Exkursion in die Niederlausitz
Vier Kirchen, die unterschiedlicher nicht sein können, und ein Holzturm
Regenwolken ziehen drohend am Berliner Himmel, als die Reisegesellschaft erwartungsvoll den Bus zur Herbstexkursion besteigt. Unser erstes Ziel erreichen wir nach gut zwei Stunden – Steinitz. Eine unheimliche Ruhe auf dem Kirchhof – keine Menschenseele lässt sich blicken. Die Türen der Kirche sind verschlossen, Unsicherheit macht sich breit. Hat man uns vergessen? Kurzentschlossen greift unsere Reiseleiterin zum Handy, ruft den Kirchenführer an und schnell wird klar, die Reisegruppe wurde erst am Nachmittag erwartet.
Was nun? Die Tagesplanung wird angepasst und so geht’s zunächst nach Laubst. Beim Eintreffen sind die Akteure vor Ort allerdings noch mit der Vorbereitung beschäftigt. Pfarrer Marnitz begrüßt uns herzlich und stellt seine Kirche vor. Dankbar erinnert er daran, dass vor einigen Jahren der Renaissance-Altar im Rahmen der Aktion „Vergessene Kunstwerke“ des Förderkreises Alte Kirchen restauriert werden konnte. Katja Hiller, Absolventin der Potsdamer Universität, berichtete anschließend über die Ergebnisse ihrer Untersuchungen zum Totenschild für Adolf von Nostitz († 1700). Ein angeregter Gedankenaustausch mit Pfarrer Marnitz und Katja Hiller runden den Besuch in der Laubster Kirche ab.
Dann geht’s zurück nach Steinitz. Hier erwartet uns nun Herr Wilk, der gleich mit der Vorstellung der Kirche beginnt. Wie viele andere Dörfer in der Niederlausitz war auch Steinitz von der Abbaggerung bedroht. Unterhaltungsmaßnahmen fanden so gut wie nicht mehr statt. Die Kirche fiel in einen „Dornröschenschlaf“. Tatkräftige Gemeindemitglieder erweckten sie. So berichtete Herr Wilk sehr anschaulich von den bereits erfolgten Instandsetzungsarbeiten der altehrwürdigen Kirche. Ein wichtiges Etappenziel ist erreicht: Die Dächer sind neugedeckt, die Renaissance-Decke ist gesichert und erste Veranstaltungen können stattfinden. Der eingelagerte Kanzelaltar soll wieder errichtet, die Patronatslogen restauriert und in ferner Zukunft auch die Orgel wieder zum Klingen gebracht werden. Doch zunächst muss die Elektrik der Kirche instandgesetzt werden.
Tief beeindruckt von den Leistungen der kleinen Gemeinde machen wir uns auf zum nächsten Ziel: Reddern. Gespannt fahren wir die Dorfstraße entlang – keine Kirche zu sehen. Google Maps hilft auch nicht weiter. Eine Einwohnerin kann uns endlich weiterhelfen – ohne sie hätten wir die Schloss- und Dorfkirche nie gefunden. Versteckt hinter uralten Bäumen liegt das kleine Kirchlein. Auch hier ein von der Zeit gezeichnetes Gotteshaus.
Ein prächtiger Kanzelaltar aus Sandstein – eine Dresdner Arbeit von F.G. Adler / 1726 – prägt den Kirchenraum. Chronos lehnt am Altaraufbau und ein entzückender kleiner Putto grüßt die Besucher. Beide Plastiken gehören nicht zum Altar und waren ursprünglich Bestandteil der Epitaphien an der Südwand. Pfarrerin Schlüter weist noch darauf hin, dass in früheren Jahrhunderten auf dem Dachboden der Kirche Flachs gelagert wurde. Im Volksmund wird sie deshalb auch „Flachskirche“ genannt. Über die Geschichte der Kirche kann sie leider nur wenig berichten. Heute wird die Kirche nur noch in der Osternacht kirchlich genutzt. Ein tragfähiges Konzept für die Zukunft fehlt.
Beim Verlassen der Kirche hat Petrus seine Tore geöffnet und es regnet in Strömen, in Pritzen hat es glücklicherweise aufgehört. Am ehemaligen Standort der Dorfkirche – diese werden wir zum Ende unserer Exkursion noch besichtigen – gilt jetzt unsere ganze Aufmerksamkeit dem Kirchturm aus Wolkenberg. Das Dorf Wolkenberg musste 1991/92 der Braunkohle weichen. In einer spektakulären Aktion konnte der mittelalterliche Holzturm umgesetzt werden. Ein Vertreter der Kirchengemeinde berichtete sehr anschaulich über diese Aktion. Heute macht den Verantwortlichen der bauliche Zustand, insbesondere die Verbretterung der Fachwerkkonstruktion, große Sorgen. Vielleicht kann der FAK in den nächsten Jahren bei der Instandsetzung finanziell unterstützen.
Da die Zeit drängt, müssen leider interessante Gespräche abgebrochen werden und auf geht’s nach Spremberg. Hier können wir die ehemalige Dorfkirche aus Pritzen bewundern. Die translozierte Dorfkirche wurde 1988 wegen des Braunkohleabbaus demontiert, zwischen 1991/94 hier wieder aufgebaut und trägt heute den schönen Namen „Auferstehungskirche“. Die GKR-Vorsitzende Frau Kröger berichtet von den Anfängen in Spremberg und dem veränderten Gemeindeleben in den vergangenen Jahren. Langsam ist es Zeit, Abschied zu nehmen und sich auf den Heimweg nach Berlin aufzumachen. Fazit des heutigen Tages: Zwei wundervoll restaurierte Kirchen und zwei Kirchen, die noch einen langen Weg vor sich haben, bis sie wieder im alten Glanz erstrahlen.
Text und Foto: Klaus-Peter Heinecke