Taufkleider und Taufkäppchen
Einzigartige Zeugnisse der Prignitzer Kulturgeschichte und Glaubenstradition in Meyenburg
Anne Haertel ist seit dem 1. September 2023 die Geschäftsführerin des Förderkreises Alte Kirchen Berlin-Brandenburg e.V


In der Geschäftsstelle des Förderkreises Alte Kirchen läutete das Telefon. „Hallo“ ertönte eine fröhliche weibliche Stimme am anderen Ende. „Ich habe von der Taufkleidausstellung gelesen. Ich habe auch ein altes Taufkleid. Es ist aber nur 136 Jahre alt. Ob das wohl für die Ausstellung interessant ist? Mein Opa, der unehelich geboren wurde, wurde einst darin getauft. Er war…“ so sprudelte es aus der alten Dame, einem Mitglied des Förderkreises Alte Kirchen, heraus.
Pfarrer Helmut Kautz und die Evangelische Kirchengemeinde Meyenburg (Prignitz) haben zusammen mit dem Modemuseum Meyenburg dazu aufgerufen, im Rahmen des Taufjahres 2023 der EKD, die schöns-en, ältesten und berührensten Prignitzer Taufkleider für eine Ausstellung zur Verfügung zu stellen. Damit fragten sie auch nach Familientraditionen, nach erinnerten Geschichten, Glaubens-Bekenntnissen und Ritualen, die ein beachtliches Stück Prignitzer Alltags- und Kulturgeschichte mitschreiben.
Eines der älteren Ausstellungsstücke wird das 146-jährige handgefertigte Taufkleid der Familie Möller aus dem Jahr 1888 sein.

Es sollte ursprünglich am 1. September 2023 vom ältesten Familienmitglied, der 100-jährigen Anna-Dorothea Möller in einer feierlichen Zeremonie im Gottesdienst an die Kirchengemeinde Meyenburg übergeben werden. Als ihre Tochter Annette Vlasak, geborene Möller sie dazu abholen wollte, verzichtete die Mutter auf diesen öffentlichen Auftritt und blieb zu Hause. Bei einer Präsentation auf der Grünen Woche im Januar 2024 in Berlin war sie dann aber doch noch dabei. In Meyenburg übergab Tochter Annette das Taufkleid. Sie wurde im Jahr 1964 in diesem wertvollen Kleid getauft, das bereits zuvor zahlreiche Familienmitglieder in den vergangenen Jahrzehnten bekleidet hatte. Jeder einzelne Name ist eingestickt. Es begleitete die Familie Möller auf einer beeindruckenden Reise von der Prignitz nach Philadelphia in den USA weiter nach Barth in Vorpommern. Sie erzählte von Familienfeiern und Zeichen der Hingabe und Verbundenheit zur christlichen Gemeinschaft. Die zahlreichen Erinnerungen werden einen zentralen Platz in der Ausstellung einnehmen.
Neben den Taufkleidern spielen bei der Taufe auch andere Kleidungsstücke und Gegenstände, wie Taufkäppchen und Taufkissen eine wichtige Rolle.
In der Ausstellung wird so zum Beispiel ein außerordentlicher Fund eines Taufkäppchens ausgestellt, …
… in das – man sieht es, wenn man es umdreht, innen ein Zettel mit fünf Namenskürzeln und fünf Jahreszahlen zwischen 1737 und 1834 eingestickt ist.
Insbesondere bei Säuglingen benutzen wir heute ganz natürlich eine Kappe, ein Band oder ein Tuch, mit dem wir den Kopf des Täuflings bedecken. Ursprünglich wurde der Täufling, auch der erwachsene, mit Chrisam, einem wohlriechenden Öl gesalbt und danach die Kopfbedeckung zum Schutz der Salbung angelegt. Die Salbung gehörte zum Ritus der Taufe dazu. Das Öl sollte sich nicht abreiben. In der Regel blieb das Taufkäppchen danach Tag und Nacht auf dem Kopf des Täuflings, bis es am dritten Tag abgenommen wurde.
Alle zur Verfügung gestellten Schätze wurden im Jahr 2023 gesichtet und prämiert und werden nun im Rahmen der im Jahr 2024 stattfindenden einzigartigen „Prignitzer Taufkleidausstellung“ erstmals der Öffentlichkeit präsentiert.

