Unter dem Wandputz verborgen

Weihekreuze, Sakramentsnische und Rot-orange in Zeuden

Ganz in der Nähe der Lutherstadt Wittenberg befindet sich der kleine Ort Zeuden im Hohen Fläming (Potsdam-Mittelmark) mit ca. 130 Einwohnern, dessen Feldsteinkirche aus der Mitte des 13. Jahrhunderts stammt. Im Jahr 2019 waren während der Kirchendachsanierung auch restauratorische Untersuchungen im Innenraum der Dorfkirche durchgeführt und dabei erstaunliche Entdeckungen gemacht worden. Unter einer weißen kunstharz-gebundenen Farbe, die vermutlich aus der Mitte des 20. Jahrhunderts stammt, befanden sich im Apsisbereich mittelalterliche Raumfassungen und im Kirchenschiff welche aus dem 17. Jahrhundert.

Dorfkirche Zeuden – Blick zum Altar

Letztere gehörten zu den im 17. Jahrhundert modernen Quadermalereien, die durch ihre Darstellung optische Täuschungen an Decken und Wänden hervorriefen. Meistens wurden diese spätestens im 20. Jahrhundert übermalt. Ähnliche Wandgestaltungen waren im Jahr 2021 in Lobbese freigelegt worden.

Blick zur Orgel

Seitdem fanden, u.a. mit finanzieller Unterstützung des Förderkreises Alte Kirchen Berlin-Brandenburg e.V., umfangreiche Sanierungsarbeiten zur Wiederherstellung des historischen Zustandes statt, die im Jahr 2022 abgeschlossen werden konnten. Sie kostete 57.607,97 Euro. Die Finanzierung verteilte sich auf 39.607,97 Euro Eigenmittel der Evangelischen Kirchengemeinde Pflügkuff-Zeuden, 13.000 Euro vom Landkreis Potsdam-Mittelmark und 5.000 Euro vom Förderkreis Alte Kirchen Berlin-Brandenburg e.V.

Historische und neue Quader

Aus dem Bericht von Diplom-Restaurator Udo Drott möchten wir folgende Erkenntnisse weitergeben:
„Der bisherige Wandputz an den Wandflächen des Kirchenschiffs wurde mit einer dicken striemigen Kalktünche grundiert und polychrom bemalt. Zunächst erhielt die Wandfläche einen orangeroten Fondton. Darauf wurde mit weißer Farbe ein Fugennetz gemalt. Als Vorzeichnung wurden die Linienverläufe in den Putz geritzt. Die bemalten Quader besaßen eine Größe von ca. 51-688 x 30 cm. Auf diese Flächen wurden mit breiten Lichtlinien und Dreiecksflächen sowie mit grauen Schattenbändern bossierte Quader gemalt.
Im Chorraum wurde nach dem Einbau der gotischen Sakramentsnische eine monochrome rote Raumfassung aufgetragen. Diese war stellenweise sehr gut erhalten. Weitere farbliche Gliederungen konnten auf diesem roten Wandanstrich nicht nachgewiesen werden, sodass angenommen wird, dass der Chor einfarbig war.

Weihekreuze und Sakramentsnische

Sehr besonders sind die auf den Wandputz geritzten voraussichtlich mittelalterlichen Weihekreuze, die noch an vier Stellen des Chorraumes vorhanden sind: an der Ostwand zwei, an der Nord- und Südwand jeweils eins. Für die Herstellung der Weihekreuze wurde zwei konzentrische Kreise als Umrandung vermutlich in den schon trockenen Putz geritzt. In den inneren Kreis wurde eine Kreuzform geritzt. Weihekreuze zeigten in katholischen Kirchen den Ort der Weihe an und wurden im Zuge der Reformation, die die Weihe von Gegenständen ablehnte, in evangelischen Kirchen meistens übermalt. Sie sind heute somit eine Seltenheit in evangelischen Kirchen.
Interessant ist noch die holzvertäfelte Sakramentsnische, die eine spitzbogige Türöffnung aus mittelalterlicher Zeit besitzt. Sie wurde im Mittelalter nachträglich eingefügt und wird so in die Zeit der Gotik zwischen dem 14. Jahrhundert und der Reformation im 16. Jahrhundert eingeordnet.“
(Auszug aus dem Bericht „Dorfkirche Zeuden. Innenraum. Vertiefende restauratorische Untersuchungen der frühesten Raumfassungen.“)

Text: Anne Haertel
Fotos: Andrea Molkenthin

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