Wo Pfarrer Senckel das Schulsparen erfand

Die Dorfkirche von Hohenwalde blickt auf eine lange, interessante Geschichte zurück

Es war Ehrentreich von Röbel, Gutsbesitzer und Patron der Kirche, durch den am 20. August 1607 „Gott dem Allmächtigen zur ehren…“ die Hohenwalder Kirche ihrer Zweckbestimmung übergeben wurde. Die Weiheurkunde aus dem Turmknopf befindet sich heute im Archiv der St. Gertraudenkirche in Frankfurt/Oder.

Die Freude der Dorfbewohner an ihrer Kirche war nur von kurzer Dauer. Im Dreißigjährigen Krieg blieben die Außenmauern stehen, aber seit 1638 war der Ort verwaist, Raub- und Plünderungszüge der verschiedenen Kriegsparteien hatten die Gemeinde vernichtet. Von Ambrosius Krüger, 1636 bis 1638 Pfarrer in Hohenwalde, berichtet die Chronik, dass er mehrfach gefoltert wurde und schließlich an den Folgen der Misshandlungen starb. Erst ab 1654 war die Pfarrstelle wieder besetzt, betreten werden konnte die Kirche nach Behebung der Kriegsschäden sogar erst 1683.

Die Kirche von Hohenwalde

Betrachtet man den Kirchenbau von außen, sind zwei Gebäudeteile erkennbar: Neben dem gedrungen wirkenden Kirchenschiff, dessen Fassade jeweils drei hohe Fenster im geraden Chorabschluss (das mittlere wurde vermauert) und an den Seiten gliedern, steht ein quadratischer verputzter Westturm, den aufgeputzte Maßwerkblenden zieren. Den Turm, in dem zwei Bronzeglocken (von 1722
und 1967) hängen, bekrönt ein Kreuz auf zwei im rechten Winkel zueinander gestellten Reifen, die Erde symbolisierend – ungewöhnlich in dieser Gegend. Auffallend ein moderner Anbau, optisch klar abgehoben vom historischen Baukörper. Hier hat sich die Gemeinde im Jahr 2014 für ihre vielfältigen Aktivitäten einen zeitgemäßen Raum geschaffen.

Der Barockaltar in der Kirche von Hohenwalde

Im Innern wirkt der Kirchenraum harmonisch, ein prächtiger evangelischer Barockaltar von 1607 lenkt den Blick auf das typische Bildprogramm: In der Predella das Abendmahl, als Hauptbild die Auferstehung Jesu, begleitet von geschnitzten Figuren Mose und Petrus (links), Jesaja und Paulus (rechts). Über dem Hauptbild ein interessantes Gemälde der Trinität, daneben sind die vier Evangelisten dargestellt. Das mehrgeschossige Retabel bekrönt der auferstandene Christus. Links vor dem Altar steht eine Kanzel, stilistisch zu diesem passend, mit bemalten Brüstungsfeldern (Taufe Jesu, der gute Hirte, Christi Himmelfahrt).

Auf der Westempore steht ein Werk des Frankfurter Orgelbaumeisters Wilhelm Sauer von 1869. Im Zweiten Weltkrieg war das Instrument so stark beschädigt worden, dass man an die Anschaffung einer neuen Orgel dachte. Als die Hohenwalder nach der Wende das nötige Geld beisammenhatten, wurden die beiden Orgelbaufirmen Sauer und Scheffler mit der Restaurierung des kostbaren Instruments beauftragt.

Mehrfach wurde die auf einem spätmittelalterlichen Vorgängerbau errichtete Kirche im Innern verändert. Umfassen- de Restaurierungen veranlasste Pfarrer Ernst Friedrich Gottlieb Senckel, der 1867 in Hohenwalde seinen Dienst antrat. Nur wenige Tage nach der Einweihung richtete ein Orkan große Schäden an Fenstern und Dächern von Kirche und Turm an. Infolge massiver Wasserschäden musste erneut saniert werden, erst 1896 kamen die Arbeiten zum Abschluss. Pfarrer Senckel, aus dessen Ortschronik hier vieles übernommen wurde, erlangte auch überregionale Bekanntheit. Viele Ältere können sich noch an das in ihrer Kindheit verbreitete Schulsparen erinnern. Am 1. November 1867 gründete Senckel eine Schulsparkasse. Nach seiner Vorstellung sollte die Entwicklung von Sparsinn und Selbstbeherrschung bereits in der Kindheit gefördert werden. Die Verbindung von Schule und Sparwesen sah er als besonders günstig an, da die Schule erzieherisch Einfluss nahm. Die brandenburgische Schulsparkasse von 1867 zählt zu den ersten in ganz Deutschland. Im Jahre 1880 wurde mit der Gründung des „Vereins für Jugendsparkassen in Deutschland“ auf Anregung und unter Leitung von Pfarrer Senckel die Verbreitung solcher Einrichtungen in Gang gesetzt. Bereits 1905 arbeiteten etwa 5.000 Jugend- und Schulsparkassen deutschlandweit nach seinem Vorbild, 1906 erhielt er für seine Verdienste den zweithöchsten preußischen Orden. Er gilt als „Vater des deutschen Schulsparens“. Sein Grab befindet sich auf dem Hohenwalder Friedhof. Übrigens, bis zum 26. August 2018 läuft im Deutschen Historischen Museum Berlin eine sehenswerte Ausstellung zum Thema: „Sparen – Geschichte einer deutschen Tugend“, in der auch das Schulsparen mit zahlreichen Exponaten erläutert wird.

Uwe Donath


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