Buchtipp

„Havelnacht“ von Peter Huchel

Vielleicht sind Sie, liebe Leserin und lieber Leser dieses Infobriefes erstaunt, dass in der Rubrik „Buchtipp“ erstmals ein Lyrikbändchen vorgestellt wird. Die Tage werden kürzer, was bedeutet dass die Abende länger erscheinen. Gelegenheit, sich an den warmen Kachelofen (respektive die eingeschaltete Zentralheizung) zu setzen, um – ganz altmodisch – ein paar Gedichte zu lesen. Zu empfehlen sind für den Herbst die Verse von Peter Huchel (1903-1981), die – wie die kaum eines anderen Dichters –  von der kargen märkischen Landschaft geprägt sind.

Peter Huchel, geboren in Lichterfelde, aufgewachsen in Alt-Langerwisch, war seit 1949 Chefredakteur der Literaturzeitschrift „Sinn und Form“, einer Publikation der Akademie der Künste der DDR. Das gesamtdeutsch ausgerichtete, weltoffene und auf hoher sprachlicher Qualität bestehende Programm der Zeitschrift war den Genossen schon lange ein Dorn im Auge; 1962 wurde Huchel entlassen. Nachdem er ein Jahr später den westdeutschen Fontane-Preis angenommen hatte, erhielt er Publikationsverbot, seine Post wurde konfisziert, die Staatssicherheit überwachte ihn. Erst nach einer Intervention des Internationalen PEN durfte er 1971 endlich die DDR verlassen.

Die in der Reihe der Insel-Bücherei erschienene Auswahl seiner melancholischen Naturgedichte, zusammengestellt von dem Schriftsteller Lutz Seiler, ist illustriert mit Schwarz-Weiß Fotografien von Roger Melis, der seine Kindheit im Hause des Stiefvaters Peter Huchel in Wilhelmshorst verbrachte. Das Buch bietet die Gelegenheit, einen  großen Dichter und einen der bedeutendsten ostdeutschen Fotografen neu zu entdecken.

Peter Huchel: Havelnacht. Mit Fotografien von Roger Melis. Insel Verlag, Berlin 2020 (Insel-Büchereit Nr. 1487); ISBN 978-3-458-19487-3; 14 Euro