Vom Keller in den Schinkel-Bau

Wo ist unser Geld geblieben?

Dorfkirche Cöthen (MOL) erstrahlt in neuem Glanz

„Die Cöthener Kirche muss dringend saniert werden – bitte helfen Sie!“ Unter dieser Überschrift bat der Förderkreis Alte Kirchen im Jahr 2001 um Spenden. Damals befand sich das Gotteshaus in dem etwa auf halber Strecke zwischen Eberswalde und Bad Freienwalde gelegenen Dorf in einem erbärmlichen Zustand.

Ein Kirchengebäude in Cöthen wird bereits in den Brandenburger Stiftsmatrikeln von 1469 erwähnt. Zu  Beginn des 19. Jahrhunderts war der Bau, über dessen Gestalt heute nichts mehr bekannt ist, baufällig geworden. Carl Friedrich von Jena, damaliger Besitzer des Dorfes und etlicher umliegender Güter, ließ eine neue Kirche errichten, die 1830 geweiht werden konnte. Entstanden ist damals ein kleiner rechteckiger Putzbau mit dreistöckigem Turm im Typ der Schinkelschen Nor- malkirchen, der preußische Klarheit mit klassizistischen Formen gelungen verbindet. Durch seine Lage auf einem Hügel bietet die Cöthener Kirche einen imposanten  Anblick.  Der  Innenraum wird geprägt durch einen bauzeitlichen klassizistischen Kanzelaltar und die Westempore, auf der einst eine Orgel des Cöthener Lehrers und Kantors E.G. Menger stand, die dieser „ohne diese Kunst von jemand erlernt zu haben“ für die Kirche seines Heimatdorfes baute.

Während des Zweiten Weltkrieges erhielt die Cöthener Kirche infolge eines nahen Bombenabwurfplatzes starke Risse. In der Nachkriegszeit konnten die Schäden nur unzureichend behoben werden. Die letzte Trauung fand 1956 statt; seit etwa 1960 wurden hier keine Gottesdienste mehr gefeiert.  Seither traf sich die Gemeinde sonntags im Keller des ehemaligen Pfarrhauses. Die Kirche verfiel zunehmend, diente zeitweise als Lagerhalle und musste zwischenzeitlich sogar bauaufsichtlich gesperrt werde. Die Fenster  wurden mit den Sitzflächen der alten Kirchenbänke vernagelt. Mit Efeu, Bäumen und Sträuchern wuchs die Kirche langsam zu. Hinter der Dornröschenhecke jedoch bröckelte der Putz.

Im Jahr 1998 gründete sich mit Unterstützung des Förderkreises Alte Kirchen ein Förderverein für das inzwischen ziemlich marode Gotteshaus. Ein provisorisches Deckengerüst wurde eingezogen. 1999 fand erstmals wieder ein Posaunengottesdienst statt, ein Jahr später das erste Christfest am Heiligabend. Weitere Veranstaltungen – Konzerte, Theater- und Filmvorführungen sowie Ausstellungen – folgten. Doch bevor die ersten wirklichen Sanierungsschritte ausgeführt werden  konnten, galt es für den Kirchbauverein, noch zahlreiche Hindernisse zu überwinden. Von Seiten der Kirchengemeinde war man anfangs nicht gerade begeistert über die Cöthener Aktivitäten. Schließlich gäbe es ja in Falkenberg, wohin Cöthen kirchlich und kommunal eingemeindet ist, eine funktionierende Kirche; das müsste doch genügend. Doch die Cöthener ließen mit ihren Bemühungen nicht locker.

Als Anschubfinanzierung – aber auch als Motivation für den Förderverein, der aufgrund der Schwierigkeiten bereits über eine Auflösung nachdachte – stellte der Förderkreis Alte Kirchen im Jahr 2001 einen Zuschuss in Höhe von 10.000 D-Mark zur Verfügung. Motiviert durch diese erste Förderzusage stellten schließlich auch die Kirchengemeinde, der Kirchenkreis und die Landeskirche Gelder zur Verfügung und im Rahmen des damaligen „Dach-und- Fach“ – Programms der Bundesregierung wurde eine Sanierung der Außenhaut möglich. Nach einigen Jahren Pause konnte dann auch der Innenraum in Angriff genommen werden. Durch eine gläserne Trennwand wurde eine Winterkirche abgetrennt. Unter der Empore konnten eine Teeküche und eine behindertengerechte Toilette eingebaut werden, beides lang gehegte Wünsche.

Das Inere der Cöthener Kirche Foto: W. Friedrich

Eine riesige Überraschung erlebten alle Beteiligten dann noch, als es um die Farbgestaltung des Innenraums ging: Vorgesehen war ein schlichter einfarbiger Anstrich. Als die Restauratorin mit Spachtel und Skalpell daran ging, diverse über die Jahrzehnte aufgetragene Farb- schichten abzutragen, trat eine Fassung zutage, die mit Sicherheit    noch auf Karl Friedrich Schinkel selbst zurück geht, Decke und Wände zeigen sich nach der mühsamen Freilegung in einem zarten Türkis; daneben sind an den Holzbalken und den Wänden wunderbar ausgeführte Illusionsmalereien sichtbar geworden. Nicht nur Schinkelfans zieht es seitdem zur Besichtigung der Kirche nach Cöthen. Beim Eröffnungs-Gottesdienst in der bis auf den letzten Platz besetzten Cöthener Kirche hielt Pröpstin Friederike von Kirchbach die Predigt, in der sie das großartige Engagement der Cöthener für ihre Kirche lobte. Der Förderverein Cöthener Kirche e.V. bemüht sich bis heute, das wiederauferstandene Kirchengebäude als kirchliches, kulturelles und kommunales Zentrum des Ortes zu bewahren. Auch wenn dies in dem Dorf mit nur knapp einhundertfünfzig Einwohnern nicht immer einfach sei, so erklärt die Vereinsvorsitzende Marlies Sydow, freue man sich doch immer aufs Neue an dem Erreichten.      

Bernd Janowski

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