Spendenwerbung mit gutem Klang
Musikschulen öffnen Kirchen
Katja Bobsin ist Musikpädagogin und arbeitet als Referentin für Öffentlichkeitsarbeit und Fortbildungen beim Verband der Musik- und Kunstschulen Brandenburg e. V.
Die Konzertreihe „Musikschulen öffnen Kirchen“ ist inzwischen ein fester Programmpunkt im Brandenburgischen Kulturkalender. Vom Frühjahr bis in den Advent musizieren in rund 70 Dorf- und Stadtkirchen im Land Brandenburg Musikschülerinnen und -schüler für den Erhalt und die Sanierung der Kirchen.
Die Konzertreihe wurde im Jahr 2007 gemeinsam vom Förderkreis Alte Kirchen Berlin-Brandenburg und vom Musikschulverband ins Leben gerufen und zu einer Reihe mit heute über 70 Konzerten jährlich ausgebaut. Kirchen und Musikschulen sind dazu aufgerufen, sich gemeinsam mit Konzertprojekten zu beteiligen.
Seit nunmehr 14 Jahren öffnen landesweit Dorf- und Stadtkirchen ihre Pforten für die Benefiz-Konzertreihe. Schülerinnen und Schüler musizieren als Solisten oder in Ensembles und präsentieren an den Wochenenden Familienkonzerte in ihrer Region. Der Erlös der Konzerte kommt jeweils der Kirche zugute zum Erhalt wertvoller Kulturdenkmäler wie Orgeln, Glocken oder Kirchtürme. Zugleich fungieren die Konzerte auch als eine Art Türöffner: Die Kirchen werden zum Mittelpunkt des öffentlichen Kulturlebens, offen für Jung und Alt, die einander hier begegnen, für Familien und viele tatkräftige Bürgerinnen und Bürger, die sich für den Erhalt der kulturhistorischen Schätze ihrer Region einsetzen. Die Fördervereine der Kirchen und die Musikschulen machen die Konzerte zu einem Erlebnis und zum Fest. Kaffee und Kuchen, Turmbesteigungen, Kirchenführungen und begleitende Kunstausstellungen laden zu Familienausflügen ins Brandenburger Land und zum Verweilen ein.
Orchester, Ensembles, Big Bands, Chöre und Solisten – darunter „Jugend musiziert“-Preisträger – bieten in den Benefizkonzerten ein ganz vielfältiges musikalisches Programm. Sie laden zu musikalischen Reisen durch verschiedene Länder und Jahrhunderte ein, präsentieren sinfonische Klänge, Kammermusik, Chorwerke, aber auch Populäres oder Filmmusik. Und auch die Kirchenorgeln werden wieder zum Klingen gebracht.
Die Erfolgsgeschichte dieses Projekts, das bereits die Tatkraft vieler beflügelt hat, weist etliche Höhepunkte auf: Die Dorfkirche Ogrosen konnte dank einer überaus großzügigen Spende auch über dieses Projekt umfangreiche Sanierungsvorhaben anstoßen. Prachtvolle Kirchenorgeln konnten auch mit den Mitteln aus „Musikschulen öffnen Kirchen“ mancherorts wieder eingeweiht werden. Vom Zerfall bedrohte Kirchen wurden mittels kultureller Belebung wieder ein Stück weit ins öffentliche Bewusstsein gehoben. Insgesamt erbrachten die Konzerte Kollekten in Höhe von mehr als 250.000 Euro für die verschiedensten Projekte.
Die Landkreise bewerben sich Jahr für Jahr um die Austragung der Eröffnungskonzerte in ihrer Region und stiften jeweils einen Betrag für die Umsetzung mit großer sinfonischer Besetzung durch die Junge Philharmonie Brandenburg. Brandenburgs Kulturministerin ist Schirmherrin und das Land fördert das Projekt, so dass der Erlös ohne Abzug den Kirchen zugutekommt. Der Erfolg wird demnach auch ermöglicht durch Förderung der öffentlichen Hand und er wird getragen von den Vereinen und vom ehrenamtlichen Engagement vieler Menschen, die sich dafür einsetzen, dass ihre Kirche im Dorf bleibt.
Kirchen waren schon immer Gotteshäuser, Seelsorge- und Glaubensinstitution, zentrale Einrichtung für soziale Hilfsdienste und verbliebener Mittelpunkt des Dorflebens und Stadtviertels. Die Musik- und Kunstschulen sind Orte der musikalisch-künstlerischen Bildung und Prägung und oftmals die einzigen kulturellen Leuchttürme ihrer Region. Darin liegt eine Chance in unserer säkularen und materiellen Welt der Dinge.Der Förderkreis und der Musikschulverband – beide feiern in diesem Jahr übrigens ihr 30-jähriges Bestehen – rühren landesweit die Werbetrommel, so dass Kirchturmfahnen weithin sichtbar die Konzerte ankündigen und Besucher Woche für Woche in die Kirchen strömen. Beide Vereine haben das kulturelle Gesicht des noch jungen Bundeslandes nachhaltig geprägt. Sie zeigen selbstbewusst, dass der ländliche Raum nicht abgehängt ist, wenn es um Kunst und Kultur geht. Und sie erreichen die Bürgerinnen und Bürger mit ihren Angeboten, sei es in den engagierten Fördervereinen der Kirchgemeinden, sei es in den Musikschulen mit ihrem attraktiven und qualitätsvollen Unterrichtsangebot für alle Generationen und zahlreichen Veranstaltungen als kultureller „Nahversorger“ in der ganzen Region.