Im Porträt: Günter Ukro, Vorsitzender des Fördervereins Kirche Heinsdorf

Wir machen einfach weiter

Wer lässt sich schon auf ein so abenteuerliches Projekt ein, eine begrabene Kirche zu exhumieren und wieder für die Dorfgemeinschaft herzurichten? Günter Ukro, Vorsitzender des Kirchenfördervereins Heinsdorf, ist so ein beharrlicher Optimist.

Ursprünglich wollte man in dem kleinen Flämingdorf nur wieder die Glocken läuten hören. Die hingen noch im Turm, der einzigen Erinnerung an die einstige spätromanische Feldsteinkirche, durften aber wegen der Einsturzgefahr nicht geläutet werden. Das Kirchenschiff, in DDR-Zeiten dem Verfall preisgegeben, war 1969 trotz der Bemühungen vieler Abrissgegner abgebrochen und mit Bauschutt verfüllt worden. Gras wuchs darüber und die SED pries Heinsdorf als Musterdorf, weil es seine Kirche geschleift hatte.

Nun also, bald nach der Jahrtausendwende, sollten wenigstens die Glocken wieder erklingen. „Ich habe in meinem Leben oft erfahren, dass aus schlichten Ideen über Nacht gewaltige Vorhaben wurden“, sagt der 72-Jährige. Als man zur Stabilisierung des Turms an den Fundamenten grub, stieß man auf die Mauerreste des Kirchenschiffs. Sollte man da nicht gleich weitermachen…?

Im September 2007 gründete sich der „Förderverein Sanierung Kirche Heinsdorf“ – ein kühner Titel angesichts der Tatsache, dass es die Kirche eigentlich gar nicht mehr gab. Günter Ukro war von Anbeginn dabei. Er gehört nicht zur Kirchengemeinde, wie auch der inzwischen verstorbene erste Vereinsvorsitzende und Mitinitiator Dr. Gerhard Schliebener. Beiden lag die Bewahrung eines Baudenkmals am Herzen, dessen Mauern – auch die wenigen Reste – die Geschichte vieler Generationen erzählen. Gemeinsam mit Pfarrer Dr. Joachim Boekels, heute wie damals ebenso engagiert für die Wiedererstehung der kleinen Kirche, sorgte man gleich zu Anfang für einen Schwung, der bis heute anhält.

Günter Ukro vor der Heinsdorfer Kirche

Günter Ukro ist seit 2012 Vorsitzender des Vereins. Sein Metier ist die Landwirtschaft: Auf einem Bauernhof im Nachbarort Petkus geboren; seit seiner Heirat in Heinsdorf zu Hause; mehrjähriges Studium in verschiedenen Bereichen der Landwirtschaft ließen ihn im Land herumkommen. Geblieben ist die Verbundenheit mit seinem Zuhause, mit Heinsdorf. In dessen Geschicke mischte er sich sein Leben lang ein. Auch, dass Heinsdorf in DDR-Zeiten zum Geheimtipp für Jugendliche wurde, die dort auf Musikfestivals internationale Künstler erleben konnten, ist seiner Heimatverbundenheit und seiner Freude an Musik zu danken. Nach der Wende engagierte er sich vor allem in der Kommunalpolitik.

Günter Ukro versteht es, Menschen für eine gute Sache zu gewinnen. In Heinsdorf war das nicht schwer. Dort hatten die beiden Glocken, damals mit aller gebotenen Vorsicht nur einmal angeschlagen, eine Initialzündung ausgelöst. Wer konnte, half mit Geräten oder Muskelkraft beim Freilegen der Grundmauern.

Es wurde lebendig auf dem Dorfanger. Feste, Konzerte und Basare lockten Besucher an und füllten die Spendenbüchsen. Zugleich gelang es Günter Ukro und seinen Mitstreitern, Sponsoren und Förderer für das ungewöhnliche Projekt zu interessieren. Der Förderverein Alte Kirchen Berlin–Brandenburg hat die Heinsdorfer bisher mit 9.000 Euro unterstützt.

Schließlich war das angestrebte Ziel erreicht: Der Turm ist gesichert und birgt eine Ausstellung über Dorf-, Kirchen– und Vereinsgeschichte. Die Glocken läuten wieder und geben den Tagen ihren Rhythmus. Der hintere Teil des Kirchenschiffes hat ein stabiles Dach über sanierten Umfassungsmauern. Sie umschließen einen freundlichen Raum, der zu Gottesdiensten und kulturellen Veranstaltungen einlädt. Eine Glaswand, die den Raum nach Osten abschließt, öffnet den Blick auf die gebrochenen Feldsteinmauern des vorderen Kirchenschiffs und auf das Grün des Dorfangers – ein Bild von einmaliger Symbolkraft.

Vor eben dieser Kulisse sollte nun hinter der zu öffnenden Glaswand noch eine kleine Bühne installiert werden. Dabei wurde eine alte Gruft entdeckt. Die soll natürlich erhalten werden. Dazu muss aber das gesamte ehemalige Kirchenschiff aufgemauert und überdacht werden…

Da ist es wieder: Aus einer schlichten Idee wird über Nacht ein gewaltiges Vorhaben. Und schon gibt es am Anger eine neue Baustelle. Günter Ukro schaut auf die inzwischen beräumte Fläche.  Sieht er dort bereits die künftigen kleinen Heinsdorfer aus dem gerade erstrittenen Neubau des örtlichen Kindergartens, die mit ihren Lampions wie alljährlich zum Martinsfest in das Gotteshaus ziehen? Auch für sie lohnt es sich, die alte Dorfkirche erhalten zu haben. „Vielleicht“, sagt Günter Ukro, „gibt es hier auch mal wieder eine Taufe. Der Taufstein ging zwar wie alles Inventar verloren, aber das wird sich finden.“ 

Günter Ukro hat schon Vieles bewegt und so manches Mal kam es anders als gedacht. Jetzt ist er gespannt, was sich künftig noch alles am Anger tun wird. Sein Fazit: „Wir machen einfach weiter!“

Text und Foto: Eva Gonda

Vorheriger Beitrag
Was uns bewegt – der Vorstand berichtet

Corona und (noch) kein Ende?Für uns alle bringt die seit einem halben Jahr herrschende Corona-Pandemie zahlreiche Einschränkungen mit sich. Maske tragen, Abstand halten, Verzicht auf Kulturveranstaltungen und Familienfeiern – das […]

weiterlesen
Nächster Beitrag
Die Dorfkirche von Kuhlowitz (Teltow-Fläming) ist gut behütet

Die Kirche in Kuhlowitz beschreibt Pfarrerin Dr. Christiane Moldenhauer so: Sie ist eine besondere unter unseren Dorfkirchen. Äußerlich fällt schon von Weitem der markante Giebel an der Ostwand auf, der […]

weiterlesen