Wohnen zwischen Gräbern?

Ruine der Dorfkirche Bartschendorf ist verkauft

Die kleine massive Kirche von drei Fenstern Länge aus der Zeit Friedrichs des Großen ähnelt der Kirche von Dreetz. Die hohen, im Stichbogen geschlossenen Fenster werden in halber Höhe von tiefen Emporen durchschnitten, welche die ganze Kirche im Innern umziehen und wie die gerade Decke von schlichten vierkantigen Pfosten unterstützt werden. Der Turm wächst aus dem Westende der Kirche heraus. Seine östlichen Ecken ruhen auf zwei kräftigen vierkantigen Pfeilern. Er bildet unten eine Vorhalle, neben der im Norden und Süden die Treppen zu den Emporen führen, und schließt in kurzem Pyramidendach; in der Wetterfahne die Jahreszahl 1802.

So wird die Bartschendorfer Kirche im 1914 erschienenen Verzeichnis der Kunstdenkmäler des Kreises Ruppin beschrieben. Heute ist in dem nordwestlich von Friesack gelegenen Ort allerdings nur noch eine Ruine zu finden. 1979 wurden mangels Finanzen und Baumaterialien das marode Dach abgenommen. Die wenigen Kirchenmitglieder besuchten fortan die Gottesdienste im benachbarten Dreetz; die Kirche in Bartschendorf blieb als ungenutzte Ruine zurück und verfiel. Die Orgel kam nach Kyritz, wo sie im Gemeindehaus ihren Dienst tat, bis sie 1998 durch einen Brand zerstört wurde.

Im Jahr 2007 nahm sich der Förderverein Dreetz e.V. des Gebäudes an. Die Mauerkrone des Kirchenschiffes wurde gesichert. Eine Notabsteifung im Turm konnte vorgenommen werden; das Turminnere wurde von Bauschutt befreit. Sogar die 1827 von Ernst Ludwig Wilhelm Thiele aus Berlin gegossene Glocke konnte wieder geläutet werden. Möglich wurde dies auch durch zahlreiche private Spenden. Geplant war, in der gesicherten Ruine Veranstaltungen unter freiem Himmel stattfinden zu lassen. Für kurze Zeit herrschte Aufbruchsstimmung. Das Engagement des Dreetzer Vereins wurde durch den Förderkreis Alte Kirchen mit einem „Startkapital für Kirchen-Fördervereine“ gewürdigt. Allerdings stellte der damalige Vorsitzende des Dreetzer Vereins, Karl-Heinz Hans, bereits damals fest, dass das Engagement mehr aus dem Nachbarort kam, als aus Bartschendorf selbst. Dies scheint sich in den Jahren danach nicht geändert zu haben. Zu einer Einwohnerversammlung, die sich mit der Zukunft des Gotteshauses beschäftigen sollte, erschien ein einziger Bürger.

Foto: Wolf-Dietrich Meyer-Rath

Vor einiger Zeit tauchte die auf der Denkmalliste des Landes Brandenburg stehende Bartschendorfer Kirchenruine auf einer Internetseite auf, die kirchliche Immobilien zum Kauf anbietet. Ganze 1.900 Euro sollte das historische Gebäude kosten. Ein erster Interessent zog sich zurück, weil ihm die Verhandlungen zu lange dauerten. Doch nun ist ein Käufer gefunden, der Wohnungen in das ehemalige Kirchenschiff einbauen möchte und sich der Denkmalschutzbehörde gegenüber verpflichtete, die klassizistische Fassade zu erhalten.

Im vergangenen Jahr beschloss der Dreetzer Gemeindekirchenrat dann auch die Schließung des Bartschendorfer Friedhofs, der die Kirchenruine umgibt. Begründet wurde dies mit den Kosten; der Friedhof sein nicht mehr wirtschaftlich zu betreiben. Die letzte Beisetzung in dem Ort mit weniger als 100 Einwohnern lag sechs Jahre zurück. Selbstverständlich werden die Liegezeiten beachtet und der Friedhof weiter gepflegt, hieß es. Nur neue Beerdigungen sollten nicht mehr stattfinden. Der Beschluss, den Friedhof stillzulegen, löste bei einer Sitzung der Gemeindevertretung Unmut aus. Auch das geplante Wohnen zwischen den Grabsteinen stößt auf Widerspruch. Den aus Berlin stammenden Käufern gehören jeweils drei Meter Land rund um die Kirchenruine, zudem besitzen sie das Wegerecht. Nach Ansicht der Gemeindevertreter sei jedoch für das Wohnen als Nutzungsabsicht eine Änderung der Bebauungsplanung in der Gemeinde notwendig. Ob es dafür Zustimmung gibt, scheint derzeit fraglich.

Etwas verwunderlich ist, dass die Aufregung erst jetzt Wellen schlägt. Die Verkaufsabsichten der Kirchengemeinde waren seit Längerem bekannt. Zeit genug für Gespräche zwischen Kommune und Kirchengemeinde waren vorhanden. Es bleibt abzuwarten, wie es in Bartschendorf weitergeht.

Bernd Janowski

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