Der Mut, fast Verlorenes zu retten, und Wunder, die fest geplant sind

Begegnungen mit unbeirrbaren Optimisten im Havelland

Wer sich der Bewahrung unserer alten Dorfkirchen verschrieben hat, weiß, was auf ihn zukommt. Beharrlichkeit und langer Atem sind geboten, Respekt vor dem Erbe unserer Vorfahren und Ideen für gewagte Visionen werden gebraucht, oft sogar Mut zum Widerspruch und vor allem sehr viel Optimismus. Dass es Menschen gibt, die all das beherzt auf sich nehmen, erleben auch die Teilnehmer der Exkursion ins Havelland, wo der Förderkreis Alte Kirchen und seine Stiftung längst deutliche Spuren hinterlassen haben.

Beharrlich mühen sich der örtliche Förderverein, die Kirchengemeinde und die Einwohner von Selbelang um die weitere Sanierung ihrer Kirche. Die unvoreingenommenen Besucher wundern sich, denn äußerlich sieht das Gebäude ganz proper aus. Doch nach der kompletten Hüllensanierung bleibt noch viel zu tun. Man hat sich auf weitere arbeitsreiche Jahre eingerichtet.

Viel Geduld braucht Anett Schulz beim Restaurieren der Malereien in Pessin

Einen LANGEN ATEM kann man Annett Xenia Schulz wahrlich bescheinigen. Die Restauratorin steht hoch oben auf der Leiter, wo sie Millimeter für Millimeter die Malereien in den Brüstungsfeldern der umlaufenden Empore unter einer Farbschicht hervorzaubert. Und es sind fast 30 große Felder! Dass man heute schon an solche Feinarbeiten gehen kann, ist um so erstaunlicher, als die Kirche, eine der größten und ältesten im Havelland, vor wenigen Jahren noch völlig desolat war, hatte zeitweise sogar gesperrt werden müssen. Hut ab vor den Pessinern und ihrem Förderverein, die schon so viel geschafft haben und mindestens noch einmal soviel schaffen wollen.

Die Kirche von Wagenitz, seit Jahrhunderten lebendiger Ort der Gemeinde, bewahrt zugleich im RESPEKT vor dem überkommenen Erbe ungewöhnliche Geschichtsdokumente. Eines ist ein sechs Meter breites Votivgemälde aus dem Jahr 1667. Es zeigt den ersten Kirchenpatron von Wagenitz Johann Christoph von Bredow mit seiner Familie. In der Gruft derer von Bredow unter dem Altarbereich fand etwa 1840 die letzte Beisetzung statt, nach Kriegsende 1945 wurde sie geschlossen, eine Dokumentation gibt es nicht. Die wollen die Wagenitzer jetzt bei einer Gruftöffnung nachholen. Um die Totenruhe der Verstorbenen zu wahren, bleibt sie danach wieder unzugänglich.

An ein anderes altes märkisches Adelsgeschlecht erinnert die Kirche in Ferchesar. Die Laterne des stattlichen Turms krönt eine Zwiebelhaube – ein Hinweis auf die damalige Patronatsfamilie von Knoblauch? Die heute fast vollständig restaurierte Kirche sollte einst aufgegeben werden. Das allerdings stieß in der Gemeinde sofort auf heftigen WIDERSPRUCH. Die Ferchesarer nahmen die Sache selbst in die Hand. Ein Förderverein gründete sich und hat bisher Erstaunliches vollbracht, gibt es eine bessere Antwort auf pessimistische Prognosen? Noch ist die Sanierung nicht abgeschlossen, aber in Ferchesar darf man schon jetzt stolz sein auf die Rettung der Kirche, die unter anderem mit einem gotischen Zweitaltar aus dem Vorgängerbau einen besonderen Schatz besitzt.

Vision – Schon im nächsten Jahr soll die Landiner Kirche komplett restauriert sein

Wer unerschrockene OPTIMISTEN kennen lernen will, muss nach Landin kommen. Die Jury, die dem dortigen Förderverein vor zwei Jahren für sein kluges Konzept zur Sanierung der Kirche ein FAK-Startkapital zusprach, muss selbst an Wunder geglaubt haben. Damals war die Kirche eine Ruine, seit 25 Jahren ungenutzt, Zutritt verboten, Innenausstattung marode. Und wenn man ehrlich ist: Viel besser sieht es auch jetzt nicht aus. Erkennbar aber sind Spuren der Bauvorbereitung. Laut örtlichem Förderverein ist die Finanzierung gesichert unter anderem dank europäischer Fördermittel und der Einwerbung weiterer Spenden. Begonnen wird schon bald und im nächsten Sommer soll der Festgottesdienst zum Abschluss aller Arbeiten stattfinden. Wir werden dabei sein – echte Wunder lässt man sich schließlich nicht entgehen. Doch wer die Menschen kennen gelernt hat, die sich in ihren Heimatorten mit viel Elan und fröhlicher Zuversicht für den Erhalt ihrer Kirchen und deren Nutzung einsetzen, der traut ihnen auch Wunder zu.

Mit finanziellen Zuschüssen konnten der Förderkreis Alte Kirchen und seine Stiftung einen Beitrag zu all diesen guten Erfolgen leisten. Auf der Fahrt durchs Havelland wurde aber auch deutlich, dass die verlässliche Beratung und Begleitung ganz besonders hilfreich ist und sehr geschätzt wird. Arnulf Kraft, der als Regionalbetreuer die Fahrt organisiert hatte und leitete, hörte allerorts herzliche Dankesworte.

Text und Fotos: Eva Gonda



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