Auferstehung einer Königin

Jühnsdorfer (Teltow-Fläming) sorgen für die Restaurierung und originalgetreue Teilrekonstruktion ihrer Orgel

Mit dem Umbau der Dorfkirche Jühnsdorf (TF) im Jahre 1869 unter dem Patronat der Familie von dem Knesebeck, wurde durch den Hoforgelbaumeister Wilhelm Remler (*1824/ †1896) eine frühromantische und für Brandenburgische Dorfkirchen mit einer außerordentlichen Ausstattung mit zwei Manualen und Pedal sowie mechanischer Traktur, 10 Registern und einer Transmission erschaffene Orgel errichtet.

Die Familie von dem Knesebeck stellte zu dieser Zeit mehrere Landräte des damaligen Kreises Teltow. Da Jühnsdorf damals der Wohnsitz des Landrates war, ist die Prominenz dieser Orgel nachvollziehbar, denn die Familie von dem Knesebeck verfügte über weitreichende Kontakte zum preußischen Hof und konnte deshalb den Hoforgelbaumeister für die Kirche gewinnen. Die Familie von dem Knesebeck unterstützte auf ihre Weise durch den Orgelbau eine Bildungsoffensive des preußischen Staates: Jeder Dorfschullehrer musste entweder Geige oder Orgel spielen können. Seine Schülerinnen und Schüler kamen somit auch in den Genuss musikalischer Erziehung.

Unserer Orgel in Jühnsdorf ist vor allem in der Folge des Zweiten Weltkriegs die Luft ausgegangen. Mehr noch: Das Instrument wurde mutwillig zerstört und teilweise geplündert. Unsere Kirche ist und soll vermehrt der Identifikationsort für unser Dorf sein, seine sinnstiftende Mitte. Die vielfältige Nutzung als Gottesdienstraum und als Ort der Kultur soll dieses Anliegen mit Leben erfüllen. Deshalb engagieren wir uns seit Jahren für unsere Kirche. Für die gelungene Kirchturmsanierung konnten wir 2016 den Denkmalpflegepreis des Landkreises Teltow-Fläming entgegennehmen.

Orgelempore ohne Dielen

Um den historischen Zustand der Orgel wiederherzustellen, werden die vorhandenen Teile wie der Spieltisch, die mechanische Traktur und die Originalpfeifen denkmalgerecht restauriert und überarbeitet. Auch das Orgelgehäuse wird nach restauratorischem Gutachten in die Ursprungsfassung zurückgeführt. Schließlich soll das fehlende Pfeifenwerk den Ansprüchen des Denkmalschutzes entsprechend anhand noch existierender Vorbilder wieder entstehen. Grundlage dafür ist der in unserem Archiv vorhandene bauzeitliche Original-Kostenanschlag vom 23. Januar 1864 von Wilhelm Remler mit den angegebenen Materialvorgaben. Auch die Windanlage mit Balg und Windladen wird entsprechend dem Original überarbeitet und ergänzt. Kurz: Die evangelische Kirchengemeinde Blankenfelde-Jühnsdorf, die Einwohner Jühnsdorfs und viele Freunde und Förderer der Dorfkirche Jühnsdorf haben es sich zur Aufgabe gemacht, die Wilhelm Remler-Orgel in der Dorfkirche Jühnsdorf wieder zum Klingen zu bringen.

Nach dem Vergleich der Angebote regionaler Orgelbauer und auf Empfehlung des Orgelsachverständigen unseres Kirchenkreises, Kirchenmusikdirektor Peter-Michael Seifried, haben wir uns für das Angebot der renommierte Orgelbaufirma Karl Schuke Berliner Orgelwerkstatt GmbH entschieden. In der Zwischenzeit wurde das Sanierungs- und Restaurierungs- sowie Finanzierungskonzept erarbeitet, Spenden gesammelt, Förderanträge gestellt und durch viele große und kleine Veranstaltungen Konzerte, Kinoabende u.v.m. Freunde und Förderer für unser Projekt gefunden. Unterstützung haben wir von der Denkmalbehörde des Landkreises Teltow-Fläming erhalten, vor allem deshalb, weil wir von Anfang an die Restaurierung und originalgetreue Teilrekonstruktion der Remler-Orgel und auch der Orgelempore in der Kirche als einzige Möglichkeit in Betracht gezogen haben. Die Landrätin des Landkreises Teltow-Fläming, Frau Kornelia Wehlan, hat sich freundlicherweise als Schirmherrin für unser Projekt zur Verfügung gestellt.  Zu unserer großen Freude teilte uns Staatsministerin Prof. Monika Grütters im Dezember 2018 mit, dass wir aus dem Denkmalschutz-Sonderprogramm VII des Bundes Mittel für die Restaurierung der Orgel erhalten. Damit stand die Finanzierung. Zu unseren finanziellen Unterstützern gehörten neben vielen Einzelspendern auch der Landkreis Teltow-Fläming und die Kommune Blankenfelde-Mahlow.

