Gefahr unter dem verkehrten Kirchturm

IN AKUTER NOT

Heute erbitten wir Ihre Spende für die Bekämpfung des Echten Hausswamms in der Dorfkirche Grünow (Uckermark)

Noch bis in das beginnende 20. Jahrhundert trug das in einer Niederung des Flüsschens Welse gelegene uckermärkische Dorf den halb-offiziellen Namen Verkehrt-Grünow. Damit sollte eine Verwechslung mit dem gleichnamigen Ort bei Prenzlau vermieden werden. Ursache für die seltsam anmutende Benennung ist die Bauweise der mittelalterlichen Feldsteinkirche, deren Turm sich nicht wie üblich im Westen, sondern östlich des Kirchenschiffes über dem Chor erhebt. Einer Sage nach ließen zwei adlige Schwestern in einem Wettstreit jeweils einen eigenen Turm für die Kirche errichten. Als eine der Schwestern schließlich starb, ließ die andere deren Turm auf der Westseite abbrechen.
Erstmals urkundlich erwähnt wurde „Grunow“ am 5. April 1354 im Vertrag von Oderberg, einem Grenzvertrag, durch den der östliche Teil der Uckermark an das Herzogtum Pommern abgetreten wurde; erst 1472 wurden die Region und mit ihr das Dorf Grünow wieder brandenburgisch. Entstanden ist das Angerdorf mit einem ehemaligen Rittergut, das im Laufe der Jahrhunderte häufig den Besitzer wechselte, mit Sicherheit schon im 13. Jahrhundert.
Als damalige Kolonisten dürften Siedler aus der Altmark in Frage kommen, worauf unter anderem auch die bereits erwähnte ungewöhnliche Gestalt des Kirchengebäudes schließen lässt. Frühe Beispiele für die Bauform einer „Chorturmkirche“ stehen dort beispielsweise in der Gegend um Tangermünde und Stendal. In der Uckermark und insgesamt im rechts-elbischen Kolonisationsgebiet findet sich kein weiteres Beispiel; hier ist das Grünower Gotteshaus die einzige Chorturmkirche und deshalb wirklich etwas Besonderes. Entstanden ist der aus ungewöhnlich sorgfältig gequaderten Feldsteinen gearbeitete Bau um 1250. Den Grundriss bilden ein kurzes Langhaus, ein eingezogener, gewölbter Rechteckchor mit Apsis sowie eine nördlich angebaute Sakristei.

Dorfkirche Grünow bei Angermünde; Foto: Bernd Janowski


Das Kirchenschiff besitzt eine flache Balkendecke, während der Chor von einander durchdringenden Tonnengewölben und die Sakristei von einem Kreuzgratgewölbe überspannt werden; die Apsis wird von einer im Grundriss halbkreisförmigen Kuppel abgeschlossen. Die Bemalung des Triumphbogens mit Evangelistensymbolen stammt von 1906. Der mittelalterliche Altartisch ist ohne Aufbau. Die um 1700 entstandene Kanzel „in magerem Barock mit dünnen gewundenen Säulchen an den Ecken“ (Zitat aus dem 1934 erschienenen Inventarband der Kunstdenkmäler) stellt, neben einer verbliebenen mittelalterlichen Bronzeglocke, das einzige historische Ausstattungsstück des Kirchenraumes dar.
Über Jahrhunderte hinweg wurde die Grünower Kirche vom Pfarrsprengel Schönermark betreut. Nach dessen Auflösung vor wenigen Jahren erfolgt die Betreuung nun über das Pfarramt in Angermünde. Regelmäßig finden in der Kirche des Ortes Gottesdienste statt, die von der kleinen Gemeinde gut besucht werden.
Im August 2019 wurde im Bereich des südlichen Gestühls an einem einige Jahre zuvor reparierten Teil der Dielung ein Befall mit dem Echten Hausschwamm festgestellt. Noch in diesem Jahr soll eine Sanierung erfolgen, um das Übergreifen des Myzels auf weitere Teile des Kirchengebäudes zu verhindern. Die Kirchenbänke sollen etwas eingekürzt werden, um nicht mehr der Feuchtigkeit im Mauerwerk ausgesetzt zu sein. Das vom Schwamm betroffene Ziegelpflaster wird ausgewechselt. Und zur Konditionierung des Raumklimas ist der Einbau einer feuchtegesteuerten Lüftungsanlage geplant. Der Förderkreis Alte Kirchen beteiligt sich an der Finanzierung der notwendigen Arbeiten.

Bernd Janowski

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