Mittelalterliche Retabel und Heiligenfiguren der Niederlausitz
In seinem2011 erschienenen und inzwischen zum Standardwerk gewordenen Dissertationsband „Die mittelalterliche Skulptur und Malerei in der Mark Brandenburg“ widmet der Kunsthistoriker Peter Knüvener der Niederlausitz lediglich einen Exkurs von einer knappen Seite. Die Niederlausitz gehörte damals, mit recht kurzen Unterbrechungen, zu Böhmen, so dass Knüvener feststellte: „Die Niederlausitz blieb eine von der Mark auffällig scharf abgegrenzte Kulturlandschaft, die eher nach Schlesien und zur Oberlausitz hin ausgerichtet ist, aber über langlebige, bedeutende Traditionen verfügt.“
Auch in der Niederlausitz blieben trotz Reformation und zahlreicher Kirchenumbauten in den späteren Jahrhunderten nicht wenige mittelalterliche Ausstattungsstücke erhalten. Diese in ihrer Gesamtheit in einem Katalog zusammenzustellen, ist nun der Leiterin des Museums Schloss Lübben, Corinna Junker, gelungen. Immerhin 172 Positionen aus 104 Orten umfasst der
Katalogteil des soeben erschienenen Bandes.
In einer lesenswerten Einleitung untersucht die Autorin die politische und kirchliche Situation der Zeit zwischen etwa 1250 und 1530. Sie verweist auf die Meißner Bistumsmatrikel, in der bis zum Jahre 1495 die Haupt- und Nebenaltäre und ihre Zinspflichten aufgezeichnet sind. Weitere Kapitel widmen sich den Stifterpersonen der zahlreichen Nebenaltäre (geistliche und gewerbliche Bruderschaften sowie Privatpersonen). Ein Exkurs widmet sich Wallfahrten innerhalb der Niederlausitz, aber auch darüber hinaus, zum Beispiel nach Bad Wilsnack. Inwieweit diese Pilgerfahrten, die zumeist auf den großen Handelsstraßen der damaligen Zeit erfolgten, Einfluss auf die Produktion und den Import von sakralen Kunstwerken hatten, lässt sich leider nicht genügend erkennen.
Schließlich gibt Corinna Junker einen umfangreichen Überblick über den Bestand der noch vorhandenen und durch historische Fotos überlieferten mittelalterlichen Kunstwerke in Kirchenräumen und Museen. Eine zeitliche Einordnung wird ebenso geboten wie eine Übersicht der der jeweiligen „Mode der Zeit“ entsprechenden Veränderungen und Translokationen. Ein detailreicher Katalogteil stellt zusammenfassend noch einmal alle Objekte gesondert vor.
Mit dem gut illustrierten Buch liegt erstmals eine Publikation vor, die die Niederlausitz des Mittelalters als eigenständige Kunstregion zeigt, aber auch den Einfluss von Nachbarregionen betont. Mit Sicherheit wird das Werk Grundlage für weitere Forschungen sein.
Corinna Junker: Mittelalterliche Retabel und Heiligenfiguren der Niederlausitz. Eine Bestandsaufnahme. be.bra wissenschaft verlag, Berlin-Brandenburg 2021; 376 Seiten; ISBN 978-3- 95410-280-8; 30, – Euro