Registerzüge warten auf die Restaurierung und den Wiedereinsatz

Im Juli 2019 wurde dann der Orgelbauvertrag zur Restaurierung und Teilrekonstruktion der Remler-Orgel in der Dorfkirche Jühnsdorf unterschrieben. Die Orgelbauer haben die noch vorhanden Remler-Orgeln in Bauer-Wehrland, Prieros und Fohrde/ Havelsee, genau untersucht und millimetergenau vermessen, um nicht mehr vorhandene Bauteile möglichst originalgetreu zu ersetzen und spezielle Bauweisen zu entnehmen. Daraus wurden das Orgelbaukonzept und die genaue Bauplanung von der Firma Schuke erstellt.

Wenn mal einmal ein altes Haus anfasst, um zur restaurieren, dann kommt es oft anders als geplant. Die Orgel wiegt, wenn sie fertig ist, über zwei Tonnen, das muss getragen werden von der Orgelempore, zudem steht alles unter Denkmalschutz, muss jede Veränderung denkmalrechtlich abgestimmt werden. Nachdem im letzten Jahr schon alle Teile, die restauriert werden, aus der Orgel ausgebaut wurden und nur noch der Orgelprospekt leer in der Kirche stand, haben nun im April die Bauarbeiten der Zimmerer begonnen. Der Dachboden der Kirche wurde entstaubt. Die gesamte alte Elektrik in der Winterkirche und der Empore wurde zurückgebaut. Die Dielen der Empore wurden ausgebaut und dann schwebte das Orgelgehäuse an einer interessanten Konstruktion über der Empore. Es wurden Holzbalken der Empore ausgetauscht und repariert. Die Dielen wurden in der Werkstatt aufgearbeitet und sind nun wieder eingebaut. Die genauen Schäden können jetzt erst ermittelt und beseitigt werden.

In der Orgelbauwerkstatt in Berlin werden nach der alten Bauweise die Teile restauriert. Aus den abgelagerten Kiefernstämmen werden die Holzteile gearbeitet. Das Leder von ca. 30 Schafen, dass nach historischen Methoden gegerbt wurde, wird z. B.  für die Verbindungen der Windladen mit Hasenleim verklebt. Die Freude ist groß, wenn man sieht, mit wieviel Liebe zum Detail und Achtung vor den historischen Gegebenheiten der Orgelbauer arbeitet. Auch die Arbeit der anderen Handwerker ist zu bewundern, denn jeder ist sich bewusst, dass er an etwas ganz Besonderem arbeitet.

Nach dem ersten Bauabschnitt mit den großen Holzarbeiten in der Kirche brauchen wir erstmal eine Grundreinigung. Es ist geplant, die Dorfkirche in Jühnsdorf ab September auch wieder für Gottesdienste zu nutzen. Es soll in diesem Jahr wieder einen großen „Erntedankgottesdienst“ in Jühnsdorf geben. Zum Tag des offenen Denkmals am 13.September 2020 wird die Kirchentür für alle Interessierten offenstehen und Informationen über Kirche und Ortsgeschichte werden gern gegeben.  Wann genau die Fertigstellung und Einweihungsfeier sein wird, steht noch nicht fest. Denn für das Stimmen (Intonieren) der Orgel braucht es bestimmte Temperaturen in der Kirche, daher wird es wohl erst im nächsten Jahr um Ostern im April sein.

Da natürlich bei einem solchen Projekt, auch wenn es noch so gut geplant ist, Überraschungen auftauchen, Baupreise sich verändern und ähnliches, wären wir für eine weitere finanzielle Unterstützung sehr dankbar. Spenden bitte an:

Förderkreis Alte Kirchen
IBAN: DE94 5206 0410 0003 9113 90
BIC: GENODEFIEK1 (Kennwort Orgel Jühnsdorf)

Mehr Informationen unter: http://www.ev-kirche-blankenfelde.de/Orgel-Juehnsdorf/

Text und Fotos: Bärbel Wunsch
Vorsitzende des Gemeindekirchenrates der Evangelischen Kirchengemeinde Blankenfelde-Jühnsdorf

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