zu etwas Besonderem machen und einen Besuch des Gotteshauses unbedingt wert sind:
Da ist zum ersten die Orgel, die 1738/39 kein geringerer als Joachim Wagner schuf. Dass der bedeutendste märkische Orgelbauer seiner Zeit im kleinen Schönwalde ein Instrument mit zwölf Registern in einem Manual und dem Pedal baute, ist vielleicht dem geistlichen Inspektor George Lamprecht zu verdanken, der wenige Jahre zuvor die Einweihung der Wagner-Orgel in der Spandauer Nikolai-Kirche mit einer Predigt würdigte und nach Fertigstellung des Instrumentes auch die Weihepredigt in Schönwalde hielt. Bemerkenswert ist, dass der Patron Otto du Rosey, der selbst dem reformierten Glauben angehörte, auch für die Anfertigung der Orgel keine Kosten scheute.
Die originalen Prospektpfeifen mussten 1917 für Rüstungszwecke abgeliefert werden. Ansonsten sind in acht Registern noch nahezu alle Originalpfeifen erhalten. Romantische Veränderungen des 19. Jahrhunderts wurden bereits 1935 bei einer Renovierung durch die Firma Alexander Schuke (Potsdam) rückgängig gemacht. Im vergangen Jahr 2015 war es möglich, durch die Berliner Orgelwerkstatt Karl Schuke GmbH eine erneute gründliche Instandsetzung durchführen zu lassen. Dem schön verzierten Rokoko-Prospekt gab die Restauratorin Dagmar Rothen-Nitsche die originale Farbfassung zurück.
Bedeutsam ist auch ein über dem Südportal befindliches Epitaph für den Berliner Propst und Konsistorialrat Johann Gustav Reinbeck (1683 bis 1741). Reinbeck, „einer der würdigsten, helldenkendsten und einflußreichsten protestantischen Theologen des 18. Jahrhunderts“ (so sein Enkel Georg von Reinbeck in einer 1842 erschienenen Biographie), war ein bedeutender Vertreter der Aufklärungstheologie und intellektuelles Oberhaupt der „Gesellschaft der Aletophilen“ (Weisheitsliebenden), die sich der Verteidigung des Philosophen und Naturrechtlers Christian Wolff gegen die an der Universität Halle tonangebenden Pietisten verschrieben hatte. Neben zahlreichen anderen Schriften erregte auch eine Abhandlung Reinbecks über die Unsterblichkeit der Seele Aufmerksamkeit, die sich gegen den Materialismus Voltaires richtete.
Johann Gustav Reinbeck war eng mit dem Schönwalder Gutsherren Otto du Rosey befreundet, der ihm für ein seine Eheschließung günstiges theologisches Gutachten verpflichtet war. Oft war Reinbeck zu Gast in Schönwalde .Und hier starb er auch während eines Besuchs „an einem plötzlich auftretendem Kolikanfall“. Reinbeck wurde in der du Roseyschen Familiengruft vor dem Altar der Dorfkirche beigesetzt. Sein Epitaph stellt, wie sein Enkel schrieb, „eine Pyramide von grauen Werkstücken mit seinem Brustbilde in weißem Marmor und einer Inschrift in vergoldeten Buchstaben auf blauem Grunde dar“.
Weitere Informationen: Pfarrer Martin Burmeister; Germanenweg 41; 14621 Schönwalde-Glien; Tel.: 03322-212857; Mail: martinburmeister@web.de.