Buchtipp

Kirchturmdenken

Ausgehend von der Fragestellung „Was ist uns heilig?“ fanden in fünf Dorfkirchen in der Nähe des Ruppiner Sees öffentliche Gesprächsveranstaltungen über gesellschaftliche Fragen zu christlicher Kultur und nachhaltiger Lebensweise statt. In der Kirche von Groß Werzin (Prignitz) wurde eine Dauerausstellung zur Geschichte der christlichen Bestattungskultur in der Mark Brandenburg entwickelt, in deren Rahmen auch die Bau- und Ausstattungsgeschichte des kleinen Kirchleins aufbereitet und zugänglich gemacht und der heutige Umgang mit Tod, Sterben und Gedächtnis thematisch aufgegriffen wird. Der Förderkreis Alte Kirchen der Luckauer Niederlausitz organisierte für 28 Teilnehmer einen Kirchenführerkurs. Unter dem Motto „Kultur rund um den Kirchturm“ fanden in der Dorfkirche Wust (Stadt Brandenburg) zwischen September und Dezember 2021 zahlreiche Kulturveranstaltungen – Konzerte, Ausstellungen, Lesungen – statt.

Gemeinsam ist diesen – und zahlreichen anderen – Projekten, dass sie durch Mittel aus dem Soforthilfeprogramm „Kirchturmdenken“, das von der Bundesbauftragten für Kultur und Medien finanziert und von der Agentur Wider Sense TraFo organisatorisch betreut wird, eine Förderung erhielten. Projekte, die die kultur-, bau- und kunstgeschichtlichen Werte von Sakralbauten einer breiten Öffentlichkeit vermitteln, konnten einfach und relativ unkompliziert finanzielle Zuschüsse beantragen. Gefördert wurden insgesamt 78 Einzelprojekte, darunter immerhin 13 aus dem Land Brandenburg und/oder dem Gebiet der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz. Begleitet wurde das Programm durch thematische digitale Workshops.

Alle 78 geförderten Projekte werden in einer jetzt vorliegenden Publikation vorgestellt. Essays bieten eine diskursive Rahmung mit vielfältigen Perspektiven zwischen Kunstgeschichte und Bauforschung sowie den Diskursen um Kulturelle Bildung und Kulturelles Erbe sowie Digitalisierung und Teilhabe. Vorgestellt wird ein breites zivilgesellschaftliches Engagement, das in einer Zeit zunehmender Säkularisierung und demographischen Wandels auch dringend notwendig ist, um die reichhaltige sakrale Denkmallandschaft in den Regionen Deutschlands zu bewahren. Bemerkenswert sind die zahlreichen Kooperationen mit Vereinen, Kommunen, Kulturträgern, Schulen und Hochschulen. Die vorliegende Publikation kann durchaus auch als Beitrag zu einer dringend notwendigen Debatte zur Zukunft der zahlreichen kirchlichen Baudenkmäler verstanden werden.

Barbara Welzel und Heide Barrenechea (Hg.): Kirchturmdenken. Sakralbauten in ländlichen Räumen: Ankerunkte lokaler Entwicklung und Knotenpunkte überregionaler Vernetzung. wbv Media GmbH, Bielefeld 2022; ISBN 978-3-7639-7247-0; 248 Seiten; Euro 39,